Bundespolitik: Spahn nennt Merz' Israel-Beschluss „vertretbar“ - er sei hoffentlich nur von kurzer Dauer

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In der CDU wächst die Kritik an der Entscheidung des Kanzlers, manche Waffen nicht mehr an Israel zu liefern. Der Chef der Bundestagsfraktion verteidigt sie wenig leidenschaftlich.

Für unseren Liveblog verwenden wir neben eigenen Recherchen Material der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters, epd, KNA und Bloomberg.

Wichtige Updates

Spahn: Merz' Entscheidung ist "vertretbar"

Hessischer CDU-Ministerpräsident Rhein für militärische Unterstützung Israels

Merz erläutert Gründe für Rüstungsentscheidung

Diskussion um Merz' Israel-Entscheidung: CSU-Außenpolitiker Mayer warnt vor "Täter-Opfer-Umkehr"

Grüne rufen zum Widerstand gegen Reiches Solarpläne auf  

Kassian Stroh

Spahn: Merz' Entscheidung ist "vertretbar"

Fast auf die Minute genau 72 Stunden nach der Entscheidung des Kanzlers, die Lieferung von Waffen an Israel auszusetzen, die auch im Gazastreifen eingesetzt werden können, hat sich nun erstmals Jens Spahn öffentlich dazu geäußert, der Chef der Unionsfraktion im Bundestag. Er stimmt nicht in den Chor der parteiinternen Kritiker ein, verteidigt den Beschluss aber auch nur recht unleidenschaftlich als "vertretbar". Wörtlich sagt er in einem Statement auf Instagram, dass die humanitäre Lage im Gazstreifen Friedrich Merz in einer schwierigen Abwägung "zu der vertretbaren Entscheidung bewogen" habe, die Lieferung "bis auf Weiteres" auszusetzen. Zugleich macht er deutlich, dass das eine Entscheidung des Bundeskanzlers und der Regierung gewesen sei, nicht der die Koalition tragenden Fraktionen

Spahn war nach allem, was bekannt ist, nicht in die Entscheidung eingebunden, genauso wie weite Teile der Führug von CDU und CSU. Dort ist nun der Unmut groß. Nach Boris Rhein (Hessen) hat sich in Gestalt von Dennis Thering (Hamburg) inzwischen auch ein zweiter CDU-Landeschef gegen Merz positioniert.

Spahn sagt, es sei gut, dass Merz klar gemacht habe, dass es keinen grundlegenden Wandel in der deutschen Israel-Politik gebe. Er hoffe, dass Deutschland die Lieferungen "so bald wie möglich wieder aufnehmen" könne.

Die Unionsfraktion ist und bleibt ein enger Freund Israels und des jüdischen Volkes.

Jens Spahn, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Hessischer CDU-Ministerpräsident Rhein für militärische Unterstützung Israels

In der Debatte über den Teilstopp von Rüstungsexporten nach Israel plädiert der hessische CDU-Chef Boris Rhein für eine weitere militärische Unterstützung des Landes. „Die Terrororganisation Hamas stellt man nur im Kampf, nicht am Konferenztisch“, schreibt der hessische Ministerpräsident auf der Plattform X. „Wir müssen Israel deshalb weiter ausrüsten, um diesen Kampf zu führen, die Hamas zu besiegen und den Terror zu beenden.“ Der Schutz der Zivilbevölkerung und die humanitären Hilfen für die Menschen in Gaza müssten dabei gewahrt werden.

Die CDU Hessen stehe uneingeschränkt an der Seite Israels, erklärte Rhein, und unterstütze das Recht auf Selbstverteidigung des Landes.“ Dazu gehöre auch „sehr klar, Israel militärisch zu unterstützen“.

Damit positioniert sich Rhein indirekt gegen Kanzler Friedrich Merz – in der Öffentlichkeit als erster Ministerpräsident und Landesparteichef der CDU. Allerdings stellt er dies anders dar und verweist darauf, dass Merz‘ seinen eigenen Beschluss inzwischen als gar nicht so folgenreich darstellt: „Ich begrüße ausdrücklich, dass der Kanzler klargestellt hat, dass es keinen Wechsel in der deutschen Israel-Politik gibt, und ich unterstütze das Engagement der Bundesregierung für humanitäre Hilfe in Gaza“, schreibt Rhein. Das israelische Außenministerium teilte seinen Post.

