Bundestag: Norbert Röttgen sieht »die US-Regierung nicht mehr an unserer Seite« - Liveblog

vor 22 Stunden 2

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Janko Tietz

Nachrichtenressort

Janko Tietz

Heute wird im Bundestag über die Gesetzentwürfe zur Modernisierung des Wehrdienstes und des umstrittenen Rentenpakets abgestimmt. Herzlich willkommen beim Liveblog und zum Videostream zu dieser Debatte. Wir halten Sie hier in den kommenden Stunden über die Auseinandersetzung im Parlament auf dem Laufenden. 

Paul-Anton Krüger

Hauptstadtbüro, im Bundestag

Paul-Anton Krüger

Kurz vor Sitzungsbeginn um 9:00 Uhr kommt der Kanzler ins Plenum. Friedrich Merz begrüßt seinen Verteidigungsminister Boris Pistorius mit Handschlag; erster Tagesordnungspunkt ist der neue Wehrdienst. Merz geht dann auf die erste Bank in den Reihen der Union zu. Fraktionschef Jens Spahn und der Erste Parlamentarische Geschäftsführer Steffen Bilger stehen da. Die Stimmung ist erkennbar gelöst. Die Unionsspitzen machen nicht den Eindruck, als würden sie sich noch sonderlich sorgen über die Abstimmung zum Rentenpaket, deren Ergebnis gegen 12:30 Uhr bekannt gegeben werden dürfte. Es gibt an diesem Sitzungstag fünf namentliche Abstimmungen. Wenn Koalitionsabgeordnete fehlen, fällt das vorher auf. Merz hatte am Vorabend die Latte für die Mehrheit der Koalition noch höher gelegt. Er wünsche sich die Kanzlermehrheit, also mindestens 316 Stimmen, ließ er wissen. Spahn und Bilger kommunizierten öffentlich keine Zahlen, mit wie vielen Abweichlern sie noch rechnen von den 18 Abgeordneten der Jungen Gruppe der Union. Der Kanzler dürfte da einen gewissen Informationsvorsprung gehabt haben.

Röhlig, Marc

Hauptstadtbüro

Röhlig, Marc

Der AfD-Abgeordnete Rüdiger Lucassen kritisiert das Wehrdienstgesetz als zu kleinen Wurf. Statt den Dienst wirklich zu modernisieren, werde er nur halbherzig angefasst und mit Geld um sich gewofen. »Soldaten, die wegen des Solds kommen, haben keine feste Grundlage für den Dienst«, behauptet Lucassen. Wenig überraschend: Der AfD-Politiker will einen Wehrdienst mit nationalistischem Anstrich. »Der deutsche Soldat muss wissen, wofür er kämpft.« Lucassen träumt von Soldatinnen und Soldaten, die für ihr Land kämpfen, nicht für eine Regierung – und spricht von einer angeblich 200-jährigen Tradition, in der Wehrpflichtige dies getan hätten. Welche Schrecknisse deutsche Soldaten in jener Zeit begingen, lässt Lucassen unerwähnt.

Severin Weiland

Hauptstadtbüro, im Bundestag

Severin Weiland

Draußen regnet es in Strömen, drinnen sammeln sich die Abgeordneten zur Wehrdienst-Debatte. Im Verlauf des Vormittags steht auch die abschließende Beratung des Rentengesetzes an. Zuvor geht es um die Wehrpflicht. SPD-Fraktionsvize Siemtje Möller sagt, man werde sehen, was der neue Wehrdienst bringt, so die frühere parlamentarische Staatssekretärin im Verteidigungsministerium. Ein Anzeichen für Nervosität in der Großen Koalition.

Florian Pütz

Nachrichtenressort

Florian Pütz

Siemtje Möller von der SPD beginnt mit der ersten Rede. »Liebe Schülerinnen und Schüler«, beginnt sie. Wie viele davon jetzt wohl zuschauen? Eigentlich ist ja gerade Schule, beziehungsweise Schulstreik gegen den Wehrdienst. 

