DNA-Tests: Antrag bei Konferenz der Justizminister der Länder Grünen-Politikerin Lena Gumnior gegen DNA-Erweitrerung

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Wenn diese Woche die Justizministerkonferenz der Länder im sächsischen Bad Schandau zusammenkommt, dürfte ein Antrag aus dem Süden für Diskussion sorgen. Bayern und Baden-Württemberg fordern eine Ausweitung der bisherigen DNA-Analyse. Seitdem der sogenannte genetische Fingerabdruck in den Neunzigerjahren weltweit eingesetzt wurde, konnten viele Verbrechen auch hierzulande aufgeklärt werden.

Nun wollen die beiden Bundesländer die Möglichkeiten auf die »biogeografische Herkunft« ausdehnen. Mit der DNA-Analyse lassen sich nicht nur äußerliche Merkmale wie Augen- oder Haarfarbe ermitteln, sondern auch, aus welcher Weltregion der Täter stammt.

»Es ist nicht nachvollziehbar, dass wir unseren Ermittlern Instrumente vorenthalten, von denen in anderen europäischen Ländern längst Gebrauch gemacht wird«, begründete jüngst der bayerische Justizminister Georg Eisenreich (CSU) den Vorstoß.

»Das sind rassistische Methoden, vollkommen wirkungslos und kriminologisch unbrauchbar.«

Grünen-Bundestagsabgeordnete Lena Gumnior

Doch das Vorhaben, das auf der Justizministerkonferenz vom 4. bis 6. Juni behandelt werden soll, ist politisch umstritten. Bislang hatte die Bundespolitik eine solche Ausweitung gescheut. Das biogeografische Verfahren ist in Deutschland – anders als in anderen Ländern wie Österreich, den Niederlanden oder der Schweiz – noch verboten.

In der Grünenbundestagsfraktion stößt der Reformvorschlag aus Bayern und Baden-Württemberg auf scharfe Kritik. Pikant daran: Im Südwesten führen die Grünen unter dem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann eine Koalition mit der dortigen CDU an.

»Unter dem Deckmantel der Kriminalitätsbekämpfung sollen massive Grundrechtseingriffe gerechtfertigt werden. Das sind rassistische Methoden, vollkommen wirkungslos und kriminologisch unbrauchbar«, kritisierte nun die Obfrau der Grünen im Rechtsausschuss des Bundestags, Lena Gumnior, gegenüber dem SPIEGEL das Vorhaben. Sie gehört dem linken Flügel der Partei an.

Die Analyse der sogenannten biogeografischen Herkunft unterliege nicht nur einer enormen Fehlerquote, sondern sei auch noch vollkommen ungeeignet, um Fälle aufzuklären. »Nach genetischen Merkmalen zu suchen, ist ungefähr so aussagekräftig wie die Abfrage nach Vornamen«, so die Juristin.

Es werde »in den unantastbaren Kernbereich der Persönlichkeit eingegriffen und rassistische Stereotype aufrechterhalten«, die Analyse ermögliche »eine Hetzjagd auf Minderheiten«. Da helfe auch der Hinweis nicht weiter, dass die Methode in anderen Ländern angewendet werde. »Bisher sind auch dort keine Ermittlungserfolge bekannt, die geplante Maßnahme hat nichts mit evidenzbasierter Kriminalitätspolitik zu tun«, so die Grünenabgeordnete aus Niedersachsen.

In der Vorlage von Bayern und Baden-Württemberg heißt es unter anderem, »die Zulässigkeit molekulargenetischer Untersuchungen von Spurenmaterial« auf das »Merkmal der biogeografischen Herkunft des mutmaßlichen Täters für die Aufklärung schwerster Straftaten in Betracht zu ziehen«.

Dies diene auch »zur Vermeidung von Grundrechtseingriffen gegen Unbescholtene, etwa durch Eingrenzung des Personenkreises bei Massengentests«. Die Bundesministerin der Justiz, Stefanie Hubig, (SPD) wird gebeten, »gegebenenfalls im Benehmen mit dem Bundesminister des Innern, einen entsprechenden Regelungsvorschlag zu prüfen.«

Die baden-württembergische Justizministerin Marion Gentges (CDU) verwies etwa auf die Niederlande, wo seit 2023 die Bestimmung der biogeografischen Herkunft in der DNA-Analyse erlaubt ist. »Bei bisher ungeklärten Mordfällen wurde sie schon vielfach mit Erfolg eingesetzt«, so die CDU-Politikerin.

»Hier geht es nicht darum, jemanden anhand seiner Nationalität, seiner ethnischen Herkunft oder seiner Religion unter Verdacht zu stellen.«

CSU-Justizminister Georg Eisenreich

Gegen den Vorwurf, bestimmte Personengruppen in den Fokus zu nehmen, hatte sich CSU-Minister Eisenreich jüngst bereits gewehrt. Es gehe bei der Ausweitung auf die »biogeografische Herkunft« nicht darum, »jemanden anhand seiner Nationalität, seiner ethnischen Herkunft oder seiner Religion unter Verdacht zu stellen«.

Mit dem Instrument solle der Kreis möglicher Tatverdächtiger bei schwersten Verbrechen »anhand möglichst vieler Indizien« so weit eingegrenzt werden, dass »zielgerichtete Ermittlungsmaßnahmen möglich sind«.

Seine Kollegin Gentges erklärte, wie Erfahrungen aus dem europäischen Ausland zeigten, seien »die vagen Sorgen vor einer möglicherweise missbräuchlichen Nutzung dieser Methode unbegründet«.

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