Merz erläutert Gründe für Rüstungsentscheidung

Der von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) verkündete teilweise Stopp von Rüstungsexporten an Israel hat in der Praxis möglicherweise nur geringe Auswirkungen. In einem Sechs-Punkte-Papier für den CDU-Bundesvorstand weist Merz darauf hin, dass schon bisher Waffen und Munition, die im Gazastreifen genutzt werden, nicht an Israel geliefert würden. „Die Entscheidung über weitere Rüstungsgüter ist ausdrücklich auf einen möglichen Einsatz in Gaza beschränkt; sie stellt auf die derzeitigen, dort herrschenden Umstände ab“, heißt es weiter. Das Papier liegt der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vor. Zuerst hatte die Bild darüber berichtet.

In dem Papier heißt es außerdem: „Es gibt Einsatzbereiche, die diese Formulierung nicht abdeckt. Das gilt etwa für Rüstungsgüter der Luft- und Seeverteidigung, die zentral für die Selbstverteidigung Israels sind.“

In dem Schreiben erläutert Merz die grundsätzliche Haltung der Regierung gegenüber Israel, ihre Position zum Gaza-Krieg und seine Beweggründe für die Ankündigung vom vergangenen Freitag, dass man vorerst keine Ausfuhren von Rüstungsgütern genehmige, „die im Gazastreifen zum Einsatz kommen können“. Anlass sei die Entscheidung des israelischen Sicherheitskabinetts vom 7. August gewesen, die Militäroffensive im Gazastreifen beträchtlich auszuweiten und eine Belagerung der Stadt Gaza einzuleiten, schreibt Merz.

„Diese Entscheidung besorgt die Bundesregierung sehr.“ Sie berge erhebliche Risiken für die Sicherheit der noch von der Hamas festgehaltenen Geiseln und drohe die bereits katastrophale humanitäre Lage im Gazastreifen weiter zu verschärfen. Fraglich sei, ob durch eine Ausweitung der militärischen Operationen die Chancen auf einen Waffenstillstand erhöht würden.

Nadja Lissok

Diskussion um Merz' Israel-Entscheidung: CSU-Außenpolitiker Mayer warnt vor "Täter-Opfer-Umkehr"

Weiterhin sorgt die Ankündigung der Bundesregierung, Deutschland werde keine Rüstungsgüter mehr nach Israel exportieren, die im Gazastreifen eingesetzt werden könnten, für Diskussionen innerhalb der schwarz-roten Koalition

Der CSU-Politiker Stephan Mayer hat die Entscheidung im Deutschlandfunk am Montagmorgen als falsch bezeichnet. Durch den partiellen Stopp der Waffenlieferungen werde keine israelische Geisel mehr befreit und kein Kind im Gazastreifen müsse weniger hungern. Zwar sei die Besorgnis von Bundeskanzler Friedrich Merz emotional "sehr gut nachvollziehbar", Mayer warnte aber vor einer "Täter-Opfer-Umkehr". Die Ursache der Gewalteskalation sei immer noch das Massaker der Hamas vom 7. Oktober 2023.

Nach Informationen der Bild-Zeitung hält auch CSU-Chef Markus Söder die Entscheidung für falsch, öffentlich geäußert hat er sich bislang nicht.

Aus der CDU gibt es inzwischen auch Rückendeckung für Merz, zum Beispiel von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer. Der Kanzler habe immer klargemacht, dass Deutschland fest an der Seite Israels stehe, zugleich habe er auf das Prinzip der Verhältnismäßigkeit hingewiesen. Das Sterben Tausender Menschen sei aber nicht verhältnismäßig und Israels Beschluss, den Gazastreifen komplett einzunehmen, sei eine neue Eskalationsstufe.

Es ist falsch, diese Position als mangelnde Solidarität darzustellen. Solidarität und Verhältnismäßigkeit schließen sich nicht aus - beides gehört zusammen.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU)

In eine ähnliche Richtung gehen die Äußerungen des Außen- und Verteidigungspolitikers Norbert Röttgen. "Deutschland steht unbezweifelbar fest und verlässlich an der Seite Israels, wenn dessen Sicherheit bedroht oder angegriffen wird", sagte er der Welt. Bei einer Ausweitung des Krieges, die die humanitäre Situation weiter verschlechtern wird, dürfe die Bundesregierung aber "rechtlich und politisch" keine Unterstützung durch Waffenlieferungen leisten.

