Geld ist eine schöne Sache. Aber Glanz lässt sich damit nicht erkaufen. Oder etwa doch? In der Hollywood-Insider-Satire »The Studio« bei Apple TV+ kann man derzeit sehr schön sehen, wie die Leute, die im Filmbusiness für die Finanzen verantwortlich zeichnen, jenen ein bisschen Rampenlicht abzuluchsen versuchen, die für die Kreativität zuständig sind.
In der finalen Folge der von Seth Rogen in verschiedenen Funktionen vorangetriebenen Serie sieht man, wie der von ihm gespielte Produzenten-Tollpatsch bei der Gala zur Verleihung der renommierten Film- und Serienehrung Golden Globes hinter den Kulissen versucht, mit halsbrecherischen Stunts Schauspielerinnen und Veranstalter dazu zu bewegen, dass bei der zu erwartenden Auszeichnung der Produktion, die unter seiner Finanzierung entstanden ist, ein wenig von dem Preislametta auf ihn abfällt. Ein klarer Fall von krankhafter Eitelkeit und ruchloser Einflussnahme.
Dass eine derart zugespitzte Einflussnahme keineswegs Fiktion ist, zeigt nun ein mutmaßlicher Vorgang rund um die Verleihung der Ehrenoscars, die das US-Branchenmagazin »Variety« offengelegt hat. Demnach soll die Präsidentin des Studios Lucasfilm, Kathleen Kennedy, bei verschiedenen Mitgliedern der Academy of Motion Picture Arts and Sciences dafür lobbyiert haben, dass der Disney-Chef Bob Iger einen Ehrenoscar erhält.
Dass Kennedy aus herzensreinem Cinephilentum und purer filmhistorischer Bewunderung für die Ehrung des Disney-Potentaten agitiert, kann ausgeschlossen werden: Bob Iger ist ihr Boss.
Der Chef der Chefin
Lucasfilm ist die Schmiede, in der die »Star Wars«-Saga (»Möge die Macht mit dir sein«) in ihren verschiedenen Kinoblockbuster- und Fernsehserien-Auswertungen vorangetrieben wird. Der Disney-Konzern hatte sich 2012 unter der Führung von Iger Lucasfilm für vier Milliarden Dollar einverleibt und Kennedy in den Leitungsposten gehoben. Man könnte sagen: Sie ist Chefin von Igers Gnaden.
Igers strategisches Geschick, das Zeichentrickstudio Disney zum größten Film- und Fernsehwundertütenimperium des Streaming-Zeitalters auszubauen, ist unbenommen. Aber ist das ein Grund, den Topmanager (Jahresgehalt 2024: 41,1 Millionen Dollar) neben den Kreativen zu feiern, die sonst die Ehrenoscars erhalten? In den Vorjahren gehörten überlebensgroße Künstlerinnen und Künstler wie Liv Ullmann, Angela Bassett, David Lynch oder Quincy Jones zu den Ausgezeichneten.
Nochmal besonders unappetitlich erscheint die sich abzeichnende Strippenzieherei von Kennedy vor dem Hintergrund der Übertragungsrechte der Oscarverleihung: Die Gala wird von dem Sender ABC auf die Bildschirme gebracht, bei dem Iger selbst mal als hochrangiger Manager tätig war. Das Fernsehunternehmen gehört ebenfalls zum Disney-Imperium. Zurzeit wird darüber verhandelt, ob und zu welchem Preis ABC die Lizenzrechte an der Oscarverleihung ab 2028 weiter erhält.
Preissegen und Rechtekauf zusammen zu verhandeln, das wäre schon Einflussnahme für Fortgeschrittene. Ein Akt von Endstufen-Impertinenz. Der Produzenten-Tölpel aus »The Studio« könnte eine Menge lernen vor der »Star Wars«-Managerin Kathleen Kennedy. Möge die Macht bitte nicht mit ihr sein.