Kosovo: Regierungschef Albin Kurti gewinnt Parlamentswahl klar – mögliches Ende der Regierungsblockade

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Die Partei von Ministerpräsident Albin Kurti hat nach Auszählung fast aller Stimmen bei der vorgezogenen Parlamentswahl im Kosovo ein Ergebnis von fast 50 Prozent erreicht.

Kurtis linksnationalistische Selbstbestimmungs-Partei (Vetevendosje, VV) kam bei der Abstimmung am Sonntag nach Angaben der Wahlkommission auf voraussichtlich 49,8 Prozent der Stimmen. Die Chancen des 50-Jährigen, die politische Blockade im Land zu beenden, sind damit nach den ersten Prognosen vom Sonntagabend noch einmal deutlich gestiegen.

Nach Auszählung von über 90 Prozent der Stimmen landete die rechtsgerichtete Demokratische Partei des Kosovo (PDK) mit etwas mehr als 21 Prozent auf Platz zwei. Dahinter folgt laut Wahlkommission die Mitte-rechts-Partei Demokratische Liga des Kosovo (LDK) mit fast 14 Prozent. Die konservative Allianz für die Zukunft (AAK) erreichte 5,7 Prozent der Stimmen.

Kurtis VV käme damit zwar nicht auf eine absolute Mehrheit, könnte aber 56 von 120 Parlamentsabgeordneten stellen und ihre Macht damit ausbauen. Bei der vorherigen Parlamentswahl im Februar hatte die VV 42 Prozent der Stimmen geholt. Seitdem ist das Parlament in Pristina blockiert, allein für die Wahl eines Parlamentspräsidenten wurden 50 Sitzungen benötigt. Versuche einer Regierungsbildung scheiterten.

Da die VV nun vermutlich nur wenige weitere Sitze benötigt, könnte Kurti im Verbund mit einigen Parteien der ethnischen Minderheiten eine Regierungsmehrheit erreichen, schrieb das Portal koha.net. Im kosovarischen Wahlsystem stehen der serbischen Minderheit zehn, den anderen Volksgruppen – unter ihnen Bosniaken, Türken und Roma – weitere zehn Mandate im 120-sitzigen Parlament zu.

Autokorsos und Feuerwerk in Pristina

Anhänger der Regierungspartei fuhren angesichts des starken Ergebnisses am Abend hupend in Autokorsos durch Pristina. Feuerwerksraketen erleuchteten den Himmel. »Nach fairen, demokratischen und freien Wahlen sind wir heute noch siegreicher als Anfang Februar«, sagte Kurti in einer kurzen Ansprache, die im Fernsehen übertragen wurde.

VV-Anhänger und Feuerwerk in Pristina

VV-Anhänger und Feuerwerk in Pristina

Foto: Georgi Licovski / EPA

Bereits bei seiner Stimmabgabe hatte er angekündigt, er werde »alles in unserer Macht Stehende tun, um so schnell wie möglich das Parlament zu bilden und mit der Bildung einer neuen Regierung fortzufahren.«

Frühere Regierungsbildungsversuche gescheitert

Die vorgezogene Wahl in diesem Jahr war notwendig geworden, weil es nach der letzten regulären Wahl am 9. Februar zu keinen klaren Mehrheitsverhältnissen gekommen war und sich Kurti mit keiner der Oppositionsparteien auf eine Koalition zu einigen vermochte.

Kurti versucht, den serbischen Einfluss im Kosovo zurückzudrängen, was bei vielen Kosovo-Albanern auf Zustimmung stößt, zugleich aber die Spannungen mit Belgrad verschärft. Die frühere serbische Provinz Kosovo hatte sich 2008 und damit knapp ein Jahrzehnt nach dem Kosovokrieg für unabhängig erklärt. Serbien erkennt die Unabhängigkeit bis heute nicht an.

Den Erfolg der Vetevendosje führten Kommentatoren laut der Nachrichtenagentur dpa auf das große Mobilisierungspotenzial der Partei zurück. Geholfen habe ihr auch der Wahltermin zwischen Weihnachten und Neujahr. In dieser Zeit besuchen viele Kosovaren, die im Ausland arbeiten, ihre Heimat. Diese Wählergruppe unterstützt in besonders hohem Maße die Vetevendosje.

Die Wahlbeteiligung lag bei 45 Prozent und damit etwas unter der vom Februar (46,6 Prozent). Das offizielle Endergebnis soll nach Auszählung der Stimmen der Exil-Kosovaren bekannt gegeben werden.

Ungewisse EU-Beitrittsperspektive

Das Kosovo hatte 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt. Die ehemalige serbische Provinz hatte sich nach einem bewaffneten Aufstand der UCK-Miliz und einer Nato-Intervention im Jahr 1999 aus dem zerfallenden Jugoslawien gelöst und von Serbien abgespalten. Serbien erkennt dies bis heute nicht an und beansprucht das Gebiet weiterhin für sich.

Für die EU gilt das Kosovo derzeit nur als potenzieller Beitrittskandidat. Der Grund dafür ist, dass fünf EU-Länder – Spanien, Griechenland, Zypern, Rumänien und die Slowakei – die Unabhängigkeit des Landes bislang nicht anerkannt haben.

Mit der Abschaffung der von der serbischen Regierung getragenen parallelen Institutionen im Norden des Landes, der an Serbien grenzt und der fast ausschließlich von Serben bewohnt ist, geriet Kurti zuletzt auch in Konflikt mit der EU. Brüssel befürwortet ein zurückhaltendes Vorgehen und belegte Pristina mit Strafmaßnahmen. Einen Teil davon nahm die EU jedoch in diesem Monat zurück.

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