Bundespolitik: CDU schließt Rückzug aller Richterkandidaten nicht aus

vor 11 Stunden 1

Man wolle sich bei der Wahl für das Bundesverfassungsgericht alle Optionen offenhalten, sagt Kanzleramtschef Thorsten Frei. Er räumt ein, dass der Kandidatin Brosius-Gersdorf Unrecht getan worden sei.

Für unseren Liveblog verwenden wir neben eigenen Recherchen Material der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters, epd, KNA und Bloomberg.

Wichtige Updates

Bund erwägt, Anteile am Panzerbauer KNDS zu kaufen

Deutschland macht Weg für Eurofighter -Export in Türkei frei

Weidel-Störer verteidigen Aktion bei Sommerinterview

Mutmaßlicher Abschiebeflug nach Bagdad gestartet

Bund will Aufträge an Tariftreue koppeln

Kerstin Lottritz

CDU will bei Wahl zur Bundesverfassungsrichterin alle Optionen offen halten

Im Streit um die SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf für die Wahl zur Bundesverfassungsrichterin hält Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) alle Optionen offen. „Ich halte es für richtig, in der jetzigen Situation nichts auszuschließen“, sagte Frei dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) auf den Hinweis, dass womöglich auch die anderen beiden Richterkandidaten zurückgezogen werden könnten. Neben Brosius-Gersdorf hatte die SPD auch die Staatsrechtlerin Ann-Katrin Kaufhold aufgestellt, die Union hatte den Bundesarbeitsrichter Günter Spinner nominiert.
 
Die Wahl von drei Kandidatinnen und Kandidaten für das höchste deutsche Gericht war am 11. Juli kurzfristig von der Tagesordnung des Bundestags genommen worden. Grund war der Widerstand innerhalb der Unionsfraktion. Entgegen vorheriger Zusagen konnte die Fraktionsspitze die Zustimmung zu Brosius-Gersdorf nicht mehr garantieren.

Plagiatsvorwürfe gegen Brosius-Gersdorf hält CDU-Politiker Frei für ausgeräumt. „Die haben sich als haltlos erwiesen, und damit ist ihr Unrecht getan worden“, gestand er ein. Er wies zugleich Mutmaßungen zurück, Unionsabgeordnete hätten sich von der AfD beeinflussen lassen. Man könne ganz sicher sein, dass sich die Unionsabgeordneten selbstständig ein Bild von politischen Sachverhalten machten. „Ich weise zurück, dass sie sich von wem auch immer haben treiben lassen“, sagte der Kanzleramtschef.
 
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) riet der Koalition im Bund, „in der Sommerpause sachlich und unaufgeregt über die Richterwahl“ zu sprechen, damit es im September einen neuen Anlauf geben könne. Im Magazin Focus bezeichnete Wüst Brosius-Gersdorf als „eine fachlich sehr versiert auftretende Juristin und starke Persönlichkeit“. Viele Angriffe gegen sie seien „absolut nicht in Ordnung“ gewesen.

Gleichwohl könne er nachvollziehen, dass in der Unionsfraktion angesichts der Diskussion um Brosius-Gersdorf Fragen aufgeworfen wurden. „Der Schutz des ungeborenen Lebens und die Würde des Menschen sind ein zentrales Gut – für unsere Verfassung und für uns als Gesellschaft“, betonte Wüst. „Es ist aus diesem Grund nicht in Ordnung, wenn das Eintreten für den Schutz des Lebens als rechts oder gar rechtsextrem dargestellt wird. Sachliche Kritik muss zulässig sein – gerade, wenn man für hohe Staatsämter antritt.“

Patrick Wehner

CSU will neues Personalpaket für Richterwahl 

CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann schlägt vor, den Koalitionsstreit über die Besetzung dreier Posten am Bundesverfassungsgericht über ein neues Personalpaket zu lösen. „Ein solches Personalpaket kann aus komplett neuen Namen bestehen, muss aber nicht“, sagte der Chef der CSU-Abgeordneten im Bundestag der Deutschen Presse-Agentur.

