Die Lage am Abend Hat hier jemand Regimesturz gesagt?
Die drei Fragezeichen heute:
Krieg im Nahen Osten – wieso bombardiert Israel weiter Ziele in Iran?
Straße von Hormus – welche Folgen hätte eine Blockade des Seeweges?
Kapitalmärkte – wieso wachsen Europas Börsen stärker als die US-amerikanischen?
23.06.2025, 18.03 Uhr
1. Israel bombardiert wieder Ziele in Iran

Atomanlage in Fordo
Foto:Planet Labs PBC / AP
Erst gestern hatte US-Präsident Donald Trump zunächst behauptet, das US-Militär habe die wichtigsten iranischen Atomanlagen »ausgelöscht«, dann kamen Zweifel auf. Heute legte die Pressesprecherin des Weißen Hauses nach und sprach von vollständiger Zerstörung. Das Regime in Teheran habe »nicht mehr die Fähigkeit«, eine Atomwaffe zu bauen. Die Berichte der US-Regierung lassen sich anhand bisher veröffentlichter Satellitenbilder nicht komplett überprüfen, schwere Schäden sind nach Einschätzung von Experten aber wahrscheinlich.
Damit wären die ursprünglichen Kriegsziele von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu – Zerstörung des iranischen Atomprogramms und des Raketenarsenals – erreicht.
Doch die Luftangriffe auf Iran gehen weiter: Heute hat Israel nach eigenen Angaben unter anderem ein Hauptquartier der Revolutionswächter sowie das berüchtigte Evin-Gefängnis, in dem viele Oppositionelle einsitzen, bombardiert. Das spricht dafür, dass Netanyahu, anders als bislang behauptet, doch das Regime stürzen will (Lesen Sie hier eine Analyse dazu ).
Die Unterstützung von Trump hätte er dabei womöglich. Der schrieb gestern auf seiner Plattform Truth Social: »Wenn das derzeitige iranische Regime nicht in der Lage ist, Iran großartig zu machen, warum sollte es dann nicht einen Regimewechsel geben??? MIGA!!!«
»Folgt auf ›Make America Great Again‹ nun ›Make Iran Great Again‹?« schreibt meine Kollegin Juliane von Mittelstaedt aus dem Auslandsressort. »Die aktuellen Angriffe wirken so.«
Alle aktuellen Entwicklungen hier im Liveblog
2. Schreckensszenario oder Scheinriese?
Es wächst die Angst, dass Iran die Straße von Hormus mithilfe von Seeminen blockiert. Damit gemeint ist der nur 55 Kilometer breite Seeweg zwischen Iran und Oman. Ein Schreckensszenario, denn dann käme ein wohl Fünftel der globalen Öl- und Flüssiggastransporte zum Erliegen. Der Ölpreis könnte rasch über 100 Dollar pro Barrel (159 Liter) steigen. Die Folgen für die Weltwirtschaft wären verheerend.
Mindestens zwei Supertanker sind nach Medienberichten bereits in der Straße von Hormus umgekehrt. Sieht so aus, als hätten Unternehmen Angst vor iranischen Vergeltungsschlägen.
Doch offenbar könnte sich die »vermeintliche Megabedrohung als Scheinriese entpuppen«, berichtet mein Kollege Stefan Schultz aus unserem Wirtschaftsressort. Ihm zufolge könnte das US-Militär wahrscheinlich innerhalb weniger Tage eine sichere Konvoi-Gasse durch die Meeresenge öffnen. Und die meisten Staaten hätten Ölreserven, um zumindest kurzfristig über die Runden zu kommen. »Für Verbraucher hieße das: Ja, Benzin würde erst einmal teuer werden«, schreibt Stefan. »Aber ein monatelanger, ungebremster Preisanstieg ist eher nicht zu erwarten.«
Hier alle Hintergründe: So schlimm wäre eine Blockade der Straße von Hormus wirklich
3. Das Kapital flüchtet nach Europa
Eigentlich steht es nicht so gut um die deutsche Wirtschaft. Aber heute hat der Tag mal mit guten Nachrichten begonnen: Zum ersten Mal seit Jahren übertrumpfen Europas Börsen die amerikanischen. Internationale Investoren haben offenbar viele Milliarden von den US-Märkten abgezogen und nach Europa verlagert. Hauptgewinner sind die Börsen in Deutschland, Spanien und Italien. Der Dax etwa hat seit Jahresbeginn um etwa 16 Prozent zugelegt.
Hauptgrund für die Kapitalflucht aus den Vereinigten Staaten sind Investmentmanagern und Ökonomen zufolge die Zolldrohungen und das erratische Gehabe von Donald Trump.
Bei genauerem Hinsehen aber dürfte die Freude geringer ausfallen, denn: »Der beliebteste Fonds deutscher Anleger ist der MSCI World, der zu etwa 70 Prozent in US-Aktien investiert ist«, sagt mein Kollege Tim Bartz aus dem Wirtschaftsressort. »Viele Anleger leiden also unter den schwachen US-Börsen.« Sollten die Anleger also umschichten und sich auf europäische Aktien konzentrieren? Tim rät zur Vorsicht, schließlich sei der Kauf und Verkauf von Fonds immer mit Gebühren verbunden. »Und wer weiß, ob die US-Börsen nicht wieder stärker zulegen, sofern Trump seine Steuersenkungen durch den Kongress bekommt.«
Lesen Sie hier mehr: Europas Börsen übertrumpfen erstmals seit Jahren die amerikanischen
Was heute sonst noch wichtig ist
Klingbeil plant Verdreifachung des Wehretats bis 2029: Schon in vier Jahren sollen die Verteidigungsausgaben 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachen. Entsprechende Pläne aus dem Finanzministerium wurden jetzt bekannt. Das bedeutet auch deutliche höhere Schulden.
Fachverband erwartet fast 130.000 weniger neu gebaute Mietwohnungen: Die Zahl neu gebauter Wohnungen könnte deutlich geringer ausfallen als 2024 und 2023. Der Bundesverband Deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen fordert jetzt eine EU-Notverordnung.
Staatsanwaltschaft stellt Ermittlungen nach Tod von Eisbach-Surferin ein: Nach dem tödlichen Unfall einer 33-Jährigen an der Eisbachwelle im Englischen Garten in München geht die Staatsanwaltschaft von einem Unfall aus. Die Stadt München muss nun entscheiden, ob die Welle wieder geöffnet wird.
Rüdiger soll von Gegenspieler rassistisch beleidigt worden sein: Antonio Rüdigers Comeback bei der Klub-WM ist überschattet worden: Der DFB-Spieler wurde nach eigenen Angaben rassistisch beschimpft. Der Kapitän des mexikanischen Klubs Pachuca weist den Vorwurf zurück, zumindest teilweise.
Meine Lieblingsgespräch heute: Trans Autorin über die USA unter Trump

