Robert Andrich bekam den Ball vor dem 3:1 an die Hand
Foto: Odd Andersen / AFPDieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.
Haken dran: Würde Fußball nur im Sechzehnmeterraum gespielt, Patrik Schick wäre ein Kandidat für den Ballon d'Or. Der Tscheche versteht sich wie kaum ein Zweiter darauf, Angriffe mit Erfolg und Klasse abzuschließen. Neben Nervenkostüm und Schusstechnik spielt in dieses Talent auch die Fähigkeit hinein, sich den Gegner per Finte nach Belieben zurechtzulegen. Mit einem simplen Haken ließ Leverkusens Stoßstürmer den Leipziger Verteidiger Kosta Nedeljkovic ins Leere grätschen, der eigentliche Abschluss war dann ein Kinderspiel (44. Minute). Ist Bayer auch auf dem Weg ins Jahr 2026 noch ein Spitzenteam? Die Zweifel vom Saisonstart haben Schick und Co. zuletzt nahezu vollends zerstreut.
Das Ergebnis: 3:1 (2:1) setzt Bayer Leverkusen sich in Leipzig durch. Damit ist nicht nur die bis dato makellose Heimbilanz RBs unter Trainer Ole Werner passé, Bayer schiebt sich auch in der Tabelle an den Leipzigern vorbei und ist nun Dritter. Knapp hinterm BVB, weit hinter den Bayern.
Rabat-Aktion: Beide Teams sahen sich vor Spielbeginn einer Puzzleaufgabe gegenüber: Wie ersetzen wir am besten diejenigen unserer Stars, die in den kommenden Wochen beim Afrika-Cup in Marokko um einen kontinentalen Titel spielen? Auf Leverkusener Seite verabschiedeten sich Ibo Maza (Algerien) und Edmond Tapsoba (Burkina Faso) aus der Startelf, Leipzig musste Kronjuwel Yan Diomandé (schon sechs Saisontore) an Titelverteidiger Elfenbeinküste abtreten.
Unorthodox durchgewieselt: Weder Ole Werner noch Kasper Hjulmand hatten ob der jeweils beneidenswerten Kadertiefe der wirtschaftlich traditionell kerngesunden Klubs große Probleme, die Lücken zu füllen. So ergab sich ein munterer Beginn der Kategorie »offener Schlagabtausch«: Hier prüfte Schick RB-Routinier Péter Gulácsi (5.), dort schoss Conrad Harder Bayer-Schlussmann Mark Flekken warm (7.). Diomandé-Vertreter Tidiam Gomis aus leichter Rücklage (18.), Leverkusens Arthur mit viel Wucht und wenig Zielwasser (21.), es war gut was los im Bundesliga-Topspiel. Und dann fiel ein Tor, das sich so gar nicht angebahnt hatte: Xaver Schlager dribbelte parallel zum Leverkusener Sechzehner, schien schon fast abzudrehen. Entsprechend halbherzig ging die Bayer-Abwehr um Loïc Badé dem Österreicher nach, bis dieser ansatzlos und kaum zum Tor gewandt einen Flachschuss auspackte, dem ganz Leverkusen auf dem Weg ins Eck nur noch hinterhersah (35.).
Spieler am Boden, Ball im Tor: Dieser Schlager-Move war nicht zu verteidigen
Foto: Odd Andersen / AFPLange Leine für Terrier: Bis zum 1:1 dauerte es fünf Minuten. Ein ausnehmend schöner Treffer: Martin Terrier erwischte einen Kopfball schulbuchmäßig, als unhaltbare Bogenlampe senkte sich der Ball ins Tor. Zugleich ein Treffer, der nicht im Ansatz mit dem Kunstwerk mithalten konnte, das Terrier in der Vorwoche gegen Köln zustande gebracht hatte: Damals hatte Terrier einen Hackenvolley mit Blick zum Tor versenkt, international gern »scorpion kick« genannt. Nach seinem Achillessehnenriss scheint der Franzose, der etwa das gesamte Kapitel Erik ten Hag nur aus der Reha erlebt hatte, in Leverkusen angekommen. Dass man ihm im und am Strafraum keinen Platz lassen sollte, muss sich in der Bundesliga noch rumsprechen.
Harder – better, faster, stronger? Nach Schicks Tor zum 2:1 hatte Leipzig nach der Pause das dicke Brett zu bohren, gegen Bayer einen Rückstand zu drehen. Die besten Chancen dazu hatte Stürmer Harder: Erst setzte er gedankenschnell im Strafraum nach, scheiterte aber am glänzend reagierenden Flekken (53.), dann vergab der 20 Jahre alte Däne am zweiten Pfosten auf eine Weise, die Trainer Werner tief in seine Sitzschale rutschen ließ (62.). Nach drei Torbeteiligungen in den letzten zwei Spielen ein unglücklicher Auftritt Harders, der sich mit seiner robusten Spielweise aber dennoch mehr und mehr auf Bundesliga-Niveau etabliert.
Conrad hadert: Leipzigs Sturmtalent Harder vergab mehrere Großchancen
Foto: Odd Andersen / AFPElfmeter Leipzig oder Tor Bayer? Das Spiel endete mit einer diskussionsreifen Szene: Im Luftduell mit Willi Orban springt Robert Andrich der Ball an den Arm, den Konter versenkt Bayers U19-Nationalspieler Montrell Culbreath zum 3:1. Strafbares Handspiel von Andrich? Gut möglich. Im eigenen Strafraum? Unklar. Foul von Orban? Auf jeden Fall. Am Ende ließ Referee Benjamin Brand die Szene laufen. Andrichs Einschätzung: »Wenn es dafür einen Elfmeter gibt: Gute Besserung.«

vor 3 Stunden
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