Auch SPD-Chefin Bärbel Bas gibt Merz im Sommerinterview mit der ARD Rückendeckung. "Ich finde, Friedrich Merz zu unterstellen, er würde Israel verraten, das ist schon starker Tobak." Der Bundesregierung sei völlig klar, dass der Staat Israel geschützt werden müsse. "Aber dennoch haben wir auch eine Lage mittlerweile, dass wir auch die Menschen im Gazastreifen nicht vergessen dürfen", betonte Bas. Bas riet Merz nun, besser zu kommunizieren. Die CDU/CSU-Fraktion müsse ihre Kommunikationswege in solchen wichtigen Fragen klären und sicherstellen. 

Patrick Wehner

Bundestag will künftig auch Tiktok nutzen 

Der Bundestag weitet seine Social-Media-Aktivitäten aus und wird künftig auch die Plattform Tiktok nutzen. „Wenn es dieses Medium gibt, wäre es ziemlich unsinnig, da nicht auch über unsere Arbeit zu informieren und das Parlament darzustellen“, sagte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Tiktok sei zwar in vielerlei Hinsicht nicht unproblematisch. „Aber es ist nicht verboten. Und auf dieser Plattform, an dieser digitalen Theke, sind Menschen, die sich nirgendwo anders informieren“, sagte die CDU-Politikerin. Die wenigsten Menschen hätten heute noch eine gedruckte Zeitung zu Hause. „Wenn man fragt, wo sie sich informieren, dann ist das bei jungen Leuten Tiktok.“

Auf Tiktok werden vor allem kurze Videos veröffentlicht. Zumeist sind sie unterhaltsam, es gibt aber auch informative Varianten – und solche mit Falschinformationen. Gegen Tiktok gibt es allerdings erhebliche Sicherheitsbedenken und den Vorwurf mangelnden Datenschutzes. Betreiber ist das Unternehmen Bytedance, das einen chinesischen Gründer und eine große Zentrale in Peking hat. Es gibt die Sorge, die App könne von chinesischen Behörden zum Sammeln von Informationen über ihre Nutzer missbraucht werden.

Patrick Wehner

Grüne rufen zum Widerstand gegen Reiches Solarpläne auf 

Die Grünen rufen zum Widerstand gegen Kürzungspläne von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) bei der Förderung von Solarstrom auf. „Die Freunde der dezentralen Energiewende in Bürgerhand müssen jetzt aufstehen. Egal ob Kommunen, Unternehmen, Landwirte und Klimaschützer – Reiches Politik hat viele Verlierer“, warnte der stellvertretende Grünen-Chef Sven Giegold in der Augsburger Allgemeinen. Photovoltaik-Anlagen auf Dächern seien die umweltfreundlichste Form, um Energie zu erzeugen.

Reiche hatte am Wochenende die Förderung von Ökostrom aus privaten Photovoltaik-Anlagen infrage gestellt. „Neue, kleine PV-Anlagen rechnen sich schon heute im Markt und bedürften keiner Förderung“, sagte die CDU-Politikerin der Augsburger Allgemeinen. Die Preise für Anlagen und Speicher seien deutlich gesunken. An der Einspeisevergütung für bestehende Solaranlagen will Reiche mit Hinweis auf den Bestandsschutz aber nichts ändern.

Wer Solarstrom auf seinem Dach erzeugt und in das Netz einspeist, erhält 20 Jahre lang pro Kilowattstunde einen festen Betrag. Dieser variiert nach Größe der Anlage, Art der Einspeisung und Zeitpunkt der Inbetriebnahme. Je mehr Leistung die Anlage hat, desto geringer ist die Vergütung. Es gibt mehr Geld pro Kilowattstunde, wenn der gesamte erzeugte Strom ins Netz geht, statt nur der Überschuss nach Selbstverbrauch. Die Vergütung wird nach und nach gesenkt. Wer die Anlage im kommenden Jahr ans Netz bringt, bekommt weniger als derjenige, der jetzt startet. 

Christian Helten

Umfrage: Mehrheit mit Regierung und Kanzler unzufrieden

Knapp 100 Tage nach Start der Koalition ist die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger einer neuen Umfrage zufolge unzufrieden mit der Bundesregierung und mit Kanzler Friedrich Merz (CDU). In einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts Insa für die Bild am Sonntag äußerten sich 60 Prozent entsprechend, nur 27 Prozent sind zufrieden mit der Arbeit von CDU/CSU und SPD. 13 Prozent machten keine Angabe.

