Neue Bundesregierung: Kanzleramtschef Frei will AfD nicht verbieten, sondern „politisch bekämpfen“

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Wichtige Updates

Union: Keine Unterstützung für AfD-Vorsitz in Ausschüssen

Prien: Wir müssen Einstieg in Pflegegeld als Lohnersatz schaffen 

Heil zum Bürgergeld: „Hatte andere Hoffnung“ 

Nur eine Frau im Koalitionsausschuss der schwarz-roten Koalition

Klingbeil ermahnt Kabinettskollegen zu Einsparungen 

Juri Auel

Kanzleramtschef Frei: AfD muss politisch bekämpft werden 

Kanzleramtschef Thorsten Frei hat in der Debatte um ein Verbotsverfahren gegen die AfD zu „äußerster Vorsicht“ gemahnt. Er warne vor der Fehlvorstellung, dass die Einordnung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch in irgendeiner Weise reiche, um am Ende zu einem Parteiverbot vor dem Bundesverfassungsgericht zu kommen, sagte der CDU-Politiker in der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“.

Er persönlich glaube nicht, dass man eine Partei wie die AfD mit juristischen Mitteln bekämpfen könne, betonte Frei. Das gehe letztlich nur politisch. Die AfD sei bei der letzten Bundestagswahl von zehn Millionen Menschen gewählt worden in Deutschland. „Die wären durch ein Parteiverbot ja nicht plötzlich weg.“ Am effektivsten ist nach den Worten Freis, „dass wir die offensichtlichen Probleme und Herausforderungen in Deutschland lösen“.

Die Rufe nach der Einleitung eines Verbotsverfahrens waren lauter geworden, nachdem das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD Anfang Mai zur „gesichert rechtsextremistischen Bestrebung“ hochgestuft hatte. Dagegen setzt sich die Partei mit einem Eilantrag zur Wehr.
Bis zu einer Entscheidung des zuständigen Verwaltungsgerichts Köln legte der Inlandsgeheimdienst die neue Einstufung auf Eis und führt die AfD erst einmal weiter nur als sogenannten Verdachtsfall. 

Kassian Stroh

Union: Keine Unterstützung für AfD-Vorsitz in Ausschüssen

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird nach Ansicht ihres neuen Parlamentarischen Geschäftsführers keine AfD-Abgeordneten zu Ausschussvorsitzenden im Bundestag wählen. „Unsere Empfehlung an die Ausschussmitglieder ist … mit Nein zu stimmen“, sagte Steffen Bilger. „Wir gehen davon aus, dass keiner der AfD-Kandidaten Vorsitzender wird.“

Die AfD hat – entsprechend ihrem Anteil an Bundestagsmandaten – die Führung in sechs Ausschüssen zugesprochen bekommen. Sie schlägt für diese also Kandidatinnen oder Kandidaten vor, die Wahl erfolgt dann in den Ausschüssen geheim. 

Die Ablehnung von AfD-Kandidaten hat der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz, damals noch nicht als Kanzler gewählt, vor zwei Wochen bereits angedeutet. Nachdem bekannt geworden war, dass der Bundesverfassungsschutz die gesamte Partei als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ einstuft, sagte er, nun sei es „auch für mich unvorstellbar, dass Abgeordnete im Deutschen Bundestag AfD-Abgeordnete zu Ausschussvorsitzenden wählen“. 

Diese Frage ist umstritten. Der jetzige Unionsfraktionschef Jens Spahn hatte generell dafür geworben, mit der AfD im Parlamentsbetrieb so umzugehen wie mit anderen Oppositionsparteien auch. Zugleich versprach er, in dieser Frage gemeinsam mit der SPD zu agieren, die die Wahl von AfD-Kandidaten ablehnt. Dies haben nun auch CDU und CSU als Position übernommen – und diese Festlegung gelte auch für die Wahl der Stellvertreter, die noch nicht terminiert ist, sagte Bilger.