Bisher wurde vor allem über einen möglichen Rückzug der von vielen Unions-Abgeordneten abgelehnten SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf diskutiert, der von den Sozialdemokraten aber abgelehnt wird. Mit seinem Vorschlag signalisiert Hoffmann nun Bereitschaft, auch den von der CDU/CSU nominierten Bundesarbeitsrichter Günter Spinner zurückzuziehen. Die dritte Kandidatin, die Staatsrechtlerin Ann-Katrin Kaufhold, wurde ebenfalls von der SPD aufgestellt.

Hoffmann kann sich einen Rückzug aller drei Kandidaten vorstellen – oder auch nur von einem oder zweien. „Wir müssen aus dieser Situation rauskommen. Da ist Gelassenheit angesagt, da ist Sachlichkeit angesagt und eben auch die Überlegung, ob es gelingen kann über ein neues Personalpaket.“

Der Sommer werde nun genutzt, um zu einer Lösung zu kommen. „Ich persönlich glaube, dass man da mit einem neuen Personalpaket wohl am ehesten rauskommt“, sagte Hoffmann. Er appellierte an beide Seiten, die weitere Diskussion nicht mit gegenseitigen Anwürfen zu führen, sondern mit Respekt.

Die Wahl der drei Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht war am 11. Juli kurzfristig von der Tagesordnung des Bundestages genommen worden. Grund war der Widerstand innerhalb der Unionsfraktion. Entgegen vorheriger Zusagen konnte die Fraktionsspitze die Zustimmung zur Brosius-Gersdorf nicht mehr garantieren.

Kassian Stroh

Ministerium rechnet mit hohen Mehrkosten bei Umbau des Fliegerhorsts Büchel

Der Umbau des Luftwaffen-Fliegerhorsts Büchel für die neuen F-35-Tarnkappenjets wird wohl deutlich teurer als geplant. Das Verteidigungsministerium rechnet mit Mehrkosten von mehr als 640 Millionen Euro, wie aus einer vertraulichen Unterlage für den Haushaltsausschuss des Bundestages hervorgeht, aus dem die Nachrichtenagentur Reuters zitiert. Damit würden die Gesamtkosten auf gut zwei Milliarden Euro steigen. Ursprünglich waren für das Vorhaben rund 700 Millionen Euro veranschlagt worden.

Als Gründe werden in dem Dokument "die allgemeine Baupreisentwicklung, zusätzliche Risikopuffer sowie bislang nicht absehbare Forderungen der US-Seite" genannt. Kostentreiber sei auch der Faktor Zeit, da Büchel 2027 einsatzbereit sein soll. "Der kritische Projektzeitplan beinhaltet keinerlei zeitliche Puffer, um das Projektziel zu erreichen", warnt das Ministerium.

Die Bundesregierung hat im Jahr 2022 insgesamt 35 F-35-Kampfjets in den USA bestellt, sie sollen die veraltete Tornado-Flotte der Luftwaffe ersetzen. Für die neuen Maschinen muss der Flugplatz in Rheinland-Pfalz jedoch umfangreich umgebaut und modernisiert werden - unter strenger Überwachung durch die USA. Denn in Büchel lagern  US-Atomwaffen in Bunkern unter der Erde. Im Rahmen der sogenannten nuklearen Teilhabe der Nato sollen deutsche Kampfflugzeuge diese im Verteidigungsfall einsetzen - künftig eben die F-35-Jets. 

Kassian Stroh

Bund erwägt, Anteile am Panzerbauer KNDS zu kaufen

Deutschland erwägt einen Staatseinstieg beim deutsch-französischen Panzerproduzenten KNDS. "Wir ziehen das in Erwägung", bestätigte Verteidigungsminister Boris Pistorius bei einem Treffen mit seinem französischen Kollegen Sebastien Lecornu in Osnabrück. Er sehe, was sich bei den Eigentümerfamilien und anderen tue. "Wir arbeiten daran. Wir erwägen es, aber wir haben noch keine Entscheidung getroffen."

Die Börsen-Zeitung hatte berichtet, die Eigentümerfamilien Bode und Braunbehrens wollten sich schrittweise aus dem Eigentümerkreis der Leopard-Hersteller zurückziehen und ihre Aktien verkaufen. Deshalb bereite sich die Bundesregierung auf einen Einstieg mit einer Sperrminorität vor, um das deutsch-französische Machtgefüge in der Balance zu halten. Der Wert von KNDS werde auf rund 20 Milliarden Euro geschätzt.