Jedenfalls macht Möller ihren Punkt: »Weder beschließen wir heute, dass ihr zum Dienst an der Waffe verpflichtet werdet, noch dass wir zukünftig die Lostrommel rühren, um euch als Kanonenfutter in die Ukraine zu schicken«, sagt sie: »Das ist Populismus pur oder auch einfach Unsinn. Denn es geht doch im Kern um das Gegenteil. Wir brauchen eine starke Bundeswehr und eine widerstandsfähige Bevölkerung, um uns verteidigen zu können, damit wir uns nicht verteidigen müssen.« Möller spricht von einem »exzellenten« Gesetzentwurf und ist sich sicher, dass die Bundeswehr genug Freiwillige finden wird.

Marc Röhlig

Hauptstadtbüro

Marc Röhlig

Es geht los. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner eröffnet den Sitzungstag – mit der Debatte über die Wehrpflicht als erstem Tagespunkt.

Miriam Khan

Nachrichtenressort

Miriam Khan

Union kündigt interne »Manöverkritik« nach Rentenstreit an

Egal, wie die Abstimmung später ausgeht: Ein geschlossenes Bild hat die Union nicht abgegeben. Unions-Parlamentsgeschäftsführer Steffen Bilger (CDU) hat deshalb besonders eine »Manöverkritik« angekündigt. Die Fraktion müsse im Anschluss an das Votum beraten, wie es bei künftigen Projekten der Koalition besser laufen könne, sagte Bilger dem Nachrichtenportal Web.de. »Für das neue Jahr wäre es sicher gut, öffentliche Diskussionen zu vermeiden«, so Bilger. »Wir werden Prozesse verbessern, um aufkommende Probleme frühzeitiger zu erkennen – wie zum Beispiel bei der Weiterbearbeitung von Kabinettsbeschlüssen im parlamentarischen Verfahren.«

Janko Tietz

Nachrichtenressort

Janko Tietz

Vor der Rentenabstimmung geht es erstmal um die Wehrpflicht. Viele Schülerinnen und Schüler streiken an diesem Freitag gegen die Wehrdienstreform, statt in die Schule zu gehen. SPIEGEL-Redakteurin Nadine Wolter hat mit jungen Leuten darüber gesprochen, warum sie mitmachen – oder warum sie nicht teilnehmen. Hier lesen Sie ihre Argumente. 

Janko Tietz

Nachrichtenressort

Janko Tietz

Hat Spahn seine Fraktion diesmal im Griff?

Ein besonderes Augenmerk wird auf den Unionsfraktionsvorsitzenden Jens Spahn gerichtet sein. Nachdem ihm in der Vergangenheit mehrfach vorgeworfen wurde, die Fraktion nicht im Griff und Stimmungen nicht richtig gedeutet zu haben, kämpfte er bis zuletzt um jede Stimme für das Rentenpaket.

Alle erinnern sich noch an die Abstimmung zur Wahl der Verfassungsrichterin Frauke Brosius-Gersdorf, die schließlich abgesagt werden musste, weil Spahn am Ende die Gefolgschaft fehlte. Ein Teil der Unionsabgeordneten ist einer beispiellosen orchestrierten Kampagne von Abtreibungsgegnern, rechtspopulistischen Medien und dem Umfeld der AfD aufgesessen (hier mehr dazu).

Das soll sich nicht wiederholen. In der letzten Fraktionssitzung vor der nun anberaumten Abstimmung sagte Spahn am Dienstag nach Teilnehmerangaben, es gehe jetzt konkret um die Stabilität der Regierung. Ein Scheitern des Rentenpakets würde auf Unverständnis stoßen: »90 Prozent der Unionswähler würden dann fragen: Was macht Ihr da?«, zitierten Teilnehmer den Fraktionschef. 