Ähnlich schneidet Bundeskanzler Friedrich Merz ab: Nur 30 Prozent sind mit seiner Arbeit zufrieden, 59 Prozent ihn kritisch. Mit seinem Vorgänger Olaf Scholz (SPD) waren laut Angaben der Bild nach 100 Tagen im Amt 43 Prozent der Befragten zufrieden und 41 Prozent unzufrieden.

Keine Mehrheit für Schwarz-Rot
In der aktuellen Befragung gaben 26 Prozent an, dass Merz eher bessere Arbeit als Scholz leiste. 41 Prozent finden seine Arbeit weder besser noch schlechter, 27 Prozent finden sie schlechter.

Kassian Stroh

Moderatorin Abboud wird Ministeriumssprecherin

Die Journalistin, Buchautorin und Moderatorin Aline Abboud arbeitet künftig im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Dort soll sie ab 18. August Pressesprecherin und Leiterin des Pressereferats werden. "Ich freue mich sehr auf meine neue Aufgabe, das tolle Team und die internationalen Themen - Lets go!", kommentierte Abboud die Mitteilung des Ministeriums auf Instagram. "Nein, ich kann es immer noch nicht fassen!"

Abboud ist gebürtige Berlinerin, hat in der Hauptstadt Abitur gemacht und anschließend in Leipzig Arabistik studiert. Von 2021 bis 2024 gehörte die 37-Jährige zum Moderatoren-Team der ARD-"Tagesthemen". Davor arbeitete sie als Redakteurin und Moderatorin beim ZDF. Über ihre zweite Heimat, den Libanon, hat sie das Buch "Barfuß in Tetas Garten" geschrieben, das Anfang des Jahres erschienen ist. Abboud, Tochter eines Libanesen und einer Ost-Berlinerin, ist seit ihrer Kindheit oft in dem Land gewesen.

Leopold Zaak

Wirtschaftsministerin stellt Förderung privater Solaranlagen infrage

Wer Solarstrom auf seinem Dach erzeugt und in das Netz einspeist, erhält 20 Jahre lang pro Kilowattstunde einen festen Betrag. Dieser variiert – je nach Größe der Anlage, Art der Einspeisung und Zeitpunkt der Inbetriebnahme. Je mehr Leistung die Anlage hat, desto geringer ist die Vergütung. Es gibt mehr Geld, wenn der gesamte erzeugte Strom ins Netz geht statt nur der Überschuss nach Selbstverbrauch. Und, wer eine Anlage früher ans Netz bringt bekommt mehr Geld. So zumindest läuft es bisher mit der Förderung von privaten Solaranlagen. Bundeswirtschaftsministerin Katharina Reiche (CDU) stellt die Zukunft dieser Förderung nun infrage.

"Neue, kleine PV-Anlagen rechnen sich schon heute im Markt und bedürften keiner Förderung", sagte die CDU-Politikerin der Augsburger Allgemeinen. Die Preise für Anlagen und Speicher seien deutlich gesunken. An der Einspeisevergütung für bestehende Solaranlagen will Reiche aber nichts ändern. "Die Hauseigentümer haben für ihre Anlagen Bestandsschutz." 

Reiche betonte, die Anlagen müssten ihren Strom intelligent einspeisen. Deshalb sollten PV-Anlagen mit Stromspeichern verbunden und steuerbar sein, am Markt teilnehmen und ihren Strom vermarkten. Die Wirtschaftsministerin hält es nicht mehr für zeitgemäß, dass Betreiber Anlagen errichten, ohne auf das Stromnetz Rücksicht zu nehmen. "All das macht unser Stromsystem unnötig teurer. Das will ich ändern", sagte sie.

Leopold Zaak

Außenpolitiker der Union treffen sich nach Israel-Entscheidung

Der Gesprächsbedarf scheint groß zu sein in der Union, einen Tag nach der Entscheidung von Bundeskanzler Friedrich Merz, die militärische Unterstützung für Israel einzuschränken. Noch am Sonntag kommen die Außenpolitiker der CDU/CSU-Fraktion zu einer Videositzung zusammen – und das mitten in der parlamentarischen Sommerpause. Die AG Außen werde die aktuelle außenpolitische Entwicklung besprechen, berichtete die dpa aus Fraktionskreisen wie zuvor die Bild-Zeitung. Demnach soll auch der außenpolitische Berater des Kanzlers, Günter Sautter, zugeschaltet werden.

