Sanierung Pergamonmuseum: Dieses Museum hätte Hegel gefallen

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Die Preußenstiftung reformiert sich, gerade hat sie ihr neues Leitungsteam vorgestellt, außerdem bekommt sie ein bisschen mehr Geld – wenn auch immer noch nicht genug – vom Bund und den Ländern. Da trifft es sich gut, dass auch ihr größtes Bauprojekt wenigstens teilweise fertig ist, die Sanierung des Pergamonmuseums auf der Berliner Museumsinsel. Die erste von zwei Bauphasen ist nach zwölf Jahren vollendet, der Mittelflügel mit dem Pergamonaltar und der Nordflügel haben neue Dächer und verstärkte Fundamente, und vor den Eingang im Hof hat der Architekt Jan Kleihues ein Baukastenfoyer aus Stahl und Glas gesetzt, das im Preußenstiftungsdeutsch beschönigend „Tempietto“ heißt.

Im Frühjahr 2027 soll die Eröffnung sein

Der Altarfries, auf dem die Götter Griechenlands mit den Giganten kämpfen, und sein Überbau wurden von Verschmutzungen und nachträglichen Anstrichen gereinigt, die Schätze im Hellenistischen Saal strahlen ebenfalls wie neu, und in die Mitte des Nordflügels ist die Fassade des frühislamischen Wüstenschlosses Mschatta eingezogen, durch Ergänzungen erstmals auf die volle Länge von 47 Metern gestreckt. Jetzt muss nur noch das Islamische Museum seine Räume im Obergeschoss einrichten und die Vorderasiatische Sammlung ihr Provisorium im Schlütersaal am Kupfergraben beziehen, dann hat die Museumsinsel ihre größte Attraktion zur Hälfte wieder – im Frühjahr 2027, verkündet man vage, soll die Eröffnung sein.

 der „Tempietto“, die neue Eingangshalle des MuseumsBaukasten: der „Tempietto“, die neue Eingangshalle des MuseumsBBR/Peter Thieme

Der eigentliche Clou der Sanierung ist aber nicht ihr teurer und zeitraubender Perfektionismus – 489 Millionen Euro hat die erste Phase gekostet –, sondern die Konzeption, die mit ihr verwirklicht wird. Denn in dem neuen Museumsrundgang soll der Besucher aus der griechischen und römischen Antike in die islamische Nachantike wandern, und wenn der Südflügel irgendwann – die Rede ist von 2037 oder 2040 – ebenfalls saniert ist, treten Uruk, Babylon und Ägypten als Fundament der Kulturgeschichte hinzu. Damit entsteht das vermutlich letzte europäische Museum aus dem Geist Hegels, ein Haus, das die Hochkultu­ren nicht beliebig nebeneinandersetzt, sondern entwicklungslogisch sortiert, ein unvergleichlicher welthistorischer Schaukasten.

Man darf gespannt sein, was die Woken und Postkolonialen dazu sagen werden, die in jedem selbstbewussten Museumskonzept einen Angriff des Westens auf ihr kulturelles Ego sehen, aber auch die völkischen Fliegenschissreiter, für die das teutsche Wesen am Anfang und Ende aller Geschichtsbetrachtung steht. Wer sich für das, was man wissen kann, nicht interessiert, braucht eben Ideologie, das gilt für Islamisten ebenso wie für MAGA-Krieger und für Putins Bluthunde sowieso.

Allen anderen steht vom übernächsten Jahr an im Pergamonmuseum der Rundgang durch die Hegelsche Weltgeschichte offen: für den Preis einer Eintrittskarte. Und ohne Moralpredigt.

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