News des Tages: Abschiebung nach Afghanistan, Frauke Brosius-Gersdorf, Epstein-Skandal

vor 4 Stunden 1

1. An die Zugspitze der Bewegung

Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) traf sich heute mit Amtskollegen aus mehreren Nachbarstaaten zu Gesprächen über das Thema Migration – auf dem Gipfel der Zugspitze. »Zugspitz-Summit« nennt sein Ministerium die Veranstaltung, um von dort »wichtige Impulse für eine härtere europäische Migrationspolitik zu geben«.

 Komplizierte Geheimverhandlungen

Abschiebeflug nach Afghanistan am Freitagmorgen in Leipzig: Komplizierte Geheimverhandlungen

Foto:

Thomas Victor / DER SPIEGEL

Während auf der Zugspitze diskutiert wird, wird in Leipzig schon abgeschoben. Deutschland schickt erstmals seit Beginn der Regierungskoalition unter Kanzler Friedrich Merz afghanische Straftäter per Charterflug zurück. Am Morgen startete ein Airbus A330 von Qatar Airways vom Flughafen Leipzig nach Kabul, mit 81 ausreisepflichtigen Afghanen, darunter viele Gewalt- und Sexualstraftäter. Einige erhielten bis zu 1000 Euro Handgeld zur Absicherung gegen Verelendung nach Rückkehr. Das ist rechtlich vorgeschrieben (hier mehr dazu ).

Wochenlang liefen geheime Verhandlungen. Deutschland wollte nicht direkt mit den Taliban sprechen, sondern mit Katar, das über enge Kontakte zum Regime verfügt. Bereits 2024 startete ein erster Abschiebeflug unter dem damaligen Kanzler Scholz (hier der Blick ins Archiv dazu). Für den aktuellen Flug war Merz’ Sicherheitsberater federführend. Die Taliban signalisieren Bereitschaft zu Abschiebungen, wenn Berlin erste Schritte zu einer diplomatischen Anerkennung macht.

Berlin prüft nun, einen von den Taliban entsandten Geschäftsträger anzuerkennen, berichten meine Kollegen Matthias Gebauer, Paul-Anton Krüger und Roman Lehberger. Eine formale Anerkennung wäre das aber nicht. Der Flug ist ein Testlauf für künftige regelmäßige Abschiebungen. Etwa 11.000 ausreisepflichtige Afghanen sind in Deutschland registriert.

Die Bundesregierung steht unter Druck, Abschiebungen umzusetzen. Im Wahlkampf war das eines der zentralen Versprechen der Union. Menschenrechtsbedenken und Haftbefehle gegen Taliban-Führer stehen dem gegenüber. Dobrindt forderte direkte Verhandlungen mit Kabul, das Kanzleramt hält das aber für zu ambitioniert.

2. Vorbild Dobrindt

Was für ein fürsorglicher Innenminister: Wie er es im Amtseid schwor, will Alexander Dobrindt (CSU) nur Schaden vom deutschen Volke wenden. Zum Volk gehört auch die Rechtswissenschaftlerin Frauke Brosius-Gersdorf. Sie ist eine der Kandidatinnen für neue Richterposten am Bundesverfassungsgericht, deren Wahl wegen diverser – teils inszenierter – Kontroversen scheiterte (hier mehr dazu ).

Jetzt legte Dobrindt ihr den Rückzug nahe, vermeintlich um sie zu schützen. »Frau Brosius-Gersdorf macht sich bestimmt Gedanken, wie sie mit dieser Situation umgeht«, sagte Dobrindt in der »Augsburger Allgemeinen«. »Als Bewerberin für eine Position im Verfassungsgericht hat man wohl kaum die Intention, die Polarisierung in der Gesellschaft weiter zu befördern.« Um dann wie sein Parteichef Markus Söder zu folgern, dass ein Verzicht ihrem Ansehen und dem des Bundesverfassungsgerichts nur nützen könne.

Anders als Brosius-Gersdorf hat sich Dobrindt schon eine Reihe von Fehltritten geleistet. Als Verkehrsminister wurde er dafür kritisiert, Ermittlungen in der Dieselaffäre nicht konsequent vorangetrieben und Ergebnisse von Untersuchungen teilweise zurückgehalten zu haben. Er erfand die »Ausländermaut«, die vor Gericht als unzulässig eingestuft wurde. Als Innenminister ordnete er verschärfte Grenzkontrollen und Zurückweisungen von Asylsuchenden an. Auch das wurde von Gerichten wiederholt als rechtswidrig eingestuft.

Rücktrittforderungen gegen Dobrindt gab es während seiner gesamten Karriere als Politiker. Sie perlten immer an ihm ab. Vielleicht sollte sich Brosius-Gersdorf Dobrindt wirklich zum Vorbild nehmen.

3. Trump und seine »wunderbaren Geheimnise«

Donald Trump hat sich demonstrativ hinter seine Justizministerin Pam Bondi gestellt und sie öffentlich als »fantastisch« gelobt. Bondi hatte jüngst ein Memo veröffentlicht, das angeblich keine neuen Erkenntnisse zum Tod des New Yorker High-Society-Moguls Jeffrey Epstein brachte. Daraufhin brach innerhalb der MAGA-Bewegung Protest los: FBI-Vizedirektor Dan Bongino drohte wütend mit Rücktritt, rechte Stimmen forderten, Bondi müsse gehen.