Innerhalb der AG Außen blickt man unterschiedlich auf die Entscheidung des Kanzlers. Während der Vorsitzende und außenpolitische Sprecher der Fraktion, Jürgen Hardt, die Entscheidung "unausweichlich" nannte, sprach der stellvertretende AG-Vorsitzende Roderich Kiesewetter auf X von einem "schweren politischen und strategischen Fehler Deutschlands". 

Leopold Zaak

Unionsfraktionsvize: Entschuldigung bei SPD und Brosius-Gersdorf ist angebracht

Nach dem Rückzug der Richterkandidatin Frauke Brosius-Gersdorf hält Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg eine Entschuldigung gegenüber der SPD und auch gegenüber der Jura-Professorin für angebracht. Die Fraktionsführung der Union hätte die gewichtigen Bedenken gegen Brosius-Gersdorf früher erkennen müssen, CDU und CSU hätten sich gegenüber der SPD "nicht sauber und korrekt verhalten", gestand der CDU-Politiker im NDR ein.

"Das haben wir versäumt, und das ist sicherlich ein Fehler gewesen", sagte Middelberg. "Und dafür kann man sich bei den Sozialdemokraten entschuldigen. Und das kann man auch gegenüber Frau Brosius-Gersdorf so tun." Denn sie sei dadurch unnötig lange in der Diskussion gehalten worden und Angriffen von außen ausgesetzt gewesen.

Middelberg sagte weiter, es habe zweifellos Kampagnen gegen Brosius-Gersdorf gegeben. Aber das sei nicht maßgeblich für die Entscheidung in der Unionsfraktion gewesen. Dort habe es in erheblichen Teilen große Bedenken wegen ihrer Positionen zum Schutz ungeborenen Lebens gegeben. "Das war für uns das maßgebliche Kriterium, diesen Vorschlag, diesen Personalvorschlag am Ende dann abzulehnen."

SPD-Fraktionschef Matthias Miersch hatte die Union zuletzt zu mehr Verlässlichkeit aufgerufen und die Vertrauensbasis der gemeinsamen Koalition infrage gestellt. Middelberg sprach von einem Einzelfall, wo ursprüngliche Absprachen nicht eingehalten werden konnten. Ansonsten sehe er eine überwiegend sehr gute, konstruktive und funktionierende Zusammenarbeiten zwischen Union und SPD. 

Philipp Saul

Uneinigkeit in Deutsch-Israelischer Gesellschaft bei Rüstungsexporten

Der Präsident sagt das eine, der Vizepräsident das andere: Nach der Entscheidung der Bundesregierung, keine Waffen mehr nach Israel zu exportieren, die im Gazastreifen eingesetzt werden könnten, zeigt die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) eine gespaltene Reaktion.

Einerseits erklärte Präsident Volker Beck, die DIG kritisiere die Beschränkung. "Wenn diese Entscheidung der Bundesregierung bestehen bleiben sollte, ist das ein Punktsieg der Hamas im globalen Propagandakrieg." Er warnte zudem vor möglichen Folgen: "Wenn Israel sich bei Rüstungslieferungen nach Deutschland revanchieren sollte, sieht es um die Zukunft deutscher Luftsicherheit schlecht bestellt aus." Deutschland hat mit Israel den Kauf des weitreichenden israelischen Raketenabwehrsystems Arrow 3 vereinbart, um sich gegen mögliche Angriffe von Mittelstreckenraketen schützen.

DIG-Vizepräsident und CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt hingegen unterstützte die Entscheidung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). Die Reaktion der Bundesregierung auf die Entscheidung des israelischen Sicherheitskabinetts, den Krieg auszuweiten, sei "unausweichlich" gewesen. "Wir wollen Israel damit eindeutig signalisieren, dass wir das Vorgehen in Gaza für bedrohlich für Israels Stellung in der Welt und seine Sicherheit halten", sagte der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Nadja Lissok

CSU von Beschränkung für Rüstungslieferungen an Israel überrascht, Kritik von der JU

Die Junge Union kritisiert die Ankündigung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), vorerst keine Ausfuhren von Rüstungsgütern nach Israel mehr zu genehmigen, die im Krieg im Gazastreifen verwendet werden könnten. Auf Instagram schrieb der Nachwuchsverband: "Staatsräson abgehakt? Ein Bruch mit den Grundsätzen der Unionspolitik." Der JU-Vorsitzende und CDU-Bundestagsabgeordnete Johannes Winkel schrieb auf der Plattform X: "Israel macht ab heute die Drecksarbeit für uns, nur ohne deutsche Waffen."

