Bundespolitik: Merz: Syrer sollen zurückkehren, es gibt keinen Grund für Asyl mehr

vor 9 Stunden 1

Für unseren Liveblog verwenden wir neben eigenen Recherchen Material der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters, epd, KNA und Bloomberg.

Wichtige Updates

Auto von AfD-Politiker Baumann brennt ab - Verdacht auf Brandstiftung

Studie: AfD und Linke profitieren von Algorithmen 

Linnemann spricht von „Scheinkonflikt“ in Syrien-Debatte

Kritik an Wadephuls Syrien-Aussagen innerhalb der CDU 

Rente könnte 2026 um 3,7 Prozent steigen

Juri Auel

Merz: Syrer sollen zurückkehren, es gibt keinen Grund für Asyl mehr 

Bundeskanzler Friedrich Merz hat sich für eine Rückkehr syrischer Geflüchteter in ihre Heimat ausgesprochen. „Der Bürgerkrieg in Syrien ist beendet. Es gibt jetzt keinerlei Gründe mehr für Asyl in Deutschland und deswegen können wir auch mit Rückführungen beginnen“, sagte Merz in Husum bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther. „Ich setze allerdings darauf, dass ein großer Teil der Flüchtlinge, die in Syrien sind, jetzt von sich aus in das Land zurückkehren und dort am Wiederaufbau teilnehmen.“ 

Ohne diese Menschen sei der Wiederaufbau Syriens nicht möglich. „Diejenigen, die sich dann in Deutschland weigern, in das Land zurückzukehren, die können wir selbstverständlich auch in Zukunft abschieben“, fügte der CDU-Politiker hinzu. „Wir wissen ja, dass ein ganz großer Teil der Syrer zurückkehren will. Das werden wir fördern und wir werden auch dem Land helfen, es schnell wieder aufzubauen.“

Merz reagierte damit auf eine Äußerung von Außenminister Johann Wadephul. Der CDU-Politiker hatte bei einem Besuch im von vielen Jahren Bürgerkrieg gezeichneten Syrien angezweifelt, dass angesichts der massiven Zerstörung kurzfristig eine große Zahl syrischer Geflüchteter freiwillig dorthin zurückkehren werde. Dafür hatte er Kritik von Unionskollegen einstecken müssen „Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben“, sagte der Minister bei einem Besuch in Harasta, einer schwer verwüsteten Vorstadt von Damaskus.

Nach Angaben des Bundesinnenministeriums haben sich im August 951 406 Menschen aus Syrien in Deutschland aufgehalten. Davon seien 920 ausreisepflichtig und hätten keinen Duldungsstatus.

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Dominik Fürst

Auto von AfD-Politiker Baumann brennt ab - Verdacht auf Brandstiftung

Das Auto des Parlamentarischen Geschäftsführers der AfD-Bundestagsfraktion, Bernd Baumann, ist nach Angaben seines Büros in der vergangenen Nacht vor dessen Haus in Hamburg in Flammen aufgegangen. Er sei um 5 Uhr vom Staatsschutz geweckt und darüber informiert worden. Der Vorfall soll sich demnach gegen 3.20 Uhr ereignet haben. In einem privaten Video, das von Baumanns Büro zur Verfügung gestellt wurde, sind drei ausgebrannte Autos und ein vierter Wagen mit deutlichen Brandspuren zu sehen.

Die Polizei hatte am Morgen von mehreren brennenden Autos im Stadtteil Othmarschen im Hamburger Westen (Bezirk Altona) berichtet. Nach ihren Angaben wurde am frühen Morgen mutmaßlich zunächst ein Auto in Brand gesteckt. Das Feuer habe sich dann auf drei umstehende Autos ausgebreitet. Rettungskräfte der Feuerwehr hätten das Feuer gelöscht. Es werde mit Verdacht auf Brandstiftung ermittelt, teilte ein Polizeisprecher mit. Ob es sich um einen politischen Hintergrund handelt, ist unklar.

Dominik Fürst

Studie: AfD und Linke profitieren von Algorithmen 

Videos von Parteien an den politischen Rändern werden einer Studie zufolge deutlich häufiger auf sozialen Medien wie Instagram und Tiktok angezeigt als die der Mitte-Parteien. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der Universität Potsdam und der Bertelsmann-Stiftung. Demnach bestimmen die oft intransparenten Algorithmen der Anbieter maßgeblich, welche politischen Botschaften junge Menschen erreichen.

