Kein Lob konnte zu groß ausfallen nach der Gala von Florian Wirtz beim 5:0 gegen Salzburg. Ob Bayer-Trainer Xabi Alonso, dessen Pendant Pepijn Lijnders oder Granit Xhaka - alle schwärmten vom 21-Jährigen, den etwas anderes viel mehr beeindruckte.
Florian Wirtz war nicht nur bei seinem 3:0 von Salzburgs Verteidigern nicht zu halten. IMAGO/Moritz Müller
Wenn Granit Xhaka für Bayer 04 Fußball spielt, genießt er zwei außerordentliche Vorteile. Erstens spielt er mit und nicht gegen Florian Wirtz. Und zweitens kann der Leverkusener Chef-Stratege die kunstvollen Darbietungen des Topstars aus nächster Nähe verfolgen. Eine Perspektive, die nur wenigen vorbehalten ist.
Die meisten anderen Menschen, die den Fußball lieben, müssen mit dem Blick von außen vorlieb nehmen. Doch im Fall des Supertechnikers ist der Blickwinkel bei der Beurteilung vollkommen egal, wie Xhaka bei seiner Lobeshymne auf den überragenden Offensivkünstler feststellte.
Er ist ein Genuss für jeden Fan, jeden Mitspieler, jeden Spieler.
"Man muss nicht allzu viel vom Fußball verstehen, wenn man so einen Flo Wirtz auf dem Platz sieht", begann der 32-Jährige nach der 5:0-Gala gegen Salzburg am Dienstagabend zu schwärmen, "er ist ein Genuss für jeden Fan, für jeden Mitspieler, für jeden Spieler. Er hat eine Riesenkarriere vor sich, wenn er gesund bleibt, wenn er weiter diesen Hunger auch zeigt, diese Spielfreude, diese Mentalität."
Xhaka, selbst fußballverrückt, spricht fast so, wie es ein Teenager über sein größtes Idol tun würde. Und seine Bewunderung für den Fußballer Wirtz ist offensichtlich und verständlicherweise ähnlich groß. Ist Xhaka doch bewusst, welch einen Ausnahmespieler er in seiner Mannschaft hat: "In diesem Alter so reif zu sein, ist schon next level."
Die Champions League ist für ihn gemacht. Je größer die Spiele, desto besser für Flo.
Auch Leverkusens Trainer Xabi Alonso huldigte seinem besten Mann, der zuvor im fünften Spiel in der Königsklasse seinen vierten und fünften Treffer erzielt und einen weiteren glänzend vorbereitet hatte. "Wir wissen, was für ein Unterschiedsspieler er für uns ist", begann er sein Statement und wurde später genauso schwärmerisch wie Xhaka.
"Wir sehen, dass dieser Wettbewerb für ihn gemacht ist. Er ist eine Champions-League-Spieler. Hoffentlich kommen wir weiter - für Flo. Er hat diesen Wunsch, große Spiele zu spielen", schwelgte der frühere Weltklassespieler und fügte an: "Je größer, desto besser für Flo."
Er lässt Dinge so einfach aussehen, die so schwierig sind. Ein unglaublicher Spieler.
Salzburgs Trainer Pepijn Lijnders
Der Rechtsfuß, ein genauso begnadeter Dribbler, Passgeber und Vollstrecker, wie ein fleißiger Arbeiter, emsiger Anläufer und giftiger Pressingspieler, beeindruckte auch Gäste-Trainer Pepijn Lijnders so tief, dass dieser zu einer Eloge ansetzte: "Er lässt Dinge so einfach aussehen, die so schwierig sind. Er ist ein Weltklassespieler, der Spiele alleine entscheiden kann. Heute war es nicht zu packen. Ein unglaublicher Spieler."
Und Wirtz selber? Der sprach Sätze der Demut und Bescheidenheit. Die zum einen nach Medienschulung klangen, zum anderen aber auch Wirtz' Charakter zeigen. "An erster Stelle steht, dass wir Spiele gewinnen und in die K.-o.-Phase kommen", erklärte er zu seiner Gala, "wenn ich da mit Toren helfen kann, freut mich das sehr. Aber: Ich will natürlich in erster Linie, dass wir die Spiele gewinnen." Was sich bei aller künstlerischen Note in seinem Spiel eben in seiner mannschaftsdienlichen und laufintensiven Spielweise widerspiegelt.
Auf dem Platz scheint Wirtz dabei von dem, was im Stadion um ihn herum geschieht, völlig unbeeinflusst. Auch heute erweckt er noch den Eindruck so unbekümmert zu kicken, als würde er sich gerade mit Freunden in einer Soccerhalle verabredet haben.
Ich habe tatsächlich ein bisschen Gänsehaut bekommen.
Doch am Dienstagabend gab es dann doch einen Moment, an dem Wirtz die Menge in der BayArena richtig beeindruckte. So gab es von den 29 211 Zuschauern - und es ist davon auszugehen, dass auch einige Salzburger Fans mitgemacht haben - bei seiner Auswechslung Standing Ovations.
"Die habe ich wahrgenommen", erzählte Wirtz und gestand ein: "Und da habe ich auch tatsächlich ein bisschen Gänsehaut bekommen. Deswegen habe ich auch zurück applaudiert und mich bedankt. Es ist immer schön, wenn man so geehrt wird." Womit belegt ist, dass Florian Wirtz doch nicht immer so kühl wie eine Hundeschnauze ist auf dem Fußballplatz - zumindest nicht, wenn er diesen verlässt.
Stephan von Nocks