Laut Zeitung könnten der französische Staat und die Wegmann-Holding der beiden Familien beim noch dieses Jahr avisierten KNDS-Börsengang jeweils 12,5 Prozent der Aktien an neue Investoren abgeben. Darüber hinaus könnte die Bundesregierung von Wegmann eine Sperrminorität von 25,1 Prozent erwerben. Der Konzern mit Sitz in Amsterdam war 2015 aus dem Zusammenschluss der deutschen Firma Krauss-Maffei Wegmann und der französischen Nexter entstanden. Die Wegmann Unternehmens-Holding hält aktuell 50 Prozent der KNDS-Anteile, die staatliche französische Beteiligungsholding APE die übrigen 50 Prozent.

Patrick Wehner

CDU/CSU: Videoüberwachung auf Bahnhöfen zur Bekämpfung von Kriminalität einsetzen

Die CDU/CSU will laut einem Medienbericht Kriminalität und Straftaten an Bahnhöfen und Zügen bundesweit stärker bekämpfen. "Die Bundesregierung hat unsere Grenzen sicherer gemacht, als Nächstes brauchen wir eine Sicherheitsoffensive für öffentliche Plätze im Inland", sagte der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Alexander Throm, der Bild laut einem Vorabbericht. Der Koalitionsvertrag mit der SPD sehe eine Videoüberwachung an Kriminalitätsschwerpunkten mit intelligenter Gesichtserkennung vor. "Die Technik ist längst erprobt, wir müssen sie endlich anwenden. Datenschutz darf die Sicherheit der Menschen nicht länger ausbremsen", sagte Throm dem Zeitungsbericht zufolge. 

Patrick Wehner

Tausende in Griechenland anerkannte Flüchtlinge nach Deutschland weitergereist

Laut einem Vorabbericht der Funke Mediengruppe haben in den Monaten Januar bis Mai dieses Jahres rund 8000 bereits in Griechenland anerkannte Flüchtlinge in Deutschland erneut Asyl beantragt. Die Funke Mediengruppe bezieht sich in dem Bericht auf eine Anfrage beim Bundesinnenministerium. Dem Vorabbericht zufolge reisten viele der anerkannten Flüchtlinge mit dem Flugzeug nach Deutschland.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) fordere daher mehr Kontrollen an deutschen Flughäfen. "Die Bundespolizei kontrolliert Flussbrücken, Autobahnen und Landstraßen an den Binnengrenzen zu Polen oder Österreich. Wir sind an der Landesgrenze mit massivem Personaleinsatz unterwegs, überprüfen strikt auf mögliche irreguläre Einreisen von Migranten und Schutzsuchenden. Zugleich klafft eine Lücke an den Flughäfen", sagte Andreas Roßkopf, Vorsitzender des GdP-Bereichs Bundespolizei, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. An den Flughäfen habe die Polizei kaum Handhabe gegen illegale Migration. Die Bundespolizei benötige dort dringend mehr Befugnisse zur Kontrolle und auch zur Zurückweisung der sogenannten Sekundärmigration.

Merz und Macron mit "deckungsgleichen" Positionen in Zollverhandlungen

Kanzler Friedrich Merz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron haben nach Angaben von Regierungssprecher Stefan Kornelius "deckungsgleiche" Positionen vor der entscheidenden Runde der Zollverhandlungen zwischen den USA und der EU. In dem gemeinsamen Gespräch hätten beide verabredet, die Verhandlungen in der mutmaßlich entscheidenden Phase "engstens" zu begleiten. Man sei sich einig, dass sich die EU weitere handelspolitische Instrumente vorbehalten müsse, sollten die Verhandlungen mit den USA nicht zu einem Erfolg führen, und auch bereit sein müsse, neue Maßnahmen zu entwickeln. 

Leopold Zaak

Deutschland macht Weg für Eurofighter-Export in Türkei frei

Die Bundesregierung hat den Weg für den Export von Eurofighter-Kampfjets in die Türkei frei gemacht. "Ich kann bestätigen, dass die Bundesregierung eine Voranfrage der Industrie positiv beschieden hat", sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius.