Kassian Stroh

Grüne legen Gesetzentwurf für mehr Mieterschutz vor

Die Grünen-Fraktion im Bundestag will die Regierung mit einem eigenen Gesetzentwurf gegen steigende Mieten in Bedrängnis bringen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung wird sie heute einen Entwurf für ein „Faire-Mieten-Gesetz“ beschließen und ihn noch diese Woche in den Bundestag einbringen. Das Papier sieht unter anderem deutliche Verschärfungen der Mietpreisbremse und der Voraussetzungen für eine Eigenbedarfskündigung vor. Indexmieten sollen stärker als bisher begrenzt und das mögliche Bußgeld für Mietwucher von 50 000 auf 100 000 Euro verdoppelt werden.

Die Grünen warnen vor den gesellschaftlichen Folgen des Mieten-Problems in Deutschland. „Es ist sozialer Sprengstoff, wenn die Menschen aus ihren Wohnquartieren verdrängt werden“, sagte der Bundestagsabgeordnete und frühere Hamburger Justizsenator Till Steffen. Die neue Regierung müsse beim Schaffen von bezahlbarem Wohnraum liefern.

Alle Einzelheiten der grünen Reformvorschläge im Mietrecht erläutert Markus Balser aus dem Berliner SZ-Büro (SZ Plus): 

Juri Auel

Prien: Wir müssen Einstieg in Pflegegeld als Lohnersatz schaffen 

Aus Sicht von Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU) sollte pflegenden Angehörigen ein Pflegegeld als Lohnersatz gezahlt werden. „Es wird mit unserer demografischen Entwicklung nicht möglich sein, dass Pflege allein von Fachkräften geleistet wird“, sagte Prien den Zeitungen der Funke-Mediengruppe zur Begründung und ergänzte: „Deshalb müssen wir einen Einstieg in ein Pflegegeld als Lohnersatz für pflegende Angehörige schaffen.“ Indes nannte sie als Vorbehalt die wirtschaftliche Entwicklung.

„Wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass sich die wirtschaftliche Lage verbessert. Aber auch, wenn das klappt, wird man Schwerpunkte setzen müssen“, sagte Prien. Und oberste Priorität habe für sie mehr Chancengerechtigkeit für Kinder und Jugendliche. Im schwarz-roten Koalitionsvertrag heißt es dazu: „Wir prüfen, wie perspektivisch ein Familienpflegegeld eingeführt werden kann.“ Die Ministerin sagte, zum Einstieg seien „viele Varianten denkbar“: „Man kann über die Bezugsdauer reden, über die Höhe, über eine soziale Staffelung.“

Juri Auel

Heil zum Bürgergeld: „Hatte andere Hoffnung“ 

Der ehemalige Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat in begrenztem Umfang Fehler und enttäuschte Hoffnungen durch das Bürgergeld eingeräumt. „Da ist nicht alles gut gelaufen“, sagte Heil in der ARD-Talkshow „Maischberger“. „Ich hatte eine andere Hoffnung, als wir das damals mit CDU/CSU, mit SPD und Grünen gemeinsam ja beschlossen hatten, nämlich dass wir die elende Debatte um Grundsicherung ein bisschen entgiften.“ Die Gesellschaft sei polarisiert gewesen zwischen denen, die alle Bedürftige unter Generalverdacht stellen, und jenen, die jede Mitwirkungspflicht als Anschlag auf die Menschenwürde ablehnten. „Was die gesellschaftliche Entpolarisierung betrifft“, sei das Bürgergeld anders als von ihm angekündigt nicht zu einer der größten Sozialreformen für Jahrzehnte geworden.

In der Sache räumte Heil nur einen konkreten Fehler des Gesetzes ein. „Es war falsch im Nachhinein – es war eher eine Idee der Grünen, aber es war Teil des Kompromisses – dass wir ein Sanktionsmoratorium hatten.“ Es brauche Mitwirkungspflichten. Ansonsten verwies der damalige Minister auch auf ungünstige Umstände. Er nannte etwa die hohe Inflation nach dem russischen Angriff auf die Ukraine. Das sei der Grund für eine starke Erhöhung des Bürgergelds gewesen, die gesellschaftlich verstört habe.

Union und SPD wollen in ihrer neuen Regierung das Bürgergeld zu „einer neuen Grundsicherung für Arbeitssuchende“ umgestalten und die Regeln deutlich verschärfen. Die Union hatte das Bürgergeld im Wahlkampf heftig kritisiert, weil es zu wenig Anreize zur Arbeitssuche schaffe. 

Newsdesk

Nur eine Frau im Koalitionsausschuss der schwarz-roten Koalition

Die Besetzung des Koalitionsausschusses der Bundesregierung nimmt Gestalt an. Nachdem CSU-Chef Markus Söder am Vormittag in einer CSU-Vorstandssitzung bekanntgegeben hatte, wer für seine Partei in dem wichtigsten informellen Entscheidungsgremium der Koalition sitzen werde, zeichneten sich auch die Besetzungen auf SPD- und CDU-Seite ab.

Für die CSU werden demnach Söder, Landesgruppenchef Alexander Hoffmann sowie Bundesinnenminister Alexander Dobrindt dem Gremium angehören. Aus SPD-Kreisen war zu hören, dass für die Sozialdemokraten die beiden Parteivorsitzenden und der Fraktionsvorsitzende Teil der Runde sein würden – derzeit also Lars Klingbeil und Saskia Esken sowie Matthias Miersch. 

Die CDU-Seite hat ihre Besetzung noch nicht bekanntgegeben. Allerdings zeichnet sich ab, dass es neben Parteichef und Kanzler Friedrich Merz auf Fraktionschef Jens Spahn sowie Generalsekretär Carsten Linnemann hinauslaufen dürfte.

Hinzu kämen womöglich noch zwei weitere Teilnehmer, die formal nur organisatorische Rollen hätten: Finanzminister Klingbeil würde als Vizekanzler einen Staatssekretär aus seinem Ministerium mitbringen, Merz seinen Kanzleramtschef Thorsten Frei. Sollte es bei diesem Tableau bleiben, hätte das zur Folge, dass nur eine einzige Frau dem Gremium angehören würde: SPD-Chefin Saskia Esken beziehungsweise nach dem SPD-Parteitag ihre designierte Nachfolgerin Bärbel Bas.

Kassian Stroh

Söder will Bundespolizei personell verstärken

CSU-Parteichef Markus Söder hält eine Aufstockung der Bundespolizei zur langfristigen Sicherung der deutschen Außengrenzen für notwendig. „Wir sind der festen Überzeugung, dass die Grenzkontrollen, wie sie jetzt stattfinden, insgesamt eine Wirkung haben in ganz Europa und damit auch das gesamte Migrationsgeschehen neu strukturiert wird“, sagte Söder nach einer Sitzung seines CSU-Parteivorstands. Das Personal der Bundespolizei müsse verstärkt werden. „Und zwar nicht nur an der Grenze, sondern auch weiter an den Bahnhöfen“, erklärte Söder. 

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat eine Verschärfung der Grenzkontrollen angeordnet; die Polizeigewerkschaften sind der Meinung, dass dies ohne zusätzliches Personal dauerhaft nicht machbar sei. 

Kassian Stroh

Bund will wieder Geflüchtete nach Griechenland abschieben

Die Bundesregierung will Geflüchtete wieder verstärkt nach Griechenland abschieben. Dies war in den vergangenen Jahren wegen der fragwürdigen Menschenrechtslage im griechischen Asylsystem weitgehend ausgesetzt. Die neue Praxis betrifft Geflüchtete, die in Griechenland bereits als Schutzsuchende registriert sind. Der Plan sieht auch Leistungskürzungen und sogar -streichungen vor, wenn die Betroffenen Deutschland trotz Aufforderung nicht verlassen. So geht es aus einem Schreiben des Bundesinnenministeriums an die Länder von Anfang Mai hervor, das der SZ vorliegt.

Treffen soll der Plan besonders „junge, alleinstehende, gesunde und arbeitsfähige Männer“, heißt es in dem Brief. Ausgenommen werden vulnerable Gruppen wie Familien, Frauen und Kinder oder auch erkrankte und ältere Männer. Das Schreiben wurde verschickt, noch bevor Alexander Dobrindt (CSU) das Innenministerium übernahm; es deckt sich aber mit dem Kurs der neuen Regierung in der Asylpolitik.

Alle Details zu den geplanten Abschiebungen von Markus Balser aus dem Berliner SZ-Büro:

Kassian Stroh

Debatte über Arbeitszeit: Linken-Chef wirft Merz „Gepöbel“ vor

Die Linke fordert ein Verbot unbezahlter Überstunden. „Das geht einfach nicht mehr, dass Leute umsonst arbeiten und sich dabei kaputt machen“, sagte Parteichef Jan van Aken. Er bezog sich auf Gewerkschaftsangaben, wonach die Hälfte von 1,2 Milliarden Überstunden in Deutschland im vergangenen Jahr nicht bezahlt worden sein sollen.

Bundeskanzler Friedrich Merz hatte zuletzt gesagt, mit Work-Life-Balance und einer Vier-Tage-Woche, wie von Gewerkschaften und der Linken gefordert, könne man in Deutschland den Wohlstand nicht erhalten. Van Aken wies dies scharf zurück: „Merz pöbelt jetzt was von Work-Life-Balance, und mit diesem Gepöbel, da zündelt er wirklich irgendwie mit dem Feuer. Das Thema Arbeitszeit, da ist so viel sozialer Sprengstoff drin.“ 

Der Linken-Vorsitzende bezog dies auch auf Pläne der Koalition, eine wöchentliche statt einer täglichen Höchstarbeitszeit einzuführen. Flexiblere Arbeitszeiten solle es nur da geben, wo es Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nütze, sagte van Aken. Genau das sei das Ziel, beteuerte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann: Es gehe explizit nicht darum, die wöchentliche Arbeitszeit auszuweiten. „Es geht darum, dass die wöchentliche Arbeitszeit bleibt und gleichzeitig die tägliche Arbeitszeit ausgeweitet werden kann“, sagte Linnemann. Das gebe Betrieben wie Beschäftigten mehr Flexibilität.

Kassian Stroh

Söder, Dobrindt und Hoffmann für die CSU im Koalitionsausschuss

Parteichef Markus Söder wird die CSU gemeinsam mit Bundesinnenminister Alexander Dobrindt und Landesgruppenchef Alexander Hoffmann im Koalitionsausschuss vertreten, nicht aber Generalsekretär Martin Huber. Das teilte Söder bei einer CSU-Vorstandssitzung mit, wie die Deutsche Presse-Agentur unter Berufung auf Sitzungsteilnehmer berichtet. Huber habe auf eine Präsenz in dem Gremium verzichtet. 

Die drei Koalitionspartner CDU, CSU und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, sich mindestens einmal monatlich in dem Ausschuss zu treffen. Dort sollen unter anderem interne Konflikte geklärt werden. Deshalb soll die Runde auch immer dann zusammenkommen, wenn einer der Partner das will.

Juri Auel

Klingbeil: SPD hat Charakter als Arbeiterpartei verloren 

Die SPD hat nach den Worten ihres Vorsitzenden Lars Klingbeil ihre Rolle als Partei der Arbeitnehmerschaft verloren. „Uns ist der Charakter als Partei der Arbeit abhandengekommen. Als Partei, die für Menschen da ist, die Leistung zeigen im Job, in der Familie oder auch im Ehrenamt“, sagte Klingbeil dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die Menschen müssten wieder sehen, dass die SPD sich um ihre Belange kümmere. „Mir ist auf jeder Wahlkampfveranstaltung entgegengeschlagen, dass wir uns angeblich nur um das Bürgergeld kümmern. Diesem Eindruck müssen wir doch entgegentreten“, sagte Klingbeil. In der schwarz-roten Koalition werde die SPD alles dafür tun, „dass Arbeitsplätze sicher sind und die Wirtschaft ans Laufen kommt“.

Das Wahlergebnis von 16,4 Prozent nannte Klingbeil „katastrophal“. Die SPD bleibe aber eine Volkspartei. Das sei vor allem eine Haltungsfrage und keine Prozentfrage. „Wir wollen unsere Gesellschaft zusammenbringen, Brücken bauen, das Land als Ganzes sehen.“ Bei der Bundestagswahl hatte die Partei ihr schlechtestes Ergebnis bei einer nationalen Wahl seit 138 Jahren eingefahren. Klingbeil hatte unmittelbar nach der Wahlschlappe zunächst nach dem Fraktionsvorsitz gegriffen. In der neuen Regierung mit der Union ist er nun Vizekanzler und Finanzminister. Auf dem SPD-Parteitag im Juni kandidiert er erneut als SPD-Chef. Co-Chefin will die jetzige Arbeitsministerin Bärbel Bas werden und damit Saskia Esken ablösen.

Für Klingbeil könnten die Regierungsämter auch das Sprungbrett für eine Kanzlerkandidatur 2029 sein. Auf die Frage danach sagte der 47-Jährige: „Es ist überhaupt nicht der Zeitpunkt, sich jetzt über die nächste Bundestagswahl Gedanken zu machen. Mein Anspruch ist, dass ich meinen Job gut mache. Meine Messlatte ist, dass die Bürgerinnen und Bürger sagen, das ist richtig, dass er der Finanzminister ist.“

Juri Auel

Klingbeil ermahnt Kabinettskollegen zu Einsparungen 

Der neue Bundesfinanzminister Lars Klingbeil will statt gezielter Kürzungen von allen Ministerien Einsparungen einfordern. Der Haushaltsentwurf für 2025 solle am 25. Juni im Kabinett beschlossen werden, sagte der SPD-Co-Chef dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Als Finanzminister werde ich darauf drängen, dass jedes Ministerium Einsparungen vorbringt. Sich zurückzulehnen, weil wir das 500-Milliarden-Sondervermögen für Infrastruktur haben und die Verteidigungsausgaben jetzt von der Schuldenbremse ausgenommen sind, geht nicht.“

Die vorherige Ampel-Regierung ist maßgeblich am Streit über den Haushalt und die Schuldenbremse zerbrochen. Die neue Koalition aus Union und SPD hat bereits das Grundgesetz geändert, um deutlich mehr investieren zu können. Gleichzeitig wurden aber auch Reformen und eine Konsolidierung des Haushalts vereinbart. 

Der alte Bundestag hatte wegen der vorgezogenen Neuwahl keinen Haushalt für dieses Jahr mehr beschlossen. Die Bundesregierung arbeitet daher mit einer vorläufigen Haushaltsführung. Deshalb drängt die Zeit beim Haushalt 2025. Der Beschluss ist für September geplant. Auch der Etat für 2026 steht bald an, er soll bis Jahresende beschlossen sein.

Juri Auel

Wehrbeauftragte Högl: „Form von Pflicht“ bei geplantem Wehrdienst könnte nötig sein

Der geplante Wehrdienst in Deutschland wird nach Worten der scheidenden Wehrbeauftragten des Bundestages, Eva Högl (SPD), nicht ohne „eine Form von Pflicht auskommen werden“. Es sei gut, dass die Bundesregierung nicht die alte und seit 2011 ausgesetzte Wehrpflicht wieder einsetzen wolle, sagte Högl dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Das hätte unsere Bundeswehr überfordert. Einen ganzen Jahrgang junger Männer einzuziehen, könnte sie gegenwärtig nicht leisten. Es fehlt an Ausrüstung, Unterkünften und Ausbildern. Wenn der Aufwuchs mit Freiwilligkeit gelingt, das wäre gut.“ Wenn es nicht reiche, brauche es eine Pflicht.

Gegenwärtig könne nicht mit mehr als 5 000 Soldatinnen und Soldaten begonnen werden, erklärte Högl. „Aber 5 000 können nur ein erster Schritt sein. Die Zahl muss weiter aufgestockt werden.“ Die „offizielle Zielmarke“ seien 203 000 aktive Soldatinnen und Soldaten bis 2031, plus Reserve. „Seit Jahren haben wir rund 180 000 Soldatinnen und Soldaten, und der Aufwuchs gelingt bisher nicht. Personal zu gewinnen und Personal zu binden, ist derzeit die größte Aufgabe für die Bundeswehr.“

Högl sieht großen Handlungsbedarf hinsichtlich von Frauen in der Bundeswehr – und beklagt auch sexuelle Übergriffe in der Truppe. „Es fehlt noch immer an passenden Uniformen für Soldatinnen und an ausreichend sanitären Einrichtungen. Und leider gibt es auch sexuelle Übergriffe in der Bundeswehr. Wir haben jetzt seit über 20 Jahren Frauen in allen Teilen der Bundeswehr. Doch die Bundeswehr verfehlt das im Soldatinnen- und Soldatengleichstellungsgesetz festgelegte Ziel von 20 Prozent Frauen in den Streitkräften.“

