Das Deichbrand-Festival hält am Auftritt von Macklemore fest, schult sein Team aber nach SPIEGEL-Informationen in Anbetracht der Antisemitismusvorwürfe gegen den Rapper – ausgerechnet in Zusammenarbeit mit der Bildungsstätte Anne Frank.
Deren Bildungsreferent und Projektleiter Samuel Stern hatte zuvor den geplanten Auftritt des Musikers beim Festival kritisiert. »Wie kommt man trotz all der bekannten, berechtigten Kritik dazu, Macklemaore [sic] überhaupt einzuladen?«, hatte er in einem Interview gefragt.
Der US-amerikanische Rapper Macklemore soll am 20. Juli zur prominenten Zeit bei dem niedersächsischen Musikfestival auftreten. Benjamin Hammond Haggerty, wie Macklemore bürgerlich heißt, der aus Seattle stammt und in Deutschland vielen seit dem Zehnerjahre-Hit »Can’t Hold Us« ein Begriff sein dürfte, positioniert sich schon länger politisch – in seiner Musik, aber auch auf Social Media: Im vergangenen Jahr veröffentlichte er etwa einen Anti-Israel-Song, auf seinem Instagram-Account ist ein Videoclip mit der Caption »Free Palestine« angepinnt.
Der Antisemitismusbeauftragte des Bundes, Felix Klein, hatte im April den geplanten Auftritt von Macklemore beim Deichbrand-Festival in einem Interview als »unerträglich« bezeichnet. Macklemores Songtexte und Bildsprache stufte er dabei im Hinblick auf Antisemitismus als »völlig unzweideutig« ein. Eine SPIEGEL-Anfrage an das Team des Rappers hinsichtlich der Vorwürfe blieb bis zur Publikation dieses Textes unbeantwortet.
Die Veranstalter des Deichbrand-Festivals entschieden, trotz der Kritik am Künstler festzuhalten. Sie veröffentlichten bereits im April eine Stellungnahme , in der sie »Antisemitismus genauso wie jede andere Form von Diskriminierung, Hass und Gewalt« verurteilten und ankündigten zu handeln, sollte die Grenze zum Strafbaren überschritten werden.
Das gelte weiterhin, erfuhr der SPIEGEL nun vom Deichbrand-Festival, es habe allerdings auch »Schulungen bzw. Sensibilisierungen des Teams zum Thema Antisemitismus, u.a. in Zusammenarbeit mit der Bildungsstätte Anne Frank und dem Kooperationsverbund gegen Antisemitismus« gegeben. Darüber hinaus soll das Awareness-Konzept des Festivals »Antisemitismus explizit thematisieren«, hieß es weiter.
Bei der Formulierung der Informationen für das Awareness-Team unterstütze die Bildungsstätte Anne Frank das Deichbrand-Festival, teilte diese auf SPIEGEL-Anfrage mit. Das Festival sei auf die Bildungsstätte zugekommen, und die Festivalmitarbeiter hätten »in unserer Wahrnehmung ein ehrliches Interesse« gezeigt, »eine Auseinandersetzung mit Antisemitismus und besonders seinen israelbezogenen Erscheinungsformen zu organisieren«.
In den Schulungen sei es unter anderem um »das Spannungsfeld zwischen Kritik an israelischer Politik und antisemitischen Positionen« gegangen, wobei auch Bezug zu Texten von Macklemore hergestellt worden sei. Die Bildungsstätte Anne Frank wies jedoch auch darauf hin, dass die Auseinandersetzung mit Antisemitismus und Rassismus ein Prozess sei, »der nicht im Rahmen einer einzelnen Schulung abgeschlossen ist«.
Erst kürzlich wurden Antisemitismusvorwürfe gegenüber anderen Rappern laut, die bei einem Musikfestival aufgetreten waren: Das britische Punk-Rap-Duo Bob Vylan sorgte beim diesjährigen Glastonbury-Festival in England mit dem Slogan »Death, death to the IDF« (Tod den israelischen Streitkräften) für einen Eklat.