News: EU-Gipfel, Friedrich Merz, Parlamentarisches Kontrollgremium, Rolf Mützenich, Russland

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Die Lage am Morgen Merz und der Gipfelmarathon

Heute geht es um Friedrich Merz und den EU-Gipfel in Brüssel, Heidi Reichinnek und das Parlamentarische Kontrollgremium im Bundestag sowie um Rolf Mützenich und die Wende in der Russlandpolitik.

26.06.2025, 05.44 Uhr

Ein bisschen Kontrolle

Eine der faszinierenden Einrichtungen des Bundestags ist für mich das Parlamentarische Kontrollgremium, abgekürzt PKGr. Faszinierend, weil die bisher 13 und künftig neun Mitglieder unter strenger Geheimhaltung tagen, in einem abhörsicheren Raum. Sinn und Zweck dieses PKGr: »Kontrolle der nachrichtendienstlichen Tätigkeit des Bundes«. So steht es im Grundgesetz, Artikel 45d.

 »Parteipolitische Provokation«

Linke-Politikerin Reichinnek: »Parteipolitische Provokation«

Foto: Michael Kappeler / dpa

Und heute wird gewählt, die Fraktionen haben Personalvorschläge gemacht. Von den neun Sitzen entfallen drei auf die Union, jeweils zwei auf SPD und AfD sowie jeweils ein Sitz springt für Grüne und Linke raus. Da die Kontrolle der Geheimdienste aber, nun ja, sensibel ist, gibt es Gerangel ums Personal.

Bei der rechtsextremen und kremlnahen AfD ist die Sache einfach: Deren zwei Kandidaten werden aller Wahrscheinlichkeit nach keine Mehrheit im Bundestag finden und also nicht ins PKGr einziehen. Kompliziert wird es bei der Linken: Die wollen ihre Spitzenfrau Heidi Reichinnek entsenden, aus der Union gibt es Widerstand. »Dieses hochsensible Gremium braucht passendes Personal statt parteipolitischer Provokation«, so CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann zum SPIEGEL. (Mehr zur Kritik aus der Union hier).

Fraglich, ob das eine clevere Strategie ist. Schließlich ist die Regierungskoalition auf Reichinneks Linke angewiesen, sollte sie mal wieder eine Zweidrittelmehrheit brauchen. Wie neulich, als es darum ging, einen zweiten Wahlgang bei der Kanzlerwahl zu ermöglichen.

Ein bisschen mehr Sanktionen

Es wirkt so, als sei Friedrich Merz mehr Außenkanzler als Bundeskanzler. Der Mann ist heute hier, morgen dort. Bei Trump im Weißen Haus, bei den G7 in Kanada, Nato-Gipfel in Den Haag und heute: EU-Gipfel in Brüssel. Unser Leben ist längst international, sangen einst die Sportfreunde Stiller: »Somit ist, sofort, international nicht nur mehr ein Wort.«

 »Nicht nur mehr ein Wort«

Kanzler Merz vor Regierungsmaschine: »Nicht nur mehr ein Wort«

Foto: Michael Kappeler / dpa

Internationalist Merz sagt es so: »Das ist eine gute Abfolge in dieser Woche, von Den Haag nach Brüssel zu gehen und dann die europäischen Schlussfolgerungen zu ziehen.« (Lesen Sie hier  die Bilanz des Nato-Gipfels). Die europäischen Schlussfolgerungen – dabei geht es Merz insbesondere um Russlands Krieg gegen die Ukraine. Bei Donald Trump hat er für harte US-Sanktionen gegen Moskau geworben. Die EU ihrerseits will den Druck durch ein 18. Paket mit Strafmaßnahmen erhöhen.

Wird das heute schon beschlossen? Unklar. Die Russlandfreunde aus Ungarn und der Slowakei könnten ihr Veto einlegen. Weitere Themen in Brüssel: Iran, Israels Gazakrieg, Trumps Zolldrohung.