Autorin Peters: »Wir schaffen gute Kunst. Wir sind witzig«
Foto:Paul Wennerholm / TT / picture alliance
Die US-Amerikanerin Torey Peters hat mit »Detransition, Baby« einen gefeierten Roman übers Transsein geschrieben. Ihr neues Buch erscheint in einer Zeit, in der in ihrer Heimat viele Menschen versuchen, Transrechte wieder abzuschaffen. Im Interview mit meiner Kollegin Alana Tongers überraschte Peters immer wieder mit eher optimistischen Antworten wie dieser: »Ich will Repression nicht schönreden. Aber sie führt auch dazu, dass Menschen zusammenrücken.«
Lesen Sie hier das ganze Gespräch: »Ich will dem, was diese Clowns sagen, keinen ideologischen oder emotionalen Wert beimessen«
Was heute weniger wichtig ist

Miley Cyrus und ihr Vater Billy Ray auf einem Pressefoto 2021
Foto: Peacock / NBCU Photo Bank / Getty ImagesWe are family: Billy Ray Cyrus, 63, Vater der Sängerin Miley Cyrus, 32, ist mit seiner neuen Partnerin, der Schauspielerin Liz Hurley, 60, bei der Albumvorstellung seiner Tochter in London aufgetaucht. Es ist das erste Mal, dass sich das Paar und die Sängerin gemeinsam in der Öffentlichkeit zeigen. Mit dabei war außerdem Hurleys Sohn Damian, 23. Unter ein Foto, das ihn und Miley Cyrus zeigt, schrieb Liz Hurley bei Instagram: »Die Babys sind ganz erwachsen«.
Mini-Hohlspiegel

Aus der »Frankfurter Rundschau«

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»Ja gut, das war im Rückblick natürlich nicht ganz glücklich, was wir mit Naddel gemacht haben«, beginnt meine Kollegin Anja Rützel ihre Rezension über das Buch »Girl vs. Girl: Wie Popkultur Frauen gegeneinander aufbringt« von Sophie Gilbert. Darin zeichnet die US-Autorin nach, wie zu Beginn des Jahrtausends viele Frauen aus Musik, Fernsehen und Mode zum Abschuss freigegeben, das Ganze aber als Empowerment verkauft wurde. Wenn man Gilbert liest, kommen tatsächlich unangenehme Erinnerungen an diese Zeit hoch, als man Stars wie Britney Spears, Paris Hilton oder Lindsay Lohan einfach nur peinlich fand. Und keine Sekunde darüber nachdachte, woher die Sicherheit in meinem Urteil kam. Vielleicht geht es Ihnen bei der Lektüre ja ähnlich. (Lesen Sie hier mehr: Der Busen-Bait der Popkultur .)
Einen schönen Abend. Herzlich
Ihre Laura Backes, Autorin