Die Angeklagte wirkt angespannt, als sie den kleinen Saal im Münchner Strafjustizzentrum betritt. Ellada M. muss sich vor dem Oberlandesgericht München wegen Beihilfe zur Bestechung von Mandatsträgern verantworten.
An diesem Donnerstag äußert sie sich erstmals zu den Vorwürfen. Die Angeklagte hofft offenbar darauf, mit einem Geständnis eine Einstellung des Verfahrens gegen sie zu erreichen. Doch mit ihrer Aussage belastet sie zugleich den ehemaligen CDU-Politiker Axel Fischer.
Der Prozess, der im Januar vor dem Oberlandesgericht München begann, ist in der bundesdeutschen Justizgeschichte bisher einmalig: Zum ersten Mal muss sich ein ehemaliger Abgeordneter des Bundestags wegen des Verdachts der Bestechlichkeit im Rahmen seiner Mandatsausübung verantworten.
Fall zeigt ausländische Einflussnahme
Zudem wirft das Verfahren ein Schlaglicht auf ausländische Einflussnahme in Deutschland und anderen Staaten Europas. Aserbaidschan versuchte offenbar mit sehr viel Geld, Abstimmungen in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zu seinen Gunsten zu beeinflussen.
Die Generalstaatsanwaltschaft München geht davon aus, dass Fischer zwischen 2011 bis 2016 mindestens 84.000 Euro in bar aus Aserbaidschan bekam. Für die strafrechtliche Bewertung relevant ist allerdings nur das Schmiergeld, das er im Jahr 2016 erhielt. Fischer bestreitet alle Vorwürfe.
Die mittlerweile verstorbene CDU-Politikerin Karin Strenz soll nach Erkenntnissen der Ermittler rund 150.000 Euro Bestechungsgeld aus Aserbaidschan erhalten haben. Die Generalstaatsanwaltschaft will das Geld einziehen lassen.
Im Fall Strenz trat der ehemalige CSU-Bundestagsabgeordnete Eduard Lintner, der nach seinem Ausscheiden aus dem Parlament als Lobbyist für Aserbaidschan tätig wurde, als Vermittler auf. Ein Teil der Gelder aus Baku lief über seine Firma, weitere Beträge erhielt die CDU-Politikerin in bar. Lintner steht in München wegen Bestechung von Mandatsträgern vor Gericht. Auch er bestreitet die Vorwürfe.
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Ellada M. lernt Lintner 2006 kennen, als er noch Abgeordneter ist. Er gibt ihr einen Job in seinem Bundestagsbüro. Als er aus der Politik ausscheidet und die Lobbyorganisation „Gesellschaft für deutsch-aserbaidschanische Beziehungen“ gründet, nimmt er seine Mitarbeiterin dorthin mit.
Auch wegen ihrer Sprachkenntnisse – sie spricht Russisch, Georgisch und Türkisch – wird sie damit betraut, den Kontakt zu den Aserbaidschanern zu halten. Denn die Lobbyorganisation wird aus Baku finanziert.
Wenn Aserbaidschan nicht pünktlich zahlte, wurde ich gebeten, da nachzufragen.
Ellada M. in ihrer Erklärung vor dem Oberlandesgericht München
„Wenn Aserbaidschan nicht pünktlich zahlte, wurde ich gebeten, da nachzufragen“, heißt es in ihrer Erklärung, die ihre Verteidigerin im Gerichtssaal vorliest. Mit Finanzen und Kontobewegungen habe sie nichts zu tun gehabt, betont die Angeklagte.
Ihre Kontaktpersonen seien Elkhan Suleymanov und Muslum Mammadov gewesen, sagt Ellada M. vor Gericht aus. Die beiden aserbaidschanischen Politiker gelten als Drahtzieher des Korruptionsskandals im Europarat.
Bei einer Begegnung in Berlin 2015 habe Mammadov zu ihr gesagt, er werde sich gleich im Hotel mit Fischer treffen und ihm Geld geben. Diese Aussage ist es, die den früheren Abgeordneten nun belastet.
Fischer zahlte regelmäßig große Bargeldbeträge ein
Denn bisher konnte die Generalstaatsanwaltschaft München zwar nachvollziehen, dass Fischer regelmäßig größere Summen in bar auf sein Konto einzahlte – in manchen Fällen kurz nach den Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung in Straßburg. Doch Fischer bestreitet, dass das Geld aus Aserbaidschan kommt.
Und noch ein weiterer Satz in der Aussage der Mitangeklagten ist für das Verfahren gegen Fischer relevant: Ellada M. bestätigte, dass sie im Februar 2014 in einer Chatnachricht an Karin Strenz im Auftrag Lintners schrieb, Strenz solle die gleichen Zahlungen erhalten wie Fischer.
Als diese Sätze im Gerichtssaal zu hören sind, bleibt Fischers Platz leer. Bereits im März war er erkrankt, mehrere Prozesstage mussten deshalb ausfallen. An diesem Donnerstag sollte er eigentlich wieder da sein. Doch aus gesundheitlichen Gründen habe er die Reise nach München abbrechen müssen, teilte sein Anwalt mit.
Um den Prozess nicht noch weiter zu verzögern, entschied das Gericht, das Verfahren gegen Fischer abzutrennen. Dieses müsse dann neu beginnen, sagte der Vorsitzende Richter Jochen Bösl. Aus Termingründen wird das Verfahren wohl erst im Herbst starten können.
Ellada M. kann derweil auf eine baldige Einstellung ihres Verfahrens hoffen. Vor Gericht hob sie hervor, dass sie selbst kein Bestechungsgeld erhalten habe. Nur einmal habe Strenz ihr 4000 Euro geschenkt. Das Geld steckte in einem Portemonnaie, das in Geschenkpapier verpackt war.
Lediglich in einem Punkt widersprach Ellada M. der Anklage vehement: Sie bestreitet, Geld in ihrem Hotelbett versteckt zu haben. Die Ermittler hatten eine Chatnachricht gefunden, die aus ihrer Sicht darauf hindeutete. In Wirklichkeit, so schildert es die Angeklagte, machte sie im Chat mit Strenz nur einen Scherz – über ihren Schlafanzug, auf dem ein Muster aus Geldscheinen zu sehen war.