Und zum Schluss noch einmal der Sound der Sportfreunde: »Wie lange sollen wir noch warten, bis wieder bessere Zeiten starten?«

Ein bisschen Frieden

Als ich neulich das »Manifest« las, das sechsseitige Papier vermeintlich friedensbewegter Sozialdemokraten, die unter anderem eine Wende in der Russlandpolitik fordern, war ich vor allem über einen Namen auf der Liste der Unterzeichner erstaunt. Ein Name, der die Sache erst wirklich groß machte: Rolf Mützenich.

 »Ich verspüre Ekel«

SPD-Politiker Mützenich: »Ich verspüre Ekel«

Foto:

Kay Nietfeld / dpa

Schon klar, der frühere Vorsitzende der SPD-Fraktion vom linken Parteiflügel stand immer für einen anderen Kurs in der Außenpolitik, noch geprägt von der Friedensbewegung der Achtziger. Aber für naiv halte ich ihn nicht. Ganz im Gegenteil: Der schmale Mützenich ist ein besonnener, ein kluger Politiker. Das von ihm unterzeichnete Papier aber ist nicht klug. Es ist naiv und gefährlich. Als ob man mit dem Kriegstreiber Wladimir Putin verhandeln könnte wie einst mit dem Reformer Michail Gorbatschow. Als ob das imperiale, ausgreifende Russland mit der Status-Quo-Macht Sowjetunion vergleichbar sei.

Sophie Garbe und Christian Teevs aus dem SPIEGEL-Hauptstadtbüro haben sich auf die Spuren Mützenichs begeben, um der Frage nachzuspüren, was den 66-Jährigen in diesen Tagen treibt. Hat er noch eine Rechnung offen mit Parteichef Lars Klingbeil? Oder geht es ihm ausschließlich um die Sache? (Den Text lesen Sie hier  bereits vorab).

Mützenich beklagt sich darin über den Umgang mit ihm nach Erscheinen des »Manifests«. Er habe mit dieser Schärfe nicht gerechnet. Er glaube, dass die internationalen Kriege und Konflikte nur im Dialog mit Russland beendet werden können. »Aber ich mache mir keine Illusionen über den russischen Präsidenten, ich verspüre Ekel, wenn ich seinen Namen nur höre und bin sicher kein Putin-Versteher.«

Am Wochenende sollte Mützenich eigentlich für seine Arbeit als Fraktionsvorsitzender geehrt werden. Doch am Bundesparteitag der SPD wird er nicht teilnehmen. Er hat andere Termine.

Lesen Sie hier den aktuellen SPIEGEL-Leitartikel

  • Spahn sollte keine politische Verantwortung mehr tragen: Als Minister hat Jens Spahn so viel Steuergeld verbrannt wie kaum ein Politiker in der Geschichte der Bundesrepublik vor ihm. Früher hätte das ausgereicht, um sich aus der Politik zurückzuziehen. Aber der 45-Jährige macht weiter Karriere. 

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… ist die Initiative »Volksentscheid Berlin autofrei«. Sie kann ihre Pläne für ein weitgehendes Autoverbot in der Hauptstadt vorantreiben. Der Berliner Verfassungsgerichtshof hat den Antrag zur Einleitung eines Volksbegehrens für zulässig erklärt.

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Innerhalb von vier Monaten müssen die Initiatoren nun die Unterschriften von mindestens 170.000 Berliner Wahlberechtigten sammeln. Gelingt das, gibt’s einen Volksentscheid. Treffend kommentiert mein Kollege Lukas Kissel die Entscheidung des Berliner Gerichts: »Nur weil dem Auto bisher so viel Platz eingeräumt wird, leitet sich daraus kein Grundrecht aufs Autofahren ab.«

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[M[ DER SPIEGEL; Foto: brophoto / DEEPOL / plainpicture

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Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.

Ihr
Sebastian Fischer, Autor im SPIEGEL-Hauptstadtbüro

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