Der Anteil liege seit Jahren bei 13 Prozent, „und auch das nur, wenn die rund 50 Prozent Frauenanteil im Sanitätsdienst mitgerechnet werden“. Auch gebe es zu wenige Frauen in Führungspositionen, sagte Högl. „Der Frauenanteil muss dringend aufwachsen. Deswegen hoffe ich, dass Frauen bei der Personalwerbung gezielt angesprochen werden.“ 

Kassian Stroh

Linnemann: Migrationsabstimmung angesetzt zu haben war ein Fehler

Ende Januar hat die CDU im Bundestag zusammen mit der FDP und der AfD im Bundestag für eine härtere Migrationspolitik gestimmt. Das löste heftige Kritik aus, es gab Demonstrationen und half nicht zuletzt der Linken, die diese Empörung politisch kanalisierte. Im Nachhinein bezeichnet es CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann nun als Fehler, diese Sitzungswoche Ende Januar abgehalten zu haben. Besser wäre es gewesen, wenn sie gar nicht angesetzt worden wäre, sagt er im Podcast Table Today. „Die ganze Woche hätte nicht stattfinden dürfen.” Denn die Abstimmung habe „zu einer Polarisierung geführt, die die linke Seite mobilisiert hat”.

Trotzdem sei es richtig gewesen, „wie wir entschieden haben“, sagt Linnemann. Inhaltlich stehe er weiter hinter den von der Union eingebrachten Vorschlägen. Wenn CDU und CSU dem nicht zugestimmt hätte, weil auch die AfD zustimmt, dann hätten die Rechtsextremisten spätestens nach dem tödlichen Anschlag von München im Februar daraus eine Kampagne gegen die Union gemacht. Angesichts der vorgezogenen Neuwahl wäre es aber besser gewesen, im November 2024 nur zwei Sitzungstage abzuhalten und dann nur noch Wahlkampf zu machen.

Ministerin Bas fordert bessere Arbeitsbedingungen für Frauen

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas pocht auf die Schaffung besserer Arbeitsbedingungen für Frauen, um ihre Erwerbstätigkeit zu steigern. „Die Arbeitgeber müssen die Arbeitswelt so gestalten, dass mehr Mütter in Vollzeit arbeiten können“, sagte die SPD-Politikerin der Bild am Sonntag. So könne auch die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden in Deutschland erhöht werden. „Jede zusätzliche Arbeitskraft und jede zusätzliche Arbeitsstunde bringt uns voran.“
 
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte vergangene Woche in seiner ersten Regierungserklärung die Bürger auf eine „gewaltige Kraftanstrengung“ eingeschworen, um das Land wieder wettbewerbsfähiger zu machen. „Wir müssen in diesem Land wieder mehr und vor allem effizienter arbeiten“, betonte er. 

Bas sagte der Zeitung, eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen „schaffen wir nur, wenn alle mitziehen“. Doch in Deutschland gebe es Frauen, die unfreiwillig in der Teilzeitfalle säßen. Sie wollten mehr arbeiten, könnten es aber nicht wegen fehlender Kinderbetreuung oder familienfeindlicher Arbeitsmodelle. „Insbesondere Frauen arbeiten dann oft weniger, verdienen schlechter und am Ende droht Altersarmut. Das ist ungerecht und da müssen wir ran.“ 

Die Regierung plane zwei Maßnahmen für mehr Erwerbstätigkeit von Frauen: „Wir setzen in der Koalition auf den Ausbau der Kinderbetreuung. Prämien für den Wechsel in Vollzeit vom Arbeitgeber fördern wir steuerlich.“

Nach Angaben des Arbeitsministeriums arbeiten nur 11 Prozent der berufstätigen Männer in Teilzeit, aber knapp 49 Prozent der berufstätigen Frauen, wie die Zeitung berichtet. Wenn die 9,3 Millionen Frauen in Teilzeit ihre Arbeitszeit um 10 Prozent steigern würden (rund zwei Stunden mehr pro Woche und Frau) entspräche dies laut Ministeriumsberechnungen einer halben Million zusätzlicher Vollzeitstellen.

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