Diese Entscheidung hatte sich die letzten Tage über angedeutet. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte am Montag gesagt, er sei zuversichtlich, dass die Jets bald ankommen würden. Und auch Bundeskanzler Friedrich Merz hatte positive Signale in Richtung der Türkei gesendet. Vergangene Woche hatte er eine Entscheidung angekündigt, "die auch eine entsprechende Exportgenehmigung ermöglicht".

Die Türkei will 40 der Eurofighter-Flugzeuge kaufen, die in Großbritannien hergestellt werden. Da Deutschland an dem europäischen Gemeinschaftsprojekt beteiligt ist, können die Kampfjets ohne Einwilligung der Bundesregierung nicht exportiert werden.

Leopold Zaak

Terrorwaffe Messer oder Auto: Hubig will Strafrecht anpassen

Die Vorbereitung von Terrortaten mit Alltagsgegenständen wie Autos oder Messern soll nach dem Willen von Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) schärfer geahndet werden. "Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass bei den Anschlägen in jüngerer Zeit vermehrt Fahrzeuge oder Messer genutzt wurden", heißt es in einem entsprechenden Gesetzentwurf, den das Justizministerium in Berlin veröffentlicht hat. Zuvor hatte die Bild-Zeitung darüber berichtet.

Auch die Ausreise und die Wiedereinreise nach Deutschland mit dem Ziel, eine terroristische Straftat zu begehen, soll den Plänen zufolge künftig als sogenannte schwere staatsgefährdende Straftat eingestuft werden. Darauf steht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Haft. Dies zielt auf Menschen ab, die für Terrorismus-Schulungen ins Ausland reisen. Auch bei der Strafbarkeit der Terrorismusfinanzierung sind Änderungen geplant.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßte das Vorhaben, mahnte aber, Strafverschärfungen reichten nicht aus. Die Sicherheitsbehörden müssten mögliche Straftäter rechtzeitig identifizieren können. Nötig seien Investitionen in qualifiziertes Personal, moderne technische Ausstattung und rechtliche Befugnisse. So könne beispielsweise künstliche Intelligenz stärker zum Einsatz kommen.

Kassian Stroh

Merz und Macron treffen sich in Berlin zu einem Arbeitsessen

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kommt am Abend nach Berlin, im Zentrum seines Arbeitsbesuchs sollen die Absprache über die Verhandlungen im Zollstreit zwischen der EU und den USA sowie die Lage in der Ukraine stehen. Es gebe aber auch eine ganze Reihe weiterer Themen, sagte Kanzleramtschef Thorsten Frei im ZDF. "Wir haben natürlich ganz enorme sicherheitspolitische und wirtschaftspolitische Herausforderungen, die sowohl Deutschland als auch Frankreich und ganz Europa betreffen." Die Tatsache, dass die Tagesordnung bei dem Abendessen mit Kanzler Friedrich Merz so voll sei, zeige das besonders gute und wichtige Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich.

Macron wird am Abend in der Villa Borsig in Berlin erwartet, einem Gästehaus des Auswärtigen Amtes, in dem von 1946 bis 1951 der Oberkommandierende der französischen Truppen in Deutschland saß. Themen sind dann wohl auch die Vorbereitung des deutsch-französischen Ministerrats Ende August und Forderungen aus der französischen Industrie nach einem größeren Anteil am geplanten gemeinsamen Luftkampfsystem FCAS.

Sprechen dürften Merz und Macron auch über den Umgang mit Israel angesichts des kritisierten Vorgehens im Gazastreifen mit immer mehr toten Zivilisten. Deutschland hat eine von Frankreich und Großbritannien getragene Erklärung nicht unterzeichnet, die Israel zu einem sofortigen Kriegsende im Gazastreifen auffordert. Merz begründete dies damit, dass der EU-Gipfel eine fast gleichlautende Erklärung verabschiedet habe, an der er mitgearbeitet habe. Es gehe also nicht um inhaltliche Differenzen.