Auch Kanzler Friedrich Merz warnte in der Fraktionssitzung davor, dass das Scheitern der Abstimmung zu einer Destabilisierung Deutschlands und Europas führen könnte. »Ich akzeptiere hier, in unserem Kreis, jede Nein-Stimme und jeden Zweifel. Aber da unten (im Plenum des Bundestags) brauchen wir eine stabile politische Mehrheit. Alles andere führt uns ins Elend«, soll Merz gesagt haben.   

Janko Tietz

Nachrichtenressort

Janko Tietz

Die Koalition hat nur eine Mehrheit von 12 Stimmen

Die Unionsfraktion hatte in dieser Woche eine Probeabstimmung zum Rentenpaket abgehalten. Nach Informationen des SPIEGEL votierte sie mit großer Mehrheit für eine Zustimmung zum Rentenreform-Gesetz. Abgestimmt wurde in der Fraktionssitzung per Handzeichen. Demnach sollen sich dennoch etwa 10 bis 15 Personen dagegen ausgesprochen und etwa fünf enthalten haben. Einige sprachen sogar von 20 Gegenstimmen. Hätte die Linksfraktion nicht angekündigt, sich enthalten zu wollen, wäre es womöglich knapp geworden. Denn die Koalition hat nur eine Mehrheit von 12 Stimmen. 

Janko Tietz

Nachrichtenressort

Janko Tietz

So wird gezählt

Durch Enthaltung der Linksfraktion benötigt die Koalition für das Rentenpaket weniger Stimmen. Bei der Berechnung einer einfachen Mehrheit im Bundestag werden die Enthaltungen nicht mitgezählt. Es werden also nur die Ja-Stimmen gegen die Nein-Stimmen aufgerechnet. Sollten sich alle 64 Linkenabgeordnete enthalten, würde die erforderliche Mehrheit bei Anwesenheit aller anderen Abgeordneten auf 284 Stimmen schrumpfen. Die Koalition hat 328 Stimmen und hätte damit einen komfortablen Puffer von 44 Stimmen.

Leseempfehlung: Die Linkspartei rettet die Koalition? Das wollen die Fraktionsspitzen beim Rentenpaket um jeden Preis verhindern. Friedrich Merz fordert am Donnerstagabend sogar die Kanzlermehrheit. Lesen Sie hier die Hintergründe von Andreas Niesmann und Christian Teevs.

Janko Tietz

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Janko Tietz

Während die Abgeordneten im Bundestag über den neuen Wehrdienst abstimmen, wollen Schülerinnen und Schüler heute streiken, statt in die Schule zu gehen. In rund 90 Städten sind Aktionen geplant. Diesmal nicht fürs Klima – sondern gegen die Wehrdienstpläne der Bundesregierung. Lesen Sie hier, was es mit den Streiks auf sich hat. 

Janko Tietz

Nachrichtenressort

Janko Tietz

Die Linkspartei will sich bei der Abstimmung zum Rentenpaket enthalten. Was wie eine Hilfe für die zerstrittene Union aussieht, erhöht den Druck auf Bundeskanzler Merz und Fraktionschef Spahn. Lesen Sie hier einen Kommentar von Anna Reimann aus dem SPIEGEL-Hauptstadtbüro. 

Janko Tietz

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Janko Tietz

Koalitionspolitiker mahnen zur Einheit

Vor der entscheidenden Renten-Abstimmung haben führende Unionspolitiker mögliche Abweichler in den eigenen Reihen zur Zustimmung aufgerufen. »Die Koalition braucht eine eigene Mehrheit. Das Land steht vor vielen Herausforderungen«, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann.

