Nach zwei Niederlagen gewinnt der 1. FC Köln das turbulente Aufsteiger-Duell gegen den Hamburger SV. Trainer Lukas Kwasniok und Sportdirektor Thomas Kessler durften sich zu Recht freuen, sprachen aber auch eine Mahnung an ihr Team aus.

Kölns Trainer Lukas Kwasniok betont die äußeren Faktoren. IMAGO/Uwe Kraft
Klar, er gehörte auch zu den Gewinnern. Aber das, was Thomas Kessler nach dem 4:1-Sieg des 1. FC Köln im Aufsteigerduell mit dem Hamburger SV sagte, dürften auch viele neutrale Beobachter und sogar einige HSV-Anhänger geteilt haben. "Es ist Sonntag, das Flutlicht geht an und es fängt auch noch an zu regnen", beschrieb der Sportdirektor der Geißböcke das Szenario, und zählte weiter auf: "Wir hatten unfassbare Stimmung auf den Rängen, packende Zweikämpfe, knappe Entscheidungen." Das, fand der einst selbst als Torhüter aktive Kesser, sei das Besondere an der Bundesliga - und der Grund, wieso die Stadien in Köln, Hamburg und anderswo voll sind: "Wenn wir darüber reden, wieso die Menschen die Bundesliga lieben, musst du ihnen dieses Spiel zeigen."
Ob Kessler das nach einer 1:4-Niederlage auch so gesagt hätte, wird niemand je erfahren. Kessler und Co. durften allerdings mit Recht guter Laune sein, denn der Sieg gegen den HSV war unabhängig von aller Dramatik verdient, das fand nicht nur FC-Coach Lukas Kwasniok. "Die Dramaturgie des Spiels war komplett auf unserer Seite", sagte der 44-Jährige mit Blick auf zwei Platzverweise gegen die Gäste und ein vom VAR zurückgenommenes Gegentor.
Der liebe Gott hat gesagt: Was in den vergangenen beiden Spielen nicht der Fall war, gebe ich euch heute zurück.
Und doch wackelten die Geißböcke. Nur kurz, aber dafür doch ordentlich - sogar in doppelter Überzahl. "Wir haben das Spiel mit dem Freistoß zum 2:0 vermeintlich auf unsere Seite gezogen", analysierte Kwasniok und begründete dann, wieso der HSV wieder aufkommen konnte: "Aber dann kommt die Psyche dazu, du hast auf einmal etwas zu verlieren. Hamburg war in dem Moment die bessere Mannschaft." Wovon sich die Kölner allerdings nicht umwerfen ließen - und am Ende dann doch gnadenlos ausspielten, dass gleich zwei Gastgeber mehr auf dem Rasen standen.
"Die äußeren Faktoren waren heute komplett auf unserer Seite", fand Kwasniok. "Das hatten wir gegen Dortmund nicht, gegen Bayern nicht. Das brauchst du aber, um Spiele in der Bundesliga zu gewinnen." Gegen den BVB gab es in der Liga ein knappes und spätes 0:1, gegen den Rekordmeister hagelte es im Pokal ein 1:4, wobei sich der FC zumindest eine halbe Stunde lang teuer verkaufte. "In Summe habe ich das Gefühl, dass der liebe Gott gesagt hat: Was in den vergangenen beiden Spielen nicht der Fall war, gebe ich euch heute zurück", sagte Kwasniok.
Ein verdienter Sieg, also. Aber einer, der eben auch vom Spielglück abhängig war. "Ein Spiel auf Messers Schneide, wie viele andere Spiele in dieser Saison auch", hatte auch Kessler gesehen. Der Freude tat das keinen Abbruch, eine deutliche Warnung an den eigenen Anhang und die eigenen Profis sprach er trotzdem aus: "Es muss keiner durchdrehen, weil man gesehen hat: Es sind ganz kleine Situationen die darüber entscheiden, ob der 1. FC Köln in der Bundesliga in der Lage ist, ein Spiel zu gewinnen."
Kwasnioks Ideen gehen auf
Derzeit aber, darüber dürfen sich die FC-Fans durchaus freuen, drückt Kwasniok offenbar immer wieder die richtigen Knöpfe, um Spiele zu gewinnen. Sein Matchplan mit Jakub Kaminski als rechtem Schienenspieler ging ebenso auf wie die Idee, Routinier Florian Kainz als "Schwimmer" hinter zwei Spitzen aufzustellen. Selbst die knifflige Aufgabe, als Joel Schmied angeschlagen aus der Innenverteidigung musste, löste der Coach gut. Äußere Faktoren sind definitiv ein Grund für Platz 7 und 14 Punkte nach neun Spieltagen, innere aber eben auch. So gewannen die Gastgeber am Sonntag 60 Prozent ihrer Zweikämpfe - und das gegen einen Gegner, der nicht gerade den Eindruck vermittelte, lustlos aufzutreten.
"Der erste Blick", das verriet Kwasniok, "geht nach jedem Spiel auf die Distanz zu den Abstiegsplätzen." Acht Zähler Differenz sind es da auf Rang 16 und Borussia Mönchengladbach, den nächsten Gegner. "Unsere Aufgabe ist es, diesen Abstand mindestens aufrecht zu halten", kündigte Kwasniok an, und konnte sich eine kleine Kampfansage in Richtung Niederrhein nicht verkneifen: "Und nach Möglichkeit, um die Menschen hier in Köln glücklich zu machen, etwas auszubauen."
Jim Decker

vor 7 Stunden
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