Kanzleramtschef Frei sagte nun, dass der Bundesregierung die Abfolge der nötigen Schritte in dem Schreiben nicht klar genug gewesen sei. Für die Bundesregierung sei wichtig, "dass der Ausgangspunkt zunächst einmal die Attacke, der Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023, ist, dass immer noch Geiseln in Haft und in der Gewalt der Hamas sind". Die Bundesregierung habe ihre Bedenken über die schlechte humanitäre Lage der palästinensischen Zivilbevölkerung aber sowohl öffentlich als auch gegenüber der israelischen Regierung klargemacht.

Patrick Wehner

Nachbesserungen an Klinikreform werden konkret 

Die vorgesehenen Nachsteuerungen bei der Krankenhausreform nehmen konkrete Formen an. Das Bundesgesundheitsministerium plant jetzt einen Entwurf für ein Anpassungsgesetz in die Anhörung bei den Ländern und Verbänden zu geben, wie es aus Kreisen des Ressorts hieß. An den Zielen einer besseren Qualität und einer Konzentration bei schwierigen Eingriffen solle dabei festgehalten werden. Um die Reform vor Ort umsetzbar zu machen, sollten den Ländern aber mehr Gestaltungsmöglichkeiten an die Hand gegeben werden. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) und ihre Kolleginnen und Kollegen aus den Ländern hatten sich Anfang Juli dazu abgestimmt, die noch von der Ampel-Koalition gegen Proteste durchgesetzte Reform nachzubessern. Sie trat Anfang 2025 in Kraft und soll bis 2029 umgesetzt werden. Das Netz der 1 700 Kliniken dürfte kleiner werden.

Basis der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen neue «Leistungsgruppen» sein. Sie sollen Behandlungen genauer beschreiben und einheitliche Qualitätsvorgaben bei Personal und Erfahrung gewährleisten. Konkret soll nach Angaben aus Ministeriumskreisen nun etwa geregelt werden, dass bestimmte Standards zur Zahl von Ärzten in Ausnahmefällen nicht nur für drei Jahre ausgesetzt werden dürfen, sondern für zweimal drei Jahre. Zudem sollen bestimmte Fristen verlängert werden, damit die Länder mehr Zeit haben, die Wirkungen der Reform abzuschätzen. Die Definition eines Klinikstandorts, wonach dessen Gebäude maximal zwei Kilometer voneinander entfernt sein dürfen, solle aber beispielsweise nicht noch weiter gefasst werden.

Weidel-Störer verteidigen Aktion bei Sommerinterview

Die Aktivisten-Gruppe Zentrum für Politische Schönheit hat den Vorwurf, mit ihrer Störaktion beim ARD-Sommerinterview mit AfD-Chefin Alice Weidel möglicherweise eher der AfD genutzt als geschadet zu haben, zurückgewiesen. „Diese Angst muss man ein Stück weit loswerden, wenn man die AfD bekämpfen will“, sagte der Sprecher der Gruppe, Philipp Ruch, im Podcast „Ronzheimer“.

Man mache seit mindestens acht Jahren Aktionen gegen die AfD. Schon bei der ersten Aktion – die Gruppe hatte damals eine Nachbildung des Berliner Holocaust-Mahnmals in der Nachbarschaft des Wohnhauses von AfD-Politiker Björn Höcke in Thüringen aufgestellt – habe es geheißen, das sei Wasser auf die Mühlen der AfD. „Ich würde gar nicht von einer Störaktion reden, sondern von einer Verschönerungsaktion. Also hier wurde tatsächlich, glaub ich, so was wie der Fernsehmoment des Jahres geschaffen“, sagte Ruch zur Aktion am vergangenen Sonntag.

Er beantwortete auch Fragen dazu, wie der große Bus mit Lautsprecheranlage am gegenüberliegenden Spreeufer am Reichstag postiert werden konnte, von wo das Sommerinterview mit einem Anti-AfD-Lied so laut beschallt wurde, dass ein normales Gespräch nicht mehr möglich war. Das Regierungsviertel sei sehr gut gesichert, es gehöre aber nicht der ARD, sagte Ruch.

Lesen Sie zu diesem Thema auch das Interview mit Parteienforscher Benjamin Höhne (SZ Plus).