Die Linksfraktion hatte ihre Enthaltung angekündigt. Für die Koalition würde das bedeuten, dass es auch bei mehreren Abweichlern in den eigenen Reihen für eine Mehrheit reichen würde. Vizekanzler Lars Klingbeil warnte davor, sich auf die angekündigte Enthaltung der Linksfraktion zu verlassen. Klingbeil sagte, er sei »wirklich dankbar«, wie verantwortungsvoll die Linke sich verhalte. »Aber mein Anspruch ist schon, dass wir eine eigene Mehrheit haben.« Diese Koalition habe viel zu entscheiden. »Wir können nicht immer davon ausgehen, dass die Linken oder die Grünen uns da zur Seite springen«, so der SPD-Vorsitzende. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte: »Die CDU darf sich nicht von der Linken abhängig machen. Die eigene Mehrheit der Koalition muss stehen.« 

Die Junge Gruppe in der Unionsfraktion hatte wegen der zukünftigen Milliardenkosten mit einem Nein gedroht. Ein Scheitern des umstrittenen Rentengesetzes könnte aber einen Zerfall der gesamten Koalition einläuten. 

Janko Tietz

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Janko Tietz

Auch über das Rentenpakt wurde kontrovers diskutiert

Umstritten ist auch das geplante Gesetz zur Stabilisierung des Rentenniveaus und zur Ausweitung der Mütterrente. Die geplante Stabilisierung bedeutet, dass die Renten mit den Löhnen in Deutschland Schritt halten. Unstrittig ist eine Fixierung bei 48 Prozent bis 2031, die mit Kosten von elf Milliarden Euro allein im Jahr 2031 zu Buche schlägt. Die Junge Gruppe in der Union lehnt aber ab, dass das Rentenniveau auch ab 2032 höher sein soll als ohne gesetzlichen Eingriff. Der Grund sind die dafür weiter anfallenden erwarteten Milliardenkosten. 

Bei der Mütterrente geht es darum, die Zeit der Kindererziehung, die für die Rente anrechnungsfähig ist, auszuweiten. Das hat vor allem Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) im Koalitionsvertrag durchgesetzt. Künftig soll sie für vor 1992 geborene Kinder um weitere sechs Monate verlängert werden. Anerkannt werden sollen somit drei Jahre für alle Kinder – unabhängig vom Jahr der Geburt des Kindes. Kosten: ab 2027 erst fünf Milliarden, später vier Milliarden Euro jährlich. Vor allem die CSU hatte die Vollendung der Mütterrente betrieben. 

Janko Tietz

Nachrichtenressort

Janko Tietz

Neuer Wehrdienst ist umstritten

Wochenlang hat die schwarz-rote Koalition nach der Sommerpause über die Pläne für einen neuen Wehrdienst gestritten. Nun sollen sie heute im Bundestag beschlossen werden. Damit kehrt Deutschland zur verpflichtenden Musterung ganzer Jahrgänge zurück. Der Wehrdienst an sich bleibt aber freiwillig – sofern angestrebte Personalziele erreicht werden. Wenn nicht, könnte über einen weiteren Bundestagsbeschluss die Einführung einer teilweisen Wehrpflicht kommen. Beide Beschlüsse sind nicht unumstritten.

Janko Tietz

Nachrichtenressort

Janko Tietz

Wie die Sitzung heute abläuft

  • Um 9.00 Uhr wird die 48. Sitzung des Bundestages eröffnet.
  • Ab 9.00 Uhr wird über die zweite und dritte Lesung des von der Bundesregierung eingebrachten »Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung des Wehrdienstes« beraten. Danach stimmen die Abgeordneten namentlich ab.
  • Ab etwa 11.20 Uhr wird über die zweite und dritte Lesung des von der Bundesregierung eingebrachten »Entwurfs eines Gesetzes zur Stabilisierung des Rentenniveaus« beraten. Zudem geht es um die vollständige Gleichstellung der Kindererziehungszeiten (Stichwort Mütterrente), um betriebliche Altersversorgung und die sogenannte Aktivrente. Danach stimmen die Abgeordneten namentlich ab.
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