Für die Studie erstellten die Wissenschaftler 268 Nutzerprofile von imaginären 21- bis 25-Jährigen auf Tiktok, Instagram, X und Youtube. Untersucht wurde unter anderem, wie viele während des Bundestagswahlkampfs von offiziellen Parteiaccounts veröffentlichte Videos ihnen automatisch angezeigt wurden. 

Demnach postete die SPD mit einem Anteil von 24,1 Prozent zwar die meisten Videos, wurde in den Feeds der imaginären Nutzer aber nur mit einem Anteil von 14,1 Prozent vorgeschlagen. Auch die CDU/CSU büßte durch den Algorithmus Sichtbarkeit ein: Sie postete 17,1 Prozent der Videos offizieller Parteiaccounts, wurde bei den Test-Accounts jedoch nur zu 4,9 Prozent angezeigt. Es profitierten dagegen Linke, AfD und BSW. Die Linke verdreifachte ihre Sichtbarkeit der Studie zufolge sogar: Sie postete 9,7 Prozent aller Partei-Videos, wurde in den Feeds aber mit einem Anteil von 27,6 Prozent angezeigt. Die AfD postete 21,5 Prozent der Partei-Videos und wurde jungen Nutzern zu 37,4 Prozent angezeigt.

Nach welchen Kriterien Plattformen wie Tiktok, Instagram und X Beiträge verteilen, ist nicht bekannt. Der Studie zufolge können Faktoren wie die Zahl der Kommentare, Likes und Aufrufe die Unterschiede nicht vollständig erklären.

Philipp Saul

Linnemann spricht von „Scheinkonflikt“ in Syrien-Debatte

Droht den Unionsparteien nach den Aussagen von Bundesaußenminister Johann Wadephul ein Zwist über Syrien und die mögliche Rückkehr von Geflüchteten? Während einige CDU-Politiker deutliche Kritik an Wadephuls Einschätzung üben, dass in naher Zukunft wohl nicht allzu viele Syrer freiwillig in ihr Heimatland zurückkehren, versucht CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, die Debatte zu bremsen: „Das ist ein Scheinkonflikt“, sagte er im „Bericht aus Berlin“ in der ARD.

In der Bild-Zeitung sprach auch Regierungssprecher Stefan Kornelius von einem Scheinkonflikt. Die Bundesregierung arbeite an der schnellen Stabilisierung Syriens, um die Voraussetzung für die Rückkehr von Flüchtlingen zu schaffen. „Stabilisierung und Rückkehr sind zwei Seiten einer Medaille.“ Gleichzeitig sei es für die Bundesregierung „unzweifelhaft, dass schwere Straftäter abgeschoben werden sollen, so wie es der Außenminister in Damaskus auch klar gesagt hat.“

Vom Koalitionspartner SPD kommt Unterstützung für Wadephuls Aussagen: Adis Ahmetovic, außenpolitischer Sprecher seiner Fraktion, sagte zur Bild: Die SPD-Fraktion teilt die Einschätzung des Außenministers Wadephul, dass eine Rückführung nach Syrien zum jetzigen Zeitpunkt nur sehr eingeschränkt möglich ist.“ Er sagte: „Die Lage im Land bleibt instabil, weite Teile der Infrastruktur sind zerstört, und ein sicheres, menschenwürdiges Leben ist für viele dort nicht gewährleistet.“

Sina-Maria Schweikle kommentiert: „Wadephul hat recht: Abschiebungen nach Syrien sind derzeit kaum möglich“ (SZ Plus):

Kritik an Wadephuls Syrien-Aussagen innerhalb der CDU 

Nach seiner Einschätzung über die freiwillige Rückkehr syrischer Flüchtlinge in ihr Heimatland wird Außenminister Johann Wadephul (CDU) innerhalb seiner Partei kritisiert. Dieser hatte nach einem Besuch im vom Bürgerkrieg gezeichneten Syrien angezweifelt, dass eine große Zahl syrischer Flüchtlinge dorthin angesichts der massiven Zerstörung kurzfristig freiwillig zurückkehre.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Unionsfraktion, Günter Krings, sagte der Bild-Zeitung: „Die spontane Äußerung des Bundesaußenministers wird ganz offensichtlich aus dem Zusammenhang gerissen, wenn man ihr irgendeine Relevanz für die anstehenden und notwendigen Rückführungen nach Syrien geben wollte.“ Der syrische Bürgerkrieg sei vorbei und in weite Teile des Landes sei für die allermeisten ausgereisten Syrer eine Rückkehr zumutbar. Der Zerstörungsgrad eines Landes sei als Argument gegen eine „freiwillige oder pflichtgemäße Rückkehr“ ungeeignet, sagte Krings. „Denn wer soll ein zerstörtes Land wieder aufbauen, wenn das nicht seine eigenen Staatsbürger und Staatsbürgerinnen tun?“