Jetzt berichtet das »Wall Street Journal« über einen anzüglichen Brief, den Trump an Epstein geschrieben haben soll. Der Brief zu Epsteins 50. Geburtstag mit Trumps Namenszug enthält mehrere Zeilen maschinengeschriebenen Text, umrahmt von der Silhouette einer nackten Frau, offenbar mit einem dicken Filzstift handgezeichnet. Zwei kleine Bögen deuten die Brüste der Frau an, und die künftige Präsidenten-Signatur – ein kringeliges »Donald« – befindet sich unterhalb der Taille der Frau, ganz so, als solle sie Schamhaar darstellen. Der Brief endet mit: »Happy Birthday – und möge jeder Tag ein weiteres wunderbares Geheimnis sein.«

Trump bestreitet, den Brief geschrieben oder die Zeichnung angefertigt zu haben. Elon Musk spekulierte, Bondi könne Trump über seinen Namen in den Akten informiert haben, der verneint das. Mein Kollege Cornelius Diekmann berichtet, wie Trump die Verantwortung nun auf Bondi abwälzt. Gut möglich, dass der Epstein-Sturm sie als Erste aus dem Amt fegen wird.

Was heute sonst noch wichtig ist

  • Spahn weit unten – Zuspruch für Dobrindt: Die erste SPIEGEL-Politikertreppe nach dem Regierungswechsel weist einen Aufsteiger und einen eindeutigen Verlierer aus, beide gehören der Unionsfraktion an. Das neue Personal in Berlin müssen viele Befragte erst noch kennenlernen.

  • Polnisches Gericht verurteilt drei Ärzte, weil sie Schwangere nicht behandelten: 2021 hätte ein Schwangerschaftsabbruch der 30-jährigen Izabela das Leben retten können, doch polnische Ärzte verweigerten den Eingriff. Eine Fehlentscheidung, sagen jetzt die Richter.

  • Porsche-Chef Blume kündigt neues Sparprogramm an: Drohende Zölle und Schwierigkeiten in China machen Porsche schon länger zu schaffen, hinzu kommen hausgemachte Probleme. Zuletzt fielen bereits Stellen weg. Nun haben die Beschäftigen Post vom Chef bekommen.

  • Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Mbappé nach Zahlungen an Polizisten: 180.300 Euro sollen Polizeibeamte per Scheck von Fußballstar Kylian Mbappé erhalten haben. Jetzt beschäftigt sich die französische Justiz mit der Frage: War das Geld eine Spende oder illegale Bezahlung?

Was wir heute bei SPIEGEL+ empfehlen: Der Sturz

Felix Baumgartner 2013

Felix Baumgartner 2013

Foto:

Barbara Gindl / APA / dpa

Der Extremsportler Felix Baumgartner wurde 2012 der Weltöffentlichkeit bekannt, als er vom österreichischen Brausehersteller Red Bull gesponsert aus der Stratosphäre sprang. Kurz nach der Aktion hatten mein Kollege Lukas Eberle und ich die Gelegenheit, ihn in New York zu interviewen (hier das Gespräch ). Was mich damals schon beeindruckte, war, wie abgeklärt er mit dem Risiko umging. Er segnete vor dem Sprung seine eigene Todesmeldung ab, für den Fall, dass etwas passieren würde. »Als Profi musst du dich zumindest damit beschäftigen«, sagte er damals. »Das ist wie mit Kopfschmerztabletten im Urlaub. Hat man sie dabei, braucht man sie nicht. Hat man sie vergessen, hat man garantiert eine Woche Dauerkopfschmerz.«

Nun ist Baumgartner mit seinem motorisierten Paraglider in den Swimmingpool einer Hotelanlage in Italien gestürzt und gestorben. Mein Kollege Peter Ahrens schreibt in seinem Nachruf: »Er hat Menschen fasziniert, er hat genauso Menschen verstört.«

Was heute weniger wichtig ist

Foto:

Tiktok @instaagraace

Hotplay: Wie bei vielen Konzerten üblich, gab es auch bei einem der vergangenen Coldplay-Konzerte eine Publikumskamera, die singende und feiernde Fans auf einer riesigen Leinwand zeigte. Chris Martin, 48, Sänger der Band, entdeckte ein Pärchen, bei dem wohl zumindest der Mann mit einer anderen verheiratet ist. Die beiden duckten sich sofort weg. »Oh, also entweder die beiden haben eine Affäre oder sie sind sehr, sehr schüchtern.« Es handelte sich mutmaßlich um den CEO eines amerikanischen Software-Start-ups und die Personalchefin derselben Firma.

Mini-Hohlspiegel

Hinweis an einer Tankstelle in Unterhaching (Bayern)

Hinweis an einer Tankstelle in Unterhaching (Bayern)

Entdecken Sie hier noch mehr Cartoons.

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Klaus Stuttmann

Könnten Sie den neuen SPIEGEL lesen, der – wie Sie vielleicht inzwischen wissen – immer schon freitags erscheint. Meine Lieblingsgeschichte darin ist Frauke Hunfelds Reportage über das Berliner Landesamt für Einwanderung, gemeinhin auch Ausländerbehörde genannt (hier der Text ). Es ist die größte in Deutschland, und Frauke beschreibt, wie versucht wird, die wirre Wirklichkeit mit den wirren Regeln des Ausländerrechts in Einklang zu bringen.

Ich wünsche Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre und ein schönes Wochenende. Herzlich

Ihr Janko Tietz, Ressortleiter Nachrichten

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