Vor vier Jahren erschien die letzte freie Zeitung Hongkongs, der »Apple Daily«, zum letzten Mal. Zum Jahrestag hat die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen gemeinsam mit ehemaligen Mitarbeitern der Zeitung in dieser Woche eine Online-Sonderausgabe veröffentlicht (hier als PDF abrufbar ).
Sie informiert darin über die Lage der Pressefreiheit in Hongkong. Diese hat sich immer weiter verschlechtert, seit in Hongkong zunächst 2020 und erneut 2024 ein neues Sicherheitsgesetz in Kraft getreten ist. »Die Pressefreiheit in Hongkong ist im freien Fall«, sagt Anja Osterhaus, Geschäftsführerin von Reporter ohne Grenzen in Deutschland, »doch die Sonderausgabe der ›Apple Daily‹ zeigt: Hongkonger Journalistinnen und Journalisten werden nicht verstummen.«
In einem Text der Sonderausgabe bittet Sebastien Lai, Sohn des weiterhin inhaftierten »Apple-Daily«-Gründers und Herausgebers Jimmy Lai die Leserinnen und Leser, für die Freilassung seines Vaters zu kämpfen, »bevor es zu spät ist«. Der 77-Jährige sitzt trotz Krankheit weiterhin in einem Hochsicherheitsgefängnis ein, sein Prozess läuft seit November 2023. »Mein Vater setzt sich für die Freiheiten ein, die wir alle schätzen. Es ist an der Zeit, dass wir uns ihm anschließen«, schreibt Sebastien Lai in einem in der Sonderausgabe veröffentlichten Brief.
Neben den »Apple Daily«-Mitarbeitern haben die Behörden laut Reporter ohne Grenzen mindestens 28 Medienschaffende verfolgt. Zehn von ihnen sind in Haft. Auch andere kritische Medien wie »Stand News« wurden geschlossen, ihre Chefredakteure wegen »Aufwieglung« verurteilt , während einige kleinere Medien aus Angst die Arbeit von sich aus einstellten.
Mit dem Steuerrecht gegen die letzten freien Onlinemedien
Aktuell instrumentalisiert Hongkong das Steuerrecht, um die letzten verbliebenen unabhängigen Onlinemedien wie das Nachrichtenportal »Hong Kong Free Press« (HKFP) wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung unter Druck zu setzen. HKFP-Chefredakteur Tom Grundy wies Ende Mai den Vorwurf der Steuerhinterziehung strikt zurück: »HKFP ist seit unserer Gründung im Jahr 2015 stets seinen Steuerverpflichtungen nachgekommen, hat Finanzamt-Forderungen umgehend bezahlt und eine sorgfältige Buchführung gewährleistet.«
Den Vorwurf »willkürlicher Steuerprüfungen« gegen insgesamt sechs Medien, den die »Hong Kong Journalists Association« (HKJA) erhob, wischte Hongkongs Regierungschef John Lee zur Seite. Journalisten »haben kein Recht, Steuern zu hinterziehen«, schrieb Lee Ende Mai auf X . Die Regierung hingegen habe das Recht, Steuerermittlungen gegen jede Person oder Berufsgruppe einzuleiten.