Sachsen-Anhalts CDU-Chef und Wirtschaftsminister Sven Schulze kritisierte Wadephul in der Bild. Es müsse an einer Strategie zur schnellen Rückkehr dieser Menschen gearbeitet werden. „Ein in Teilen zerstörtes Land und schlechtere Lebensbedingungen als in Deutschland sind kein Grund, daran nicht zu arbeiten.“

Wadephul hatte bei einem Besuch in Harasta, einem noch immer schwer verwüsteten Vorort von Damaskus, gesagt, ein solch großes Ausmaß an Zerstörung habe er persönlich bisher nicht gesehen. „Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben.“ Die syrische Regierung schätze die in Deutschland ausgebildeten jungen Syrer. Sie könnten aber frei entscheiden, welchen Weg sie wählten. „Jeder, der bei uns bleibt und sich bei uns in unsere Gesellschaft einbringt, integriert arbeitet“ sei weiterhin willkommen. Zu Rückführungen einzelner schwerer Straftäter sei das Ministerium mit dem syrischen Außenministerium in Kontakt, sagte er.

Rente könnte 2026 um 3,7 Prozent steigen

Die 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner in Deutschland können im kommenden Jahr mit einer Rentenerhöhung von etwa 3,7 Prozent rechnen. Das geht aus dem Entwurf für den jährlichen Rentenversicherungsbericht hervor, in dem Einnahmen, Ausgaben und andere finanzielle Entwicklungen der Rentenversicherung aufgeschlüsselt werden. Der Bericht wird nach Angaben aus Regierungskreisen nun zunächst intern abgestimmt.

Es handelt sich bei dem Wert um eine Schätzung. Wie stark die Rente im kommenden Jahr tatsächlich steigt, legt das Bundeskabinett immer erst im Frühjahr fest. Abweichungen vom jetzt vorliegenden Wert sind dabei durchaus möglich, etwa wenn sich die Löhne anders entwickeln als erwartet. So war vor einem Jahr ein Renten-Plus von lediglich 3,5 Prozent prognostiziert worden. Die jährliche Anpassung zum 1. Juli lag dann aber bei 3,74 Prozent.

Die Renten richten sich nach der Lohnentwicklung im Land. Sie werden im Normalfall jedes Jahr im Juli angehoben. Sinken die Löhne, verhindert eine sogenannte Rentengarantie aber, dass auch die Altersbezüge nach unten gehen. Im schlimmsten Fall kommt es dann zu Nullrunden, wie im Zuge von Corona oder im Jahr 2010 nach der Finanzkrise.

Julia Bergmann

CSU weist Forderung nach Verzicht auf Mütterrente zurück

Die CSU weist die Forderung von Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger scharf zurück, die schwarz-rote Koalition solle angesichts der Konjunkturschwäche auf die Ausweitung der Mütterrente verzichten. „Ich halte die Forderung des Arbeitgeberpräsidenten für absurd“, sagte CSU-Generalsekretär Martin Huber. „Wir investieren 500 Milliarden in Infrastruktur und Klimaschutz, wir unterstützen die Länder und Kommunen wie nie zuvor, wir entlasten bei Stromsteuer und Netzentgelten – da kann man doch nicht behaupten, es fehle an Investitionen. Die Mütterrente zu hinterfragen, ist der völlig falsche Ansatz.“

Die Mütterrente sei eine Frage von Gerechtigkeit und Wertschätzung. Von ihr würden zehn Millionen Frauen profitieren. Für viele Rentnerinnen mache diese Erhöhung einen großen Unterschied. Huber betonte: „Wir setzen um, was wir angekündigt haben. Bei uns gilt 'Versprochen gehalten' und nicht 'versprochen, beschlossen und dann doch nicht gemacht'.“

Die dritte Stufe der Mütterrente soll die Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder an die geltenden Regeln angleichen, was zu einer Rentenerhöhung führt. Sie soll ab dem 1. Januar 2027 gelten – kann aber gegebenenfalls erst rückwirkend ausgezahlt werden.

Linus Freymark

Arbeitgeberpräsident Dulger: "Die Mütterrente darf nicht weiter erhöht werden"

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger fordert angesichts der Konjunkturschwäche von CSU-Chef Markus Söder und der schwarz-roten Koalition im Bund einen Verzicht auf die Ausweitung der Mütterrente. "Die Mütterrente darf nicht weiter erhöht werden", sagte er der Augsburger Allgemeinen. "Der Staat muss die Mütterrente mit Steuergeld bezahlen - und dieses Geld fehlt dann für Investitionen." Er appellierte an die Bundesregierung, bei der Rente an die Jüngeren und nicht ausschließlich an die Älteren zu denken.

Die Mütterrente sei nicht treffsicher, die tatsächlichen Probleme des Rentensystems lägen woanders, sagte Dulger. Eine Anhebung wäre zudem ein falsches Signal an die junge Generation. Er hoffe, dass Bayerns Ministerpräsident als CSU-Parteichef das Projekt noch aussetze.

Vor Dulger hatte auch der Chef des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, gefordert, unter anderem die Mütterrente wegen der schlechten Wirtschaftsdaten in Deutschland zu stoppen. Auch er begründete dies mit einer wachsenden Sorge vor dem Verfall der deutschen Wirtschaft. Stattdessen sollte die Regierung dafür sorgen, dass die Rentenbeiträge nicht weiter steigen.

Söder hatte bisher jegliche Kritik an der Mütterrente zurückgewiesen. Es wundere ihn, wie darüber gesprochen werde, sagte er kürzlich in seiner Rede zum 80-jährigen Bestehen der CSU. Er rate all denen, die sagten, es müsse hier gekürzt werden, auch zu berücksichtigen, dass es darum gehe, dass Frauen Gerechtigkeit für erbrachte Lebensleistungen bekommen müssten. 

Auch parteiintern hatte sich Söder kürzlich Kritik an der Mütterrente anhören müssen. Die Junge Union hatte sich wie schon in der Vergangenheit gegen die Umsetzung ausgesprochen und ebenfalls auf die Generationengerechtigkeit verwiesen.

Die dritte Stufe der Mütterrente soll die Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder an die geltenden Regeln angleichen, was zu einer Rentenerhöhung führt. Sie soll ab dem 1. Januar 2027 gelten, kann aber gegebenenfalls erst rückwirkend ausgezahlt werden. 

Erdoğan und Merz geraten über Gaza-Krieg aneinander

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan und Bundeskanzler Friedrich Merz sind bei der gemeinsamen Pressekonferenz in Ankara über den Gaza-Krieg aneinandergeraten. Während Merz die Position Deutschlands an der Seite Israels betonte, warf Erdoğan dem Land erneut Völkermord vor. Israel habe trotz des Waffenstillstands wieder Ziele in Gaza angegriffen und sei darauf bedacht, „Gaza mit Hunger und Genozid gefügig zu machen“ sagte Erdoğan. Merz entgegnete, Israel habe von seinem Recht auf Selbstverteidigung Gebrauch gemacht. Eine einzige Entscheidung der Hamas, die Geiseln früher freizulassen und die Waffen niederzulegen, hätte den Krieg sofort beendet, so der Bundeskanzler. Erdoğan sagte daraufhin, er könne Merz leider nicht zustimmen. Die Hamas habe keine Nuklearwaffen und keine Bomben, aber Israel verfüge über all diese Waffen und habe Gaza trotz des Waffenstillstands wieder bombardiert.

Beide versicherten aber auch, dass sie sich für eine Entspannung des Konflikts einsetzen werden. Merz dankte Erdoğan, dass er zusammen mit Ägypten und Katar den Friedensplan von US-Präsident Donald Trump erst möglich gemacht habe. Außerdem äußerte er den Wunsch, die Türkei möge die Hamas zum Eintritt in die zweite Phase des Abkommens veranlassen. Dazu gehört unter anderem die Entwaffnung der islamistischen Terrororganisation. Die Türkei verfügt über gute Kontakte zur Hamas und hat bei der Vermittlung der Waffenruhe im Gazastreifen vor gut zwei Wochen eine wichtige Rolle gespielt. Erdoğan betonte, dass die türkische Regierung in Bezug auf die Hamas Schritte unternehme. Er glaube, dass Türkei und Deutschland Hand in Hand gehen werden, um den Krieg zu beenden.

Merz für Ausbau der strategischen Partnerschaft mit der Türkei

Bundeskanzler Friedrich Merz hat der Türkei eine Vertiefung der beiderseitigen Beziehungen angeboten. „Als Deutsche und als Europäer müssen wir unsere strategischen Partnerschaften ausbauen. Und dabei führt kein Weg an einer guten und vertieften Partnerschaft mit der Türkei vorbei“, sagte er in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in Ankara. „Lassen Sie uns das enorme Potenzial unserer Beziehungen in den kommenden Monaten und Jahren noch besser nutzen“, sagte Merz. Der Kanzler nannte die Verbindung zwischen Deutschland und der Türkei „in einer einzigartigen Weise breit und tief“.

Merz sicherte Erdoğan deutsche Unterstützung bei der angestrebten EU-Mitgliedschaft der Türkei zu. Die Bundesregierung sähe die Türkei „eng an der Seite der Europäischen Union“. Auch setze er sich für einen strategischen Dialog mit der Türkei auf europäischer Ebene ein. Zugleich wies Merz auf die Kopenhagener Kriterien für eine Aufnahme in die EU hin. In der Türkei seien Entscheidungen getroffen worden, die den Ansprüchen an Rechtsstaatlichkeit und Demokratie aus europäischer Sicht nicht genügen. Darüber sei man im Dialog.

Der CDU-Politiker betonte nach einem Treffen mit Erdoğan auch die Rolle der als sogenannte Gastarbeiter nach Deutschland gekommenen Menschen aus der Türkei. „Ohne diese Menschen und ohne diese Familien hätte Deutschland vor 60 Jahren den wirtschaftlichen Aufschwung nicht so beginnen können, wie wir ihn begonnen haben.“ Merz sprach von einem großen Nutzen für beide Seiten und verwies auf rund 400.000 Arbeitsplätze, für die türkisch-stämmige Unternehmen heute in Deutschland sorgten. Auch Erdoğan würdigte den Beitrag, den türkeistämmige Menschen in Deutschland geleistet hätten.

Christoph Heinlein

Verkehrsminister einigen sich auf Preisindex für das Deutschlandticket

Die Verkehrsminister haben die Weichen für einen Preismechanismus beim Deutschlandticket gestellt. Ab 2027 sollen in einem Preisindex Personal- und Energiekosten sowie allgemeine Kostensteigerungen in einem Zeitraum von drei bis zu fünf Jahren abgebildet werden. Die konkreten Details sollen laut einer Vorlage auf der Verkehrsministerkonferenz im Frühjahr 2026 beschlossen werden. Mit dem Preisindex soll die „politische Preisfindung“, die für viel Streit sorgte, ein Ende haben. Mitte September hatte die Verkehrsministerkonferenz beschlossen, dass der Preis des bundesweit gültigen Deutschlandtickets im Nah- und Regionalverkehr von derzeit 58 Euro auf 63 Euro steigen soll, in Zukunft soll dann der Preisindex Grundlage der Entscheidung sein. 

Auf der Verkehrsministerkonferenz in Straubing forderten die Verkehrsminister der Länder zudem mehr Geld zur Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland. Sie erwarten vom Bund, einen größeren Anteil des Milliarden-Sondervermögens für die Verkehrsinfrastruktur vorzusehen, wie das Vorsitzland Bayern nach der Konferenz mitteilte. Die Mittel sollten neben dem Bestandserhalt auch für Neu- und Ausbauprojekte sowie die Digitalisierung genutzt werden. Sie müssten für zusätzliche Investitionen dienen und sollten längerfristig bereitstehen. Mitte September hatte das Bundesverkehrsministerium von Milliarden-Finanzlücken für den Aus- und Neubau von Autobahnen berichtet. 

Merz will strategische Partnerschaft mit Türkei stärken

Bundeskanzler Friedrich Merz will die lange Zeit der von offenen Differenzen geprägten Beziehungen zur Türkei wieder zu einer echten strategischen Partnerschaft machen. Bei seinem Antrittsbesuch in der Türkei wird er heute mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan über die Friedensbemühungen in Gaza, den Ukraine-Krieg, die Rüstungskooperation und die Rückführung von Migranten in die Türkei und nach Syrien sprechen. Erstmals wird der Kanzler von seiner Ehefrau Charlotte zu einem rein bilateralen Besuch im Ausland begleitet.

Grüne fordern "Sicherheitsoffensive" noch vor Weihnachten

Bei der Abwehr von Sabotage, Spionage und Cyberangriffen kommt die Bundesregierung aus Sicht der Grünen-Fraktion nicht schnell genug voran. Immerhin hätten Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) inzwischen Fortschritte bei der Problembeschreibung gemacht, stellen Fraktionsvize Konstantin von Notz und die Parlamentarische Geschäftsführerin Irene Mihalic in einer gemeinsamen Erklärung fest, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Darin schreiben die zwei Innenpolitiker: "Bundeskanzler Merz und Innenminister Dobrindt adressieren die hybriden Angriffe auf unser Land endlich als das, was sie sind: Eine gewaltige Bedrohung unseres freiheitlich-demokratischen Zusammenlebens." Um Deutschland besser vor Angriffen autoritärer Staaten, insbesondere aus Russland, zu schützen, brauche es jetzt aber konkrete Maßnahmen.

Notwendig sei eine "Sicherheitsoffensive" noch vor Weihnachten. Allein auf den Nationalen Sicherheitsrat als Allheilmittel zu verweisen, reiche nicht aus - vor allem, wenn dieser erst im neuen Jahr tatsächlich seine Arbeit aufnehme. Das neue Gremium müsse schnellstmöglich aktiv werden.

Frei: Merz-Kritiker verstehen „Stadtbild"-Aussage bewusst falsch

Kanzleramtsminister Thorsten Frei hat den Kritikern der „Stadtbild"-Aussage von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) eine gezielte Fehlinterpretation vorgeworfen. Es sei so gewesen, „dass ihn 'ne Menge Leute missverstehen wollten", sagte der CDU-Politiker Frei in der am Mittwochabend ausgestrahlten ZDF-Talkshow Markus Lanz. „Für mich war völlig klar, was er damit meint. Er hat auf die Konsequenzen ungeregelter Migration hingewiesen. Und die sind doch offensichtlich."

Entzündet hatte sich die Diskussion um öffentliche Sicherheit und Migration an Merz' Aussage, die Bundesregierung korrigiere frühere Versäumnisse in der Migrationspolitik und mache Fortschritte, „aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen". Erst eine Woche später wurde er konkreter: Probleme machten jene Migranten, die keinen dauerhaften Aufenthaltsstatus hätten, nicht arbeiteten und sich nicht an Regeln hielten.

Julia Daniel

Kabinett beschließt schrittweise Erhöhung des Mindestlohns

Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland steigt bis Anfang 2027 auf 14,60 Euro pro Stunde. Die Bundesregierung beschloss am Mittwoch eine entsprechende Verordnung von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD). Demnach wird der Mindestlohn zum 1. Januar 2026 zunächst von derzeit 12,82 Euro auf 13,90 Euro angehoben. Ein Jahr später folgt die Erhöhung auf 14,60 Euro. Die Regierung setzt damit einen Beschluss der Mindestlohnkommission aus Gewerkschaften und Arbeitgebern vom Juni dieses Jahres um. Von der Erhöhung könnten nach einer Schätzung des Statistischen Bundesamtes bis zu 6,6 Millionen Jobs profitieren.

Bas sprach von einer Anhebung um fast 14 Prozent. Dies sei die größte sozialpartnerschaftlich beschlossene Lohnerhöhung seit Einführung des Mindestlohns im Jahr 2015 mit 8,50 Euro. "Das ist ein wichtiger Schritt für mehr Gerechtigkeit und Anerkennung derer, die unser Land Tag für Tag am Laufen halten", erklärte die Ministerin, die auch Co-Parteichefin der SPD ist. Nach den Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU hatten die Sozialdemokraten zunächst in Aussicht gestellt, dass der Mindestlohn bereits im kommenden Jahr auf etwa 15 Euro steige.

Bas dämpfte Befürchtungen in Teilen der Wirtschaft, die Lohnerhöhung könnte zu Jobverlusten führen. Durch die schrittweise Anhebung könnten die Unternehmen "die steigenden Kosten verantwortungsvoll über zwei Jahre verteilen", erklärte Bas. Mit der Verordnung erhöhen sich die Lohnkosten für die Arbeitgeber, deren Beschäftigte bisher einen geringeren Lohn erhalten, nach Schätzungen für 2026 um etwa 2,18 Milliarden Euro und für 2027 um etwa 3,44 Milliarden Euro.

Von der Anhebung sind dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zufolge etwa zehn bis zwölf Prozent der Beschäftigungsverhältnisse betroffen. Das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit (BA) geht davon aus, dass das Ausmaß des Niedriglohnsektors und der Lohnungleichheit in Deutschland dadurch verringert werde. Gleichzeitig weist das IAB laut Kabinettsvorlage darauf hin, dass die steigenden Lohnkosten für die Betriebe Anpassungserfordernisse mit sich brächten, "die auch zu negativen Effekten führen könnten".

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