Rumänien: Rechtsextremist Călin Georgescu gewinnt im ersten Wahlgang um Präsidentschaft

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Zumindest eines steht schon fest: Klaus Iohannis tritt demnächst ab – nach zehn Jahren im Amt des rumänischen Präsidenten. Für manche Rumänen ist dies eine gute Nachricht: Der Mann war im Ausland deutlich beliebter als zu Hause.

Der Siebenbürger Sachse Iohannis, Ex-Bürgermeister von Hermannstadt (Sibiu), hat sich als biederer, wiewohl berechenbarer Verbündeter der westlichen Wertegemeinschaft erwiesen. Vor allen anderen Dingen war er: ein recht eigenwilliger Vertreter der dramatisch geschrumpften deutschsprachigen Minderheit im Land.

Ein Mann, der sein Mandat nutzte, um das europaweit eher misstrauisch beäugte Rumänien mit ruhiger Hand als Partner im Kreis von EU und Nato zu positionieren.

Und nun? Bewirbt sich plötzlich einer um die Nachfolge im höchsten Amt des Staates am südöstlichen Saum Europas, der im Kern das Gegenteil von Iohannis verkörpert. Tatsächlich hat der parteilose Rechtsextremist Călin Georgescu am Sonntag im ersten Wahlgang seine gesamte Konkurrenz distanziert, auch den gegen ihn antretenden amtierenden Regierungschef Marcel Ciolacu.

 Partner im Kreis von EU und Nato

Scheidender Staatspräsident Klaus Iohannis: Partner im Kreis von EU und Nato

Foto: Daniel Mihailescu / AFP

Kann Georgescu am Ende gar Staatschef werden? Solidaritätsadressen aus dem rumänischen Rechts-außen-Spektrum lassen den Schluss zu, dass der Außenseiter in die am 8. Dezember anstehende Stichwahl mit nicht so schlechten Chancen geht.

»Am 24. November abends hat Russlands Einmarsch in Rumänien begonnen«, kommentierte der renommierte Publizist Cristian Tudor Popescu polemisch zugespitzt. Eine Diagnose mit erheblicher Sprengkraft. Warum?

Wohl deshalb, weil der Kreml-freundliche Triumphator Georgescu, ein 62 Jahre alter Ingenieur, zuletzt mit Sprüchen aufhorchen ließ wie diesem: »Wladimir Putin ist ein Führertyp, einer der wenigen, die ihr Land lieben mit welchen Mitteln auch immer; das heutige Rumänien hingegen ist eine Kolonie, ein Zulieferer von Rohstoffen und Arbeitskräften.« Die Regierung in Bukarest sei zu einem Bittsteller in »Brüssel oder Washington« geworden, die »Unterwürfigkeit der aktuellen politischen Führungskräfte« vor allem den USA gegenüber widere ihn an.

Der offen zur Schau getragene und von Wählern anscheinend flächendeckend goutierte Antiamerikanismus Georgescus wirkt aus mehrerlei Gründen überraschend. Erstens galt Rumänien schon zu Zeiten des Diktators Nicolae Ceaușescu als schwer berechenbares, weil störrisches Sorgenkind im Verbund des Warschauer Pakts. Zweitens war seit der Systemwende 1989 und der nachfolgenden Entscheidung der USA, an der Schwarzmeerküste in Constanța den bedeutendsten europäischen Militärstützpunkt zu errichten, Rumänien unstrittig aufgestiegen zum Darling amerikanischer Geostrategen.

Und nun soll also ein tendenziell russophiler Kandidat die Macht übernehmen? Einer, der mit antisemitischen und den rumänischen Faschismus vergangener Zeiten verharmlosenden Formulierungen jongliert? Die Gefahr ist konkret.

Der vor allem auf TikTok aktive Georgescu punktet bei tendenziell jüngerer Anhängerschaft mit der These, mehr rumänischer Nationalstolz und weniger USA-Hörigkeit wären hilfreich. An diesem Punkt trifft er zielgenau ein in weiten Teilen des ehemals sogenannten »Ostblocks« vorherrschendes Gefühl: dass man es satthat, sich von der als »liberal« beschriebenen westlichen Denkweise bevormunden zu lassen.

Die renommierte Journalistin Ioana Ene Doigioiu erklärt sich die Machtverschiebung in Rumänien mit dem Hinweis auf den »grauenhaften Analphabetismus großer Teile der Bevölkerung« – eingeschlossen die Bereitschaft, die eigene Geschichte rückwirkend zu mystifizieren. Einer wie der aktuelle Hoffnungsträger Georgescu sei nur ein weiterer Beleg für die »Frustration eines Teils der Bevölkerung«, abhängig natürlich vom Grad der Bildung und der Herkunft.

Georgescu wird am 8. Dezember antreten, rumänischer Präsident zu werden. Und die europäische Restwelt wäre möglicherweise gut beraten, diese Tatsache nicht wieder nur als Irrtum der Geschichte zu gewichten. Sondern als ernst zu nehmende, entschlüsselungsbedürftige Nachricht aus der näheren Nachbarschaft.

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