Skandal in Sachsen : Handwerker sucht mit rassistischer Anzeige Azubi – im Amtsblatt der Stadt Sebnitz

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Rassismus-Eklat in der Sächsischen Schweiz: Ein Handwerker sucht in Sebnitz einen Auszubildenden. Dafür schaltet er in der Kleinstadt mit 9500 Einwohnern eine Anzeige im Amtsblatt – und macht aus seiner politischen Gesinnung keinen Hehl. Die Stelle sei ab 2026 frei, Interessierte könnten sich bewerben, wie zuerst ntv online berichtete. Dann schreibt der Unternehmer aus dem Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge in antisemitischer, rassistischer und ausländerfeindlicher Weise, welche Menschen er nicht haben möchte.

Bei der letzten Bundestagswahl holte die AfD 54,6 Prozent der in Sebnitz abgegebenen Zweitstimmen. Ihr Kandidat Steffen Janich erhielt gar 57,4 Prozent der Erststimmen. Bundesweit kam die in Teilen als gesichert rechtsextremistisch geltende Partei auf 20,8 Prozent, in Umfragen liegt sie inzwischen noch darüber.

Das ist Volksverhetzung, das Inserat ist eindeutig antisemitisch und rassistisch.

Susanne Schaper, Chefin der Linken in Sachsen

Die Stadtverwaltung reagierte – doch zu spät, um die Publikation zu verhindern. Online wurde die Anzeige gelöscht, die gedruckte Publikation ist aber mit der Annonce in Umlauf.

Die Behörde schrieb in einem Beitrag auf Facebook von einer Anzeige „mit verachtendem und ausländerfeindlichem Inhalt“. So etwas zu lesen, sei beschämend und untragbar. Man sei bestürzt und versuche, die Lage aufzuklären.

Dann versucht sich das Rathaus zu rechtfertigen: „Wichtig ist zu wissen, dass die Stadt Seibnitz ausschließlich für den redaktionellen Teil des Grenzblattes verantwortlich ist und den Anzeigenteil bis zur Veröffentlichung auch nicht kennt. Dieser liegt allein in der Verantwortung des Verlages.“

Man distanziere sich ausdrücklich. „Volksverhetzung, Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit haben bei uns keinen Platz und werden in jeder Form ablehnt.“ Es sei Strafantrag gegen den Verfasser der Anzeige und den Verlag gestellt worden.

Auch der Bürgermeister von Sebnitz, Ronald Kretzschmar, sagte dem Sender MDR Sachsen, die Anzeige sei beschämend und untragbar. „Leider sehen wir solche Anzeigen nicht, da diese als private Anzeige über den Wittich Verlag (Verleger des Grenzblattes) gebucht wird. Hier hat die Redaktion des Wittich Verlages versagt, da hätte man noch den Abdruck verhindern können.“

Verlag distanziert sich von Anzeige

Der Wittich Verlag distanzierte sich von der Veröffentlichung der Anzeige und sagte gegenüber dem Sender, dies sei ein „schwerwiegender Fehler, für den wir aufrichtig um Entschuldigung bitten. Wir bedauern zutiefst, dass er geschehen ist.“ Interne Prozesse sollten überprüft werden, „um sicherzustellen, dass sich ein solcher Vorfall niemals wiederholt.“

Es würden auch arbeitsrechtliche Konsequenzen geprüft. Die Geschäftsbeziehungen zu dem Handwerker seien zudem mit sofortiger Wirkung aufgekündigt worden, weitere rechtliche Schritte behalte sich der Verlag vor. Der Handwerker, der die Anzeige aufgegeben hat, war dem Bericht zufolge nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Auch die Linkspartei im Landkreis stellte Strafantrag gegen den Mann. „Das ist Volksverhetzung, das Inserat ist eindeutig antisemitisch und rassistisch“, betonte die sächsische Landesparteichefin Susanne Schaper in einer Mitteilung.

Die Stadtverwaltung könne sich nicht damit herausreden, dass sie nur den redaktionellen Teil kenne und verantworte. Anzeigen in einem Amtsblatt würden der Stadt zugeordnet. „Wir erwarten, dass die Stadtverwaltung umgehend ihre Abläufe ändert und sicherstellt, dass niemand mehr menschenverachtende Inhalte im Blatt platzieren kann.“

Die Stadtverwaltung könne sich nicht damit herausreden, dass sie nur den redaktionellen Teil kenne und verantworte, sagte Susanne Schaper, Landesvorsitzende der Linken in Sachsen.

© picture alliance/dpa/ Michael Bahlo

Die Vorsitzende im Landkreis, Lisa Thea Steiner, schrieb auf Instagram von einem „politischen Alarmsignal“. Sie und ihre Mitstreiter wollen am Ostermontag auf dem Marktplatz in Sebnitz demonstrieren. Die Partei fordert zudem die „umfassende Überprüfung der redaktionellen Verantwortung des Amtsblattes“.

Scharfe Kritik äußerte auch Brandenburgs Beauftragter zur Bekämpfung von Antisemitismus, Andreas Büttner, auf der Plattform X. „Antisemitismus und Rassismus gehen oft Hand in Hand, insbesondere in der rechten Szene.“

Er nannte die Anzeige „eines der ekelhaftesten Beispiele“ dafür. Es spreche Bände, dass so etwas ausgerechnet im Amtsblatt der Kleinstadt veröffentlicht wurde. (lem)

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