Kassian Stroh

Mutmaßlicher Abschiebeflug nach Bagdad gestartet

Vom Leipziger Flughafen aus ist am Vormittag nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa ein Abschiebeflug in den Irak gestartet. Die Maschine mit dem Ziel Bagdad hob um 10.52 Uhr ab, wie das Portal Flightradar24 dokumentiert. Das Bundesinnenministerium machte auf Anfrage allerdings keine offiziellen Angaben.

Nach Angaben eines dpa-Fotografen sicherte die Polizei die Abfertigung des Fluges ab. Die Passagiere wurden in Kleinbussen der Polizei und zwei größeren Flughafenbussen zu der Maschine gebracht. Polizisten begleiteten die Insassen einzeln die Treppe zum Flieger hoch.

Erst im Februar waren 47 Menschen aus elf Bundesländern von Hannover aus in den Irak abgeschoben worden. Am vergangenen Freitag war zudem vom Flughafen Leipzig/Halle aus ein Abschiebeflug nach Afghanistan gestartet. An Bord waren nach Behördenangaben 81 Straftäter. Es war der zweite Abschiebeflug nach Afghanistan seit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021.

Lesen Sie im Text von Markus Balser mehr über Innenminister Dobrindts Abschottungspläne für die EU (mit SZ Plus):

Dominik Fürst

Bund will Aufträge an Tariftreue koppeln

Unternehmen sollen bei Aufträgen des Bundes ihre Mitarbeiter künftig nach Tarif bezahlen müssen. Laut einem neuen Gesetzentwurf von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) sollen sie "tarifvertragliche Arbeitsbedingungen" gewähren müssen, wie es in dem Referentenentwurf für ein Tariftreuegesetz heißt. Die Deutsche Presse-Agentur zitiert daraus. Über ein solches Gesetz wird seit Jahrzehnten diskutiert. Auch die Ampel-Regierung hatte sich ein Tariftreuegesetz vorgenommen, aber vor allem wegen Vorbehalten bei der FDP nicht verwirklicht. In den Bundesländern gibt es entsprechende Regelungen seit Längerem.

Bas sprach in Berlin von einem starken Signal und erinnerte an das Sondervermögen Infrastruktur: "Für die Modernisierung von Brücken, Krankenhäusern, Schulbauten werden dann viele öffentliche Aufträge vergeben", dabei sei nun klar: "Lohn-Dumping mit Steuergeld schieben wir einen Riegel vor."

Das Tariftreuegesetz, das Bas' Ressort gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium unter Katherina Reiche (CDU) verantwortet, soll im August vom Kabinett auf den Weg gebracht und im Laufe des Jahres im Bundestag verabschiedet werden.

Kassian Stroh

Bauministerin: In fünf Jahren soll es keine Wohnungslosen mehr geben

Bundesbauministerin Verena Hubertz (SPD) will die Obdach- und Wohnungslosigkeit in Deutschland nach eigenem Bekunden bis zum Jahr 2030 überwinden. „Wohnungslosigkeit ist ein gesellschaftliches Problem, das wir angehen müssen. In so einem reichen Land wie Deutschland sollte niemand auf der Straße leben müssen“, sagte sie der Rheinischen Post. Die Bundesregierung habe sich klar zur Umsetzung des Nationalen Aktionsplans gegen Wohnungslosigkeit bekannt. „Und daran arbeiten wir intensiv.“

Mit diesem Plan will die Bundesregierung die Obdach- und Wohnungslosigkeit bis zum Ende des Jahrzehnts überwinden. „Ein Schlüssel hierfür ist mehr bezahlbarer Wohnraum. Mit dem Bauturbo und Investitionen in den sozialen Wohnungsbau schaffen wir dafür die Voraussetzungen“, sagte Hubertz.

Für noch weitergehende Regelungen spricht sich die Opposition aus. Die Linken-Politikerin und Bundestagsabgeordnete Sahra Mirow sagte der Zeitung: „Die Linke fordert, das Recht auf Wohnen im Grundgesetz zu verankern.“ Dass die Zahl wohnungsloser Menschen steige, sei alarmierend „und verdeutlicht das Versagen der bisherigen Wohnungspolitik“.

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