SMS war gestern: Wie RCS das Messaging revolutioniert

vor 12 Stunden 1

Die klassische SMS ist in die Jahre gekommen. Während Messenger-Apps wie WhatsApp, Telegram oder iMessage längst Features wie Lesebestätigungen, Multimedia-Unterstützung oder Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bieten, ist die SMS immer noch auf reinen Text mit 160 Zeichen limitiert. Zudem ist sie anfällig für Spam- und Betrugsversuche, da keine Authentifizierung der Absender möglich ist (siehe Abbildung 1).

Marius Obert

Marius Obert baut gerne Prototypen mit den neuesten Cloud-Technologien und spricht noch lieber darüber. Seine Karriere startete in der UI-Entwicklung im sonnigen Kalifornien. Während dieser Zeit lernte er Webtechnologien wie JavaScript im Allgemeinen und das gesamte Node.js-Ökosystem im Speziellen zu lieben.

Ein typisches Beispiel für einen SMS-Spam-Versuch (Abb. 1)

(Bild: Marius Obert)

Solche betrügerischen Nachrichten sind weit verbreitet, da Absender sich leicht als Paketdienstleister oder Bank tarnen können. Ohne eine Möglichkeit zur Verifizierung haben durchschnittliche Nutzerinnen und Nutzer kaum eine Chance, seriöse Nachrichten von betrügerischen zu unterscheiden.

Mit Rich Communication Services (RCS) gibt es jedoch eine moderne Alternative, die all diese Probleme behebt. Sie verbindet die universelle Erreichbarkeit von SMS mit den Features moderner Messenger-Dienste. Entwickler können interaktive Inhalte versenden, Kunden können direkt in der Nachrichten-App antworten, und dank Authentifizierungsmechanismen ist RCS weit weniger anfällig für Spam als herkömmliche SMS.

Zusätzlich zu RCS, das als moderner Ersatz für SMS für Privatnutzer entwickelt wurde, gibt es mit derselben Technik auch RCS Business Messaging (RBM; siehe Tabelle) für Firmen und Organisationen. RCS in der Peer-to-Peer-Kommunikation ist also der direkte Nachfolger der SMS und ermöglicht es Nutzern, sich gegenseitig über ihre native Nachrichten-App auszutauschen. Die wichtigsten Features im Vergleich zur SMS:

  • Multimedia-Support: Nutzer können hochauflösende Bilder, Videos, GIFs oder Sprachnachrichten senden.
  • Lesebestätigungen und Tippanzeigen: Ähnlich wie bei WhatsApp oder iMessage sehen Nutzer, wenn eine Nachricht gelesen wurde oder die andere Person gerade tippt. Dieses Feature ist allerdings nicht von allen clientseitigen Apps implementiert.
  • Ende-zu-Ende-Verschlüsselung (E2EE): RCS-Nachrichten zwischen Privatpersonen können verschlüsselt sein, allerdings hängt dies vom Endgerät ab. Noch unterstützt Apple die Verschlüsselung nicht, hat die Funktion aber schon angekündigt.
  • Gruppenchats: Nutzerinnen und Nutzer können Gruppennachrichten mit modernen Funktionen wie Reaktionen und Medieninhalten nutzen.
  • Vergleich zu MMS: MMS bot bereits vor RCS eine begrenzte Möglichkeit, Multimedia zu versenden, war jedoch durch hohe Kosten, eine rückläufige Unterstützung durch Netzanbieter auf der ganzen Welt und niedrige Qualität stark eingeschränkt.

RBM ist die kommerzielle Variante von RCS und ermöglicht es Unternehmen, Behörden und anderen Organisationen, direkt mit Nutzern zu kommunizieren – ähnlich wie bei WhatsApp Business, jedoch ohne separate App. RBM bietet:

  • Verifizierte Absender: Organisationen müssen sich authentifizieren, wodurch Spam und Betrug deutlich reduziert werden. Das ist besonders wichtig, da betrügerische Nachrichten von gefälschten Banken oder Lieferdiensten weit verbreitet sind.
  • Rich-Media-Inhalte: Neben Text lassen sich Bilder, Videos, Karussells und interaktive Buttons nutzen. Das ermöglicht es, einfache und intuitive Nutzerinteraktionen anzubieten – beispielsweise eine Terminbuchung oder eine Paketumleitung direkt in der Nachrichten-App, ohne eine separate App installieren zu müssen.
  • Automatisierte Kommunikation über APIs: RBM ist direkt über APIs integrierbar, sodass Unternehmen automatisierte Nachrichten versenden und Kundeninteraktionen effizient verwalten können.
  • Direkte Interaktion: Empfänger können direkt auf Nachrichten antworten und in Echtzeit kommunizieren.

Ein per RCS empfangenes Bild mit Untertitel. Der verifizierte Absendername mit Logo ist direkt im Kopfbereich der App zu sehen (Abb. 2).

(Bild: Marius Obert)

RCS für Privatnutzer RCS Business Messaging
✅ Bilder, Videos, Sprachnachrichten ✅ Bilder, Videos, Karussells, interaktive Buttons
✅ Ja ✅ Ja
✅ Ja Je nach RBM-Implementierung
🔶 Möglich (abhängig von der Implementierung des Clients) ❌ Nein
✅ Ja ❌ Nein
❌ Nein ✅ Ja 
❌ Nein ✅ Ja

Tabelle: Die Unterschiede zwischen RCS und RBM

RCS ist als Standard alles andere als neu. Die GSM Association (GSMA) hat ihn schon 2008 spezifiziert. Der Industrieverband für Mobilfunkanbieter, Gerätehersteller und Netzwerkausrüster ist unter anderem für die Standardisierung mobiler Kommunikation verantwortlich, einschließlich Mobilfunkstandards wie 4G und 5G, und wollte einen modernen Messaging-Standard etablieren, der SMS ablösen sollte. Doch die Mobilfunkanbieter zögerten, RCS flächendeckend einzuführen, da es Investitionen in neue Netzwerktechnologien erforderte. Viele Anbieter entwickelten zudem proprietäre Messaging-Dienste, die nicht interoperabel waren. Erst als Google 2015 das Unternehmen Jibe Mobile übernahm, das eine cloudbasierte RCS-Infrastruktur entwickelte, kam Bewegung in den Markt.

Denn Google hatte ein Problem. Apple hat mit iMessage einen geschlossenen Messaging-Dienst geschaffen, der seit 2011 fester Bestandteil des iPhone-Ökosystems ist. Besonders in Märkten wie den USA wurde iMessage zu einem entscheidenden Kaufargument für iPhones, da es nahtlos in die Nachrichten-App integriert ist und weit mehr Funktionen als SMS bietet – darunter Lesebestätigungen, Multimedia-Support und Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Für Android gab keinen einheitlichen Messaging-Dienst, der mit iMessage konkurrieren konnte. Während Apps wie WhatsApp oder Telegram plattformübergreifend verfügbar waren, fehlte auf Android eine native Option mit denselben Funktionen.

Also entschied sich Google, RCS aktiv voranzutreiben, indem es die Technologie über die "Google Messages"-App bereitstellte. Statt darauf zu warten, dass Netzbetreiber eigene RCS-Server aufsetzten, hat Google Fakten geschaffen und sich selbst beholfen. Denn die Jibe-Plattform kann RCS-Nachrichten direkt an Nutzer ausliefern – unabhängig vom jeweiligen Mobilfunkanbieter. Anfangs blieben viele Netzbetreiber skeptisch und bevorzugten eigene Implementierungen, was zu Kompatibilitätsproblemen führte. Doch mit der Zeit setzte sich RCS als Standard auf Android durch, insbesondere nachdem Google begann, RCS direkt über seine eigenen Server bereitzustellen. Diese breite Unterstützung durch Android führte dazu, dass immer mehr Mobilfunkanbieter RCS ebenfalls einführten, um mit der steigenden Nachfrage Schritt zu halten.

Ein interessanter Sonderfall ist China, wo RCS unter dem Namen "5G Messaging" vermarktet wird. Hier wurde RCS eng mit der Einführung des 5G-Netzwerks verknüpft und als moderne Alternative zur SMS positioniert. Dort sind Anbieter gesetzlich verpflichtet, RCS bereitzustellen. Daher ist es wenig überraschend, dass China eines der Länder mit der höchsten RCS-Adaption ist.

Der entscheidende Wendepunkt kam 2024, als Apple überraschend ankündigte, RCS in iOS 18 zu unterstützen. Diese Entscheidung kam nicht aus dem Nichts: In der EU hatte der Digital Markets Act (DMA) den Druck auf Apple erhöht, geschlossene Ökosysteme zu öffnen. Auch in China und anderen Märkten wuchs der regulatorische Druck, Interoperabilität zwischen Messaging-Diensten zu ermöglichen. Vermutlich reagierte Apple mit der Integration von RCS auf diese Entwicklungen, um rechtlichen und politischen Konsequenzen zuvorzukommen. Mit der Unterstützung durch iOS wurde RCS erstmals zu einem echten plattformübergreifenden Standard.

Im Unterschied zur klassischen SMS, die über das Mobilfunknetz funktioniert, basiert RCS vollständig auf IP-Technologie. Das bedeutet, dass für den Versand und Empfang von Nachrichten eine aktive Internetverbindung erforderlich ist – sei es über WLAN oder mobile Daten. Diese Architektur bringt einige entscheidende Vorteile mit sich.

Da RCS nicht über herkömmliche Mobilfunknetze weitergeleitet wird, entfallen Roaming-Kosten im Ausland, denn RCS funktioniert weltweit zu den gleichen Bedingungen, solange eine Internetverbindung besteht. Zudem ermöglicht die IP-basierte Architektur größere Datenmengen und bessere Multimedia-Unterstützung.

Ein zentraler Bestandteil des RCS-Ökosystems ist die Jibe-Plattform von Google, die eine Brücke zwischen Mobilfunkanbietern und Endnutzern schlägt. Jibe übernimmt verschiedene Aufgaben:

  • Wenn ein Mobilfunkanbieter keine eigene RCS-Infrastruktur betreibt, kann er Jibe als cloudbasierte Alternative zur Eigenentwicklung nutzen, um RCS-Nachrichten zu verwalten.
  • Jibe sorgt für Interoperabilität zwischen verschiedenen Netzwerken, indem es als Vermittlungsplattform für RCS-Nachrichten fungiert.
  • In Märkten, in denen Mobilfunkanbieter RCS nicht selbst unterstützen, kann Google über Jibe eine direkte Verbindung zwischen der Google-Messages-App und RCS-fähigen Geräten herstellen.

Mobilfunkanbieter sind aber nicht gezwungen, Jibe zu nutzen. Sie können eigene RCS-Server betreiben und ihre eigene Infrastruktur für den Nachrichtenaustausch verwenden. Allerdings hatten einige Anbieter in der Vergangenheit mit technischen Problemen bei selbst entwickelten RCS-Implementierungen zu kämpfen. Daher sind mittlerweile viele Netzbetreiber auf die Jibe-Plattform umgezogen, um eine stabilere und einfachere RCS-Bereitstellung zu gewährleisten.

Für Unternehmen, Behörden, Vereine oder andere Organisationen ist RCS eine leistungsstarke Möglichkeit, mit Kunden und Mitgliedern zu kommunizieren. Die möglichen Anwendungsfälle sind vielfältig:

  • Einmalkennwörter (OTP, One-Time Passwords) für die sichere Anmeldung in Online-Diensten
  • Lieferbenachrichtigungen mit interaktiven Tracking-Optionen
    Terminerinnerungen mit der Möglichkeit, direkt aus der Nachricht zu bestätigen oder zu verschieben
  • Support-Anfragen mit Rich-Media-Elementen wie FAQs, Quick-Replies und KI-gestützten Chatbots
  • Marketing-Kampagnen mit Bildern, Videos und Call-to-Action-Buttons

Damit Organisationen RCS für ihre Kommunikation nutzen können, greifen sie auf RBM-Provider zurück. Diese Dienstleister fungieren als Schnittstelle zwischen Entwicklern, Mobilfunkanbietern und der RCS-Infrastruktur. Zu den bekanntesten RBM-Providern gehören Twilio, Infobip, Vonage und Sinch.

RBM-Provider bieten API-Schnittstellen, über die sie ihre RCS-Nachrichten versenden können. Diese APIs ermöglichen nicht nur den Versand von Standardnachrichten, sondern auch die Integration interaktiver Elemente wie Buttons, Bilder oder Karussells. Zudem kümmern sich RBM-Provider um technische Aspekte wie die Authentifizierung von Absendern, das Routing der Nachrichten und den Fallback auf SMS, falls ein Empfänger kein RCS unterstützt.

Ein großer Vorteil ist die einfache Integration in bestehende Kommunikationssysteme. Viele RBM-Provider unterstützen bereits bestehende Messaging-APIs, sodass keine komplett neue Infrastruktur aufgebaut werden muss. Das macht RCS zu einer attraktiven Technologie, um die Kommunikation mit den Nutzerinnen und Nutzern zu modernisieren, ohne hohe Investitionen tätigen zu müssen.

Eine weitere interaktive Nachricht. Dieses Mal mit "Quick Reply Chips", um Nutzern die Anwendung zu vereinfachen (Abb. 3)

(Bild: Marius Obert)

RCS-Nachrichten können zum Beispiel ein eingebettetes Produktbild und einen "Jetzt kaufen"-Button enthalten. Kunden müssen nicht mehr mühsam auf Links klicken, die dann andere Apps öffnen – sie können direkt in der Nachrichten-App mit den relevanten Inhalten interagieren.

Diese verbesserte Nutzererfahrung führt zu höheren Konversionsraten und stärkeren Kundenbindungen, da die Kommunikation intuitiver und nahtloser wird.

Ein häufiges Problem bei modernen Messenger-Diensten ist die Fragmentierung der Nutzerbasis. Während einige Kunden WhatsApp nutzen, bevorzugen andere Telegram oder Signal. Mit RCS entfällt diese Problematik, da es direkt in die native Nachrichten-App des Smartphones integriert ist.

Allerdings gibt es immer noch Nutzer, deren Mobilfunkanbieter oder Endgeräte RCS nicht unterstützen (wobei inzwischen alle deutschen Mobilfunkanbieter außer 1&1 mit RCS umgehen können). Wer ein Android-Gerät hat, kann allerdings auch RCS-Nachrichten via Google senden und empfangen. Hier kommt der Fallback-Mechanismus ins Spiel: Abhängig vom genutzten RBM-Provider kann eine RCS-Nachricht automatisch in eine SMS umgewandelt werden, falls der Empfänger kein RCS-fähiges Gerät oder Netzwerk hat. Das bedeutet, dass die Nachricht unabhängig von dem verwendeten mobilen Betriebssystem den Empfänger erreicht, ganz ohne eine Abhängigkeit von Drittanbieter-Apps.

Ein zentrales Problem bei klassischen SMS-Nachrichten ist die hohe Anfälligkeit für Betrugsversuche. Spam-Nachrichten, Phishing-Angriffe und gefälschte Absender sind weit verbreitet, da es keine zuverlässige Authentifizierung gibt.

Mit RCS Business Messaging (RBM) gehört dieses Problem der Vergangenheit an. Die Entwickler müssen sich vor der Nutzung verifizieren lassen, sodass Empfänger sicher sein können, dass die Nachricht tatsächlich vom angegebenen Absender stammt. Zudem erscheint die Absender-Organisation in der Nachrichten-App mit ihrem Namen und Logo, was das Vertrauen der Kunden stärkt (siehe Abbildung 1). Die Verifizierung findet in der Regel gegenüber Google oder einem lokalen Mobilfunkanbieter statt und muss für jede Region separat gestartet werden. Gute RBM-Provider bieten bei diesem Schritt allerdings oft ihre Hilfe an, um die Prozesse zu vereinfachen.

Diese Verifizierung erhöht nicht nur die Sicherheit, sondern auch die Wahrscheinlichkeit, dass Kunden auf Nachrichten reagieren. Studien wie die "RCS Business Messaging Research Study" der GSMA aus dem Jahr 2018 (Seite 16, Abbildung 15) zeigen, dass Nutzer eher mit einer Nachricht interagieren, wenn sie klar erkennen können, wer der Absender ist.

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