Da dieser seine ursprünglichen Zolldrohungen bislang nur in abgeschwächter Form in die Tat umgesetzt hat, hat auch die Furcht der Finanzmärkte vor eskalierenden Handelskriegen der USA mit dem Rest der Welt wieder etwas nachgelassen. Der US-Präsident hatte sich mit seiner Neigung, nach martialischen Drohungen schnell wieder den Teilrückzug anzutreten, in der Finanzwelt den Spottnamen »Taco« eingehandelt: »Trump always chickens out«, Trump kneift immer. Hängen bleibt aber vor allem eins: die Unsicherheit, dass jederzeit wieder etwas passieren kann.
Heimatmarkt wiederentdeckt
»Zahlreiche Indizien deuten auf eine deutliche Bewegung von Investorengeldern aus den USA in Richtung Europa, aber auch in andere Regionen wie Japan hin«, sagt Ludovic Subran, bei der Münchner Allianz als Chief Investment Officer der Hauptverantwortliche für die Geldanlagen. Der Münchner Dax-Konzern zählt mit knapp 2,5 Billionen Euro angelegten Kapitals zu den internationalen Größen der Zunft.
Zuvor war über Jahre das große Geld aus aller Welt an die US-Finanzmärkte geströmt. »Dies hat sich jetzt geändert«, sagt Vincenzo Vedda, Global Chief Investment Officer bei DWS, dem Vermögensverwalter der Deutschen Bank. »Aus einer kräