Merz vertagt echte Reform : So sind die Renten sicher ... nicht finanzierbar

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Auf eines kann man sich in Deutschland scheinbar immer verlassen, selbst in Zeiten, in denen sich alles andere immer schneller verändert: die Rente. Auch die neue schwarz-rote Koalition verspricht zumindest hier Konstanz. „Die Rente bleibt über die Legislatur hinaus stabil“, heißt es in Zeile 68 des am Mittwoch vorgestellten Koalitionsvertrages.

Nach seiner Kehrtwende in der Finanzpolitik gab Friedrich Merz zu, mit dem milliardenschweren Schuldenpaket auch einen Kredit auf seine persönliche Glaubwürdigkeit genommen zu haben. Nachdem seine Pläne für eine Wirtschafts- und Migrationswende nun eher bescheiden ausfallen und zwei Drittel der Wählerschaft nicht überzeugen, hatte der wahrscheinlich nächste Bundeskanzler seinen Kreditspielraum offenbar voll ausgereizt. Für eine echte Rentenreform will Merz seine Kreditwürdigkeit nicht weiter gefährden.

Stattdessen verlegt auch die 26. Koalition das Problem in die Zukunft. Bis 2031 soll das Rentenniveau stabil bleiben. Das Eintrittsalter bleibt unangetastet. Weiter kann man nach 45 Beitragsjahren abschlagsfrei in Rente gehen. Mit Frühstart- und Aktivrente kommen neue, teure Pläne dazu. Viele fragen sich, wie Union und SPD das finanzieren wollen.

Manche Ökonomen werfen Schwarz-Rot vor, die demografische Alterung zu ignorieren. Merz tut das Gegenteil. Er weiß, dass über 40 Prozent der Wahlberechtigten 60 Jahre oder älter sind. Union und SPD haben bei der Bundestagswahl in dieser Altersgruppe 60 Prozent der Stimmen geholt. Sie sind die Hauptgläubiger von Merz‘ Glaubwürdigkeitskredit.

Auch bei der Rente setzt schwarz-rot deswegen vor allem auf kurzfristig attraktive statt auf langfristig tragfähige Maßnahmen – wohlgemerkt ohne überzeugendes Konzept, wie man sie finanzieren will. Die unambitionierten Rentenpläne der Koalitionäre sind auch das Ergebnis einer kalkulierten Abwägung, wem man noch mehr zumuten will: Beitragszahlern oder Rentenempfängern. Bis zur nächsten Wahl dürften sich Christ- und Sozialdemokraten damit wieder retten. Schließlich werden 2029 noch mehr zur Wahl zugelassene Menschen mindestens 60 Jahre alt sein.

Finanziell gerät das Rentensystem durch das alte und neue Versprechen sicherer Renten nur in noch weitere Schieflage. Schon heute geht mehr als ein Viertel des Bundeshaushalts für Rentenzuschüsse drauf. Künftig dürfte der Anteil noch steigen, wenn in fünf Jahren ein Rentner von statistisch nur noch 1,5 Beitragszahlern finanziert werden soll. Vor allem einer Gläubigerprüfung durch junge Menschen dürfte Merz mit seinem Rentenkonzept daher nicht standhalten.

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