
Ousmane Dembélé erzielte das 2:0 gegen Real Madrid
Foto:Timothy A. Clary / AFP
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Press to impress: Man wollte Raúl Asencio seinen Riesenpatzer fast nachsehen. Klar, der 22-Jährige hatte gerade nicht nur eine harmlose Flanke Desiré Doué abgefangen, sondern auch einen kolossalen Stockfehler folgen lassen, den Ousmane Dembélé tief im Sechzehner von Real Madrid zum Ballgewinn und Fabián Ruiz zum Führungstreffer nutzte (6. Minute). Aber Ascencio hätte ja auch gar nicht hier sein sollen. David Alaba – verletzt, Éder Militão – rekonvaleszent, Dean Huijsen – gesperrt, Xabi Alonsos Premium-Verteidiger waren unpässlich. Pech, also. Oder? Keine fünf Minuten später schlug auch der so erfahrene Antonio Rüdiger ein Luftloch, wieder war Real Dembélés unablässiger Pressingeifer zum Verhängnis geworden, und diesmal machte der Ballon d'Or-Favorit den Treffer selbst (9.). Dieser Stress hatte Methode. Und er war viel zu viel für die Spanier, die dem Klub-WM-Halbfinale an diesem Nachmittag nicht gewachsen waren.
Das Ergebnis: 4:0 (3:0) fegt Paris Saint-Germain über Real Madrid hinweg. Der Königsklassenprimus und die Königlichen, das sind derzeit zwei verschiedene Gewichtsklassen. Im Endspiel am Sonntag stellt sich PSG nun der FC Chelsea in den Weg (21 Uhr, Stream: DAZN). Fraglich, ob die Londoner Europas überragendem Team der letzten Monate gewachsen sind.
Macht das Licht aus: 15 Uhr in New Jersey. Das Thermometer zeigt wahrscheinlich 90 Grad, denn der US-Amerikaner misst in Fahrenheit. Auch hierzulande würden die 32 Grad Celsius eine stolze Sommerhitze bedeuten. Milde Temperaturen und die Klub-WM, das ging in den letzten Wochen im Grunde nie zusammen. Doch nicht nur das Wetter sorgt dafür, dass das Turnier bizarre Standards setzt. Man könnte sich die sehr amerikanischen Show-Elemente vor Spielbeginn – Stars, die einzeln und namentlich aufgerufen auf den Rasen laufen, Boxring-Ikone Michael Buffer – in Flutlichtatmosphäre bestimmt gut vorstellen. In der Sonne wirkte Buffer mit seinem »Let's get ready to rumble!« wie in Kirmes-Ansager, der noch Leute fürs Riesenrad begeistern möchte. Das Diktat des europäischen TV-Markts, es beißt sich mit der Zeitverschiebung.
MetLife crisis: Um 15.10 Uhr Ortszeit ging es dann los im MetLife Stadium. Und für die Madrider lief es schon zu diesem Zeitpunkt nicht Plan: Trent Alexander-Arnold hatte sich beim Aufwärmen verletzt, Fede Valverde füllte notgedrungen hinten rechts auf. Und schaute Paris beim Powerplay zu: Fabián Ruiz' Schlenzer ins lange Eck zwang Thibaut Courtois zum Abtauchen (3.), Nuno Mendes platzierte den Ball zu zentral auf den Belgier, nachdem Achraf Hakimi über rechts Dampf gemacht und den Ball in die Mitte gebracht hatte (4.). Schon jetzt schien alles schief zu gehen, fünf Minuten später stand es 0:2. »PSG schauen ist so, wie Peps Barça zuzuschauen«, schwärmte Ex-Profi und TV-Experte Jamie Carragher in den sozialen Medien. Als hätte die Partie den Madridern nicht schon ohne Barcelona-Vergleich weh getan.
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Stars ja, Fleiß na ja: Dabei lief bis hierhin ja alles noch gut für Real, zuletzt auch gegen den BVB. Ein überraschender Faktor für den Halbfinaleinzug war Stürmer Gonzalo García, gekommen aus der Castilla, der zweiten Mannschaft von Real, und im Turnierverlauf viermal erfolgreich. Gegen Paris musste García auf den rechten Flügel ausweichen – links wollte Vinicius Jr. spielen, in der Mitte Kylian Mbappé, der Neue musste sich hinten anstellen. Nur: Mit den zwei Superstars auf dem Platz kam wieder das alte Real-Problem der schwachen defensiven Mitarbeit durch. »Es wirkt nicht so, als hätten sie im Kollektiv die Idee, wann und wie sie pressen wollen«, kritisierte DAZN-Expertin und Ex-Nationalspielerin Turid Knaak. Fallbeispiel: Vor dem 3:0 befreite sich Paris sich über Gianluigi Donnarumma, Hakimi und Doué spielerisch aus dem Pressing und erwischte Real so ungeordnet, wie die meisten Spitzenteams sich sonst nicht einmal bei Kontern zeigen.

Kylian Mbappé blieb gegen seinen Ex-Klub blass
Foto: Angela Weiss / AFPAbschied nehmen, Teil eins: Nach der Pause blieb der sportliche Wert der Begegnung überschaubar, einige Madrider Einwechslungen hatten allerdings Symbolwirkung. Militão, auch Dani Carvajal feierten nach ihren Kreuzbandrissen jeweils ihr Comeback, das dürfte viele Real-Fans mittelfristig hoffnungsfroh stimmen. Für einen anderen Joker war es das letzte Mal im weißen Trikot: Luka Modrić, 39 Jahre, macht nach 13 Jahren in Madrid Schluss. Immerhin: Nur mit seiner Real-Karriere, nicht mit der Fußball-Laufbahn. Die soll kommende Saison bei der AC Mailand fortgeführt werden.
Abschied nehmen, Teil zwei: Einen anderen Abschied nahm Gonçalo Ramos. Der Portugiese hatte den letzten Pariser Treffer erzielt (88.), nach spektakulärer Vorlage von Bradley Barcola, der quasi durch den Real-Strafraum getanzt war. Der Vollstrecker aber hieß Ramos. Und der setzte sich auf den Rasen und tat zum Jubel so, als würde er vor einer Spielekonsole sitzen und in die Tasten drücken. Wer nicht wusste, wie das gemeint war, dem verriet es der Zeigefinger in den Himmel: So hatte Diogo Jota gejubelt, Ramos' Kollege aus dem portugiesischen Nationalteam, der jüngst im Alter von 28 Jahren nach einem Autounfall verstorben war.