Mit der CDU-Schwesterpartei CSU war die Wende der Israel-Politik der Bundesregierung offenbar nicht abgesprochen. Ein entsprechenden Bericht der Bild-Zeitung wurde der Deutschen Presse-Agentur aus Parteikreisen in München bestätigt. Bild hatte berichtet, die CSU sei an der Entscheidung nicht beteiligt gewesen und sei davon überrascht worden. 

Nadja Lissok

Grüne und linke Reaktionen auf Merz' Entscheidung zu Israel: "Endlich kommt die Bundesregierung ins Tun" 

Die grüne und linke Opposition begrüßt die Entscheidung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), bis auf Weiteres keine Ausfuhren von Rüstungsgütern mehr nach Israel zu genehmigen. Grünen-Chefin Franziska Brantner fordert die Bundesregierung zudem zu weitergehenden Schritten auf. Sie sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Endlich kommt die Bundesregierung ins Tun und stoppt die Lieferungen von Waffen, die in Gaza eingesetzt werden können. Ich begrüße das sehr, es kann aber nur ein erster Schritt sein." Die vom israelischen Kabinett beschlossene Ausweitung des Gaza-Kriegs, mit der Merz seine Entscheidung begründet, sei eine Katastrophe - für die Zivilbevölkerung in Gaza und auch für die immer noch von der Terrororganisation Hamas festgehaltenen Geiseln. Deutschland müsse sich jetzt an die Spitze eines konsequenten Handels der EU stellen, dass auf ein Ende des Krieges hinwirkt.

Ende Juli hatte Brantner einen Waffenexportstopp für den Einsatz in Gaza, die Aussetzung von Handelserleichterungen und Sanktionen gegen die israelischen Minister Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir gefordert. Die beiden ultrarechten Politiker unterstützen unter anderem die Annexion des besetzten Westjordanlands.

Ähnlich wie Brantner äußert sich auch die Linken-Außenpolitikerin Lea Reisner. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu spreche von Vertreibung und die Angriffe auf den Gazastreifen hielten an. "Angesichts dieser Vertreibungspläne und der humanitären Katastrophe muss die Bundesregierung ihrer Verantwortung nachkommen und entschieden handeln: das EU-Assoziierungsabkommen aussetzen, Palästina anerkennen und die Maßnahmen des Gutachtens des Internationalen Gerichtshofs umsetzen", sagt Reisner. 

Weimer: Wer öffentliches Geld erhält, soll nicht gendern

Nachdem Kulturstaatsminister Wolfram Weimer geschlechtergerechte Sprache in seiner Behörde verboten hat, drängt er öffentlich geförderte Institutionen wie Museen, Stiftungen oder Rundfunk, dieser Linie zu folgen. Es gehe um eine "gemeinsame Verantwortung für die Verständlichkeit staatlich geförderter Kommunikation", sagte der parteilose Politiker der Deutschen Presse-Agentur. 

"In der offiziellen Kommunikation verzichten wir daher auf Sonderzeichen wie Sternchen, Doppelpunkte oder Unterstriche - zugunsten von sprachlicher Klarheit, rechtlicher Eindeutigkeit und allgemeiner Verständlichkeit", sagte der 60-Jährige der dpa. "Diese Linie empfehle ich auch jenen Institutionen, die mit öffentlichen Mitteln arbeiten - von Museen über Stiftungen bis hin zu Rundfunkanstalten. Wer im öffentlichen Auftrag spricht, sollte eine Sprache wählen, die für alle nachvollziehbar ist und breite Akzeptanz findet."

Beim Vorsitzenden des Kulturausschusses, Sven Lehmann (Grüne), trifft Weimers Vorstoß auf Kritik. "Ist Herr Weimer eigentlich Kulturstaatsminister oder missionarischer Kulturkämpfer?", sagte der Grünen-Politiker der dpa. "Es ist schlimm genug, dass er in seiner Behörde Sprachverbote verhängt. Dass er nun aber sogar freie Kulturinstitutionen einschränken will, geht eindeutig zu weit." Das deutsche Recht kenne mehr als ein Geschlecht und die Gesellschaft mehr als eine Art zu sprechen, fügte Lehmann hinzu. Sprache, die niemanden ausschließe, sei kein Muss, aber ein Kann. 

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