Ein Treffen zwischen US-Außenminister Marco Rubio und Russlands Außenminister Sergej Lawrow zur Vorbereitung einer möglichen Zusammenkunft zwischen US-Präsident Donald Trump und Russlands Diktator Wladimir Putin ist offenbar zunächst abgesagt worden. Trump hatte nach einem Telefonat mit Putin am 16. Oktober auf seiner Plattform Truth Social geschrieben, Putin und er hätten sich „auf ein Treffen unserer hochrangigen Berater in der kommenden Woche geeinigt“. Dies sei auf US-Seite Marco Rubio, ergänzte der US-Präsident. US-Offizielle sagten Reuters am Freitag vergangener Woche, die Außenminister wollten sich am kommenden Donnerstag treffen.
Doch bei einem Telefonat zwischen Rubio und Lawrow am Montag gingen beider Vorstellungen offenbar zu weit auseinander, um sich zu treffen. Eine US-Quelle sagte dem US-Fernsehsender CNN, Russland habe sich von seiner Maximalposition in Sachen Ukraine nicht wegbewegt. In Moskau bestätigte Vize-Außenminister Sergej Rjabow, dass es kein Treffen geben werde, und versuchte gleichzeitig, dies herunterzuspielen.
„Wir waren nicht einmal in der Nähe eines Verständnisses über Fristen und den Ort eines solchen Treffens.“
„Man kann nicht absagen, was gar nicht vereinbart war. (…) Wir waren nicht einmal in der Nähe eines Verständnisses über Fristen und den Ort eines solchen Treffens“, sagte Rjabow laut der Agentur Interfax. Bisher gebe es lediglich „Vorbereitungen“ für ein Treffen Lawrow-Rubio. Ein Treffen Trumps und Putins rückt angesichts dieser Verzögerung erst einmal in die Ferne.
Das Gleiche gilt für verschärfte US-Sanktionen gegenüber Russland und seinen Verbündeten. Ein entsprechender Gesetzesvorschlag wird im US-Senat zwar von mehr als 80 Senatoren unterstützt. Doch John Thune, Führer der republikanischen Mehrheit im Senat, gab am Montag zu erkennen, dass das Sanktionspaket mindestens bis zum Ausgang des geplanten Treffens zwischen Trump und Putin auf Eis liege.
Russlands Diktator hat es in den vergangenen Monaten immer wieder verstanden, in Telefonaten mit Trump und durch Schmeicheleien und Gespräche mit Trumps engem Freund, dem Sondergesandten Steve Witkoff, Sanktionen oder andere Entscheidungen wie etwa eine Lieferung von Tomahawk-Marschflugkörpern an die Ukraine zu verhindern. Die New York Times zählte allein acht Telefonate zwischen Trump und Putin in diesem Jahr sowie fünf oft mehrstündige Treffen Putins mit Witkoff.
Umfrage: 82 Prozent der russischsprachigen Bevölkerung der Ukraine haben eine negative Sicht auf Russland
Der Sondergesandte kennt sich weder in Russland noch in der Ukraine aus, spricht kein Russisch und hat etliche Positionen Russlands übernommen. Beim Treffen des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij am vergangenen Freitag soll Witkoff der Washington Post zufolge am energischsten mit darauf gedrängt haben, dass Selenskij wie von Putin gefordert die gesamte Donbass-Region – die am besten befestigte des ganzen Landes – kampflos Russland überlässt. Witkoff argumentierte dabei offenbar auch mit dem Hinweis, der Donbass sei überwiegend russischsprachig.
Zwar ist dies zutreffend, doch identifizierten sich schon vor Ausbruch des Krieges in der Ostukraine 2014 die Mehrheit der Einwohner als Ukrainer. Umfragen zeigten danach übereinstimmend, dass sie Teil der Ukraine bleiben wollten, erläuterte etwa das Nachrichtenportal Babel. Eine Ende Mai 2025 veröffentlichte Umfrage des Kiewer Rasumkow-Zentrums ergab, dass heute 82 Prozent der russischsprachigen Bevölkerung der Ukraine eine negative Sicht auf Russland haben.
Im Telefonat mit Trump behauptete Putin offenbar, wie zuvor schon etwa Generalstabschef Walerij Gerassimow, Russland sei an allen Fronten auf dem Vormarsch und ein Sieg nur eine Frage der Zeit. Dem Institut für Kriegsstudien in Washington (ISW) zufolge arbeitet Moskau dabei mit bewussten Falschangaben über Fantasieoffensiven etwa in der Region Cherson oder übertreibt in Wahrheit geringe Geländegewinne. CNN zufolge wollten Selenskij und seine Berater Präsident Trump dagegen anhand von detaillierten Frontkarten zeigen, dass Moskau kaum vorankommt. Doch daran sei Trump nicht interessiert gewesen.
Ein russischer Sieg ist laut ISW „alles andere als unvermeidbar“
Dem ISW zufolge lassen Kommentare anderer russischer Politiker wie etwa des Sekretärs von Russlands Nationalem Sicherheitsrat und Ex-Verteidigungsministers Sergej Schojgu über besetzte oder beanspruchte Gebiete der Ukraine als „historische Gebiete Russlands“ oder das Beharren von Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow auf Russlands „unveränderter“ Position erkennen, dass der Kreml weiter „einen vollständigen Sieg in der Ukraine gleich zu welchen Kosten“ wolle und „nichts als eine ukrainische Kapitulation akzeptiert“. Russland fordert umfangreiche Gebietsabtretungen, ukrainische Neutralität und Abrüstung zu einer Rumpfarmee bei gleichzeitigem Verzicht auf Nato-Mitgliedschaft und jede westliche militärische Unterstützung.
Dabei nennt das ISW einen russischen Sieg „alles andere als unvermeidbar“. Auch vor dem Hintergrund, dass Moskau in diesem Jahr noch einmal stark angestiegene Verluste zu verzeichnen hat. Am 6. Oktober veröffentlichte Kiew angebliche interne russische Dokumente über die russischen Verluste von Januar bis September 2025: Diese lagen demnach bei 281 550 Soldaten: 86 744 getötete Soldaten, 33 966 vermisste, 158 529 verwundete und 2311 gefangen genommene Soldaten.
Diese Zahlen erscheinen plausibel. Englands Militäraufklärung schätzte Russlands Verluste schon Anfang Mai auf 160 000 Soldaten seit Jahresbeginn 2025. Die ukrainischen Verluste sind bedeutend geringer und erhöhen sich zudem deutlich langsamer. Der auf die Analyse der ukrainischen Verluste spezialisierte Dienst ualosses.org geht von knapp 160 000 ukrainischen Verlusten für die gesamte Zeit seit Beginn der russischen Invasion am 24. Februar 2022 bis zum 9. September 2025 aus.
US-Präsident Trump sagte Reportern am Montag, in dem Telefonat mit Putin habe er ihn gebeten, Angriffe auf zivile Ziele einzustellen. Diese gehen in der Ukraine indes mit unverminderter Heftigkeit weiter – etwa auf Elektrizitätswerke, Bahnlinien und Züge oder Wohnhäuser. Derlei Angriffe gelten als Kriegsverbrechen.












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