Fußball-WM 2026: Die Auslosung in Washington wird als große Show inszeniert

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 Zwei Hauptdarsteller

US-Präsident Trump, Fifa-Boss Infantino: Zwei Hauptdarsteller

Foto: Andrew Caballero-Reynolds / AFP

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Der Fußball-Weltverband hat dieser Tage Großes zu verkünden: »Lego-Konzern und Fifa bieten Fans die Möglichkeit, die wichtigste Trophäe im Weltfußball nachzubauen«, vermeldete der Verband am Mittwoch mit spürbarem Stolz und sprach selbst von einer »spektakulären Bekanntgabe zwei Tage vor der Endrundenauslosung«.

Mit Lego kann man bereits vieles nachbauen: Das Schloss Neuschwanstein, die Harry-Potter-Schule Hogwarts, das Taj Mahal, da ist der WM-Pokal dagegen eher ein wenig aufsehenerregendes Motiv.

Aber im Vorfeld der Auslosung am Freitag in Washington muss alles groß, spektakulär sein, wenn es nach der Fifa geht.

Der Akt, bei dem die WM-Teilnehmer ihre Gruppengegner zugelost bekommen, wird zum Megaevent hochgejazzt. The Big Show.

Gretzky, Brady, Ferdinand

So veröffentlicht die Fifa in dieser Woche Tag für Tag tröpfchenweise neue Details der Veranstaltung: Zuletzt gab der Weltverband preis, dass diverse Superstars aus dem nordamerikanischen Sport die Auslosung im Kennedy Center (18 Uhr deutscher Zeit, live im ZDF, bei Magenta Sports und im SPIEGEL-Liveticker) mit ihrer Teilnahme flankieren. Eishockey-Legende Wayne Gretzky wird ebenso an der Auslosung beteiligt sein wie die Football-Helden Tom Brady und Eli Manning, Baseballer Aaron Judge sowie Basketball-Ikone Shaquille O’Neal.

Präsentation eines WM-Tickets im Weißen Haus

Präsentation eines WM-Tickets im Weißen Haus

Foto: Jacquelyn Martin / AP

Zwischendurch perfomen Robbie Williams, die Village People und Andrea Bocelli. Time to say Goodbye.

Sogar ein Fußballer ist mit dabei: Englands früherer United-Abwehrrecke Rio Ferdinand, mittlerweile ein renommierter TV-Experte, wird die Auslosung als Moderator leiten. Er macht dies allerdings nicht allein.

Heidi Klum auch wieder dabei

Am Dienstag wurde durch die Fifa bekannt gegeben, dass Heidi Klum die Moderation des Abends übernimmt, exakt 20 Jahre, nachdem sie das auch bereits für die Sommermärchen-WM in Deutschland getan hatte.

Ihr damaliger Co-Moderator Reinhold Beckmann wird diesmal allerdings nicht an ihrer Seite stehen. Dafür sind diesmal zwei US-Schauspieler engagiert: Kevin Hart und Danny Ramirez.

Ramirez kennt man unter anderem von einer Gastrolle aus der TV-Serie »Orange Is the New Black«, und damit ist man auch schon bei der Hauptperson dieser Veranstaltung: Donald Trump.

Gretzky und Brady, schön und gut, aber im Grunde sind auch sie nur Nebendarsteller. Die zentrale Figur dieser Veranstaltung ist der Präsident. Und damit ist nicht der Fifa-Boss Gianni Infantino gemeint, sondern sein Spezi aus dem Weißen Haus.

Show-Moderatorin Heidi Klum

Show-Moderatorin Heidi Klum

Foto: Felix Hörhager / dpa

Er ist dabei. Das hatte Regierungssprecherin Karoline Leavitt im Laufe der Woche bestätigt. Schon im Vorfeld hatte es Meldungen gegeben, dass Donald Trump darauf gedrängt habe, die Auslosung in Washington stattfinden zu lassen, auf möglichst kurzem Dienstweg zu seinem Amtssitz. Ein Wunsch, den ihm der treu ergebene Fifa-Boss gern erfüllt hat.

