Nach Donald Trumps Zolldrohungen ist Kanadas Premierminister überraschend in die USA geflogen. Er erwägt als Reaktion auf Trumps Handelspolitik offenbar Gegenmaßnahmen.
30. November 2024, 4:47 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE, AFP, jj
Kanadas Premierminister Justin Trudeau ist am Freitagabend überraschend nach Florida geflogen, um den designierten US-Präsidenten Donald Trump zu treffen. Als Anlass des Besuchs wird Trumps Ankündigung gesehen, dass die USA höhere Zölle auf Waren aus dem Nachbarland erheben wollen. Die kanadische Regierung erwägt nach eigenen Angaben Gegenmaßnahmen. Kanada prüfe derzeit zusätzliche Zölle auf gewisse US-Produkte, verlautete am Freitag aus Regierungskreisen.
Begleitet wurde Trudeau Berichten zufolge von Dominic LeBlanc, dem Minister für öffentliche Sicherheit, sowie Stabschefin Katie Telford. Bei dem Abendessen am Thanksgiving-Wochenende auf Trumps Anwesen Mar-a-Lago soll kanadischen Medien zufolge außerdem Doug Burgum, Trumps Wunschkandidat für das Amt des Innenministers, mit seiner Ehefrau am Tisch gesessen haben. Zugegen waren demnach auch Howard Lutnick, der Trumps Handelsminister werden soll, und Mike Waltz, Trumps künftiger nationaler Sicherheitsberater. Auch Waltz und Lutnick wurden von ihren Ehefrauen begleitet. Den kanadischen Global News zufolge bleibt Trudeau bis Samstag Vormittag in West Palm Beach, übernachtet aber nicht in Mar-a-Lago.
Initiative von Trudeau
Die Begegnung von Trump und Trudeau fand kanadischen Medien zufolge auf Initiative von Trudeau statt und war nicht offiziell angekündigt. Die Global News berichteten, erst der Flugplan des kanadischen Regierungsfliegers habe Journalisten auf die Fährte des Premierministers gebracht.
Im Tagesverlauf hatte Trudeau gesagt, er nehme die Zolldrohungen des neuen Präsidenten gegen Kanada und Mexiko ernst. "Eines der Dinge, die wirklich wichtig sind, ist, dass Donald Trump, wenn er solche Aussagen macht, plant, sie auch umzusetzen. Daran besteht kein Zweifel", sagte Trudeau am Freitag dem Toronto Star zufolge. Kanadas Aufgabe sei es, darauf hinzuweisen, dass Trump mit den Zöllen nicht nur den Kanadiern schade, "die so gut mit den Vereinigten Staaten zusammenarbeiten, sondern auch die Preise für die amerikanischen Bürger erhöht und der amerikanischen Industrie und Wirtschaft schadet", zitierte The Albertan Trudeau nach einem Besuch auf Prince Edward Island. "Aber es gibt Möglichkeiten für uns, zusammenzuarbeiten und zu zeigen, wie wir es schon vor Jahren getan haben, dass wir Dinge gemeinsam tun können", sagte Trudeau demnach. Nach Trumps Ankündigung hatte der Premierminister mit Trump telefoniert und ein Dringlichkeitstreffen seiner Länderchefs einberufen.
Der designierte US-Präsident hatte Mitte der Woche angekündigt, nach seinem Amtsantritt am 20. Januar Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Waren aus Mexiko und Kanada zu erheben. Dieser Zollsatz werde so lange in Kraft bleiben, "bis Drogen, insbesondere Fentanyl, und alle illegalen Einwanderer aufhören, in unser Land einzudringen", schrieb Trump auf seiner Onlineplattform Truth Social. Die Zollerhebung werde eine seiner ersten Amtshandlungen sein. Trump hatte bereits im Wahlkampf weitreichende Zölle angekündigt und argumentiert, seine Zollpolitik werde dazu führen, dass US-amerikanische Firmen wieder stärker in den USA produzieren.
Während Trumps erster Amtszeit hatten die USA Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Stahlimporte und zehn Prozent auf Aluminiumimporte aus Kanada verhängt, worauf die Regierung inOttawa mit gezielten Zöllen auf bestimmte Produkte reagierte.
Im vergangenen Jahr gingen mehr als drei Viertel der kanadischen Exporte in die USA. Die Arbeitsplätze von rund zwei Millionen Kanadiern hängen an der Exportwirtschaft.