Infantino und die WM-Trophäe

Infantino und die WM-Trophäe

Foto: Claudio Thoma / EPA

Die Frage, warum ein Fußball-Weltverband eine Art Friedensnobelpreis light ausruft, statt sich nur darum zu kümmern, was seine Kernaufgabe ist, nämlich eine WM zu organisieren, kann man durchaus stellen. Folgerichtig gab es im Vorfeld schon Kritik und Spott für diese Idee.

Im »Guardian« nannte ein Sprecher der Menschenrechtsorganisation FairSquare das Projekt »clownesk« und berechnend. Die Fifa müsse in den WM-Jahren »so viel Geld wie möglich vom Gastgeber herausholen«. Daher benötige der Fifa-Chef Trumps »politische Unterstützung, um die Einnahmen zu erzielen, die seine politische Unterstützung festigen«.

Untergebracht sind die meisten Fifa-Offiziellen in Washington übrigens im Watergate-Hotel, berühmt durch den Skandal um die Machenschaften des damaligen US-Präsidenten Richard Nixon.

Und noch ein Übrigens: Der Weg zum Kennedy Center führt durch den Jamal Khashoggi Way, benannt nach dem 2018 ermordeten Journalisten. Der Mordauftrag kam mutmaßlich aus dem Land, in dem die Fifa die Fußball-WM 2034 austragen lässt: Saudi-Arabien.

Alles im XXL-Format

Preisverleihung, Stars im Minutentakt, der US-Präsident als Ehrengast: alles im XXL-Format. Aus Fifa-Sicht angemessen für eine WM, die mit ihren erstmals 48 Teilnehmern alle Dimensionen der Vergangenheit sprengt.

Und das reicht dem Weltverband immer noch nicht.

Am nächsten Tag, am Samstag, geht die Fifa in die Verlängerung. Die Verteilung der Gruppenspiele auf die Spielorte und die Bekanntgabe der Anstoßzeiten erfolgt erst dann in einer zusätzlichen Show.

Irans Cheftrainer Amir Ghalenoei

Irans Cheftrainer Amir Ghalenoei

Foto: REUTERS

Selbst der Erzfeind der USA, Iran, hat sich gefügt und macht bei dem großen Spiel mit. Im Vorfeld hatte es zunächst geheißen, das Land, dessen Team sich sportlich qualifiziert hat, boykottiere die Veranstaltung aus Protest dagegen, dass die USA sich weigere, Visa für die Delegation auszustellen. Das hat sich am Donnerstag geändert. Es gibt nun doch Reisepapiere für iranische Vertreter. So wird zumindest Chefcoach Amir Ghalenoei in Washington vor Ort sein, hieß es aus Teheran.

DFB mit voller Kapelle

Der DFB ist hingegen mit voller Kapelle vor Ort: Bundestrainer Julian Nagelsmann, DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig, Sportdirektor Rudi Völler und DFB-Präsident Bernd Neuendorf sind live dabei und hoffen auf lösbare Aufgaben. Neuendorf hat im Vorfeld angesichts der Erfahrungen der vergangenen zwei WM-Turniere »ein Stück weit Demut« eingefordert, was die sportlichen Erwartungen an die Nationalelf angeht.

»Wir sollten nicht den Fehler machen, zu glauben, dass es einfache und schwierige Gruppen gibt«, sagte er. »Wir haben uns in Nordirland schwergetan, wir haben in der Slowakei verloren, das sollte uns Warnung genug sein, solche Mannschaften nicht zu unterschätzen.«

Dennoch: Es gibt schon einen Unterschied, ob man Italien und Kolumbien oder Iran und Curaçao zugelost bekommt. Beide Konstellationen sind denkbar.

Mindestens zwei Stunden hat die Fifa für die Zeremonie am Abend veranschlagt. Als die WM 1966 ausgelost wurde, war das Ganze nach 15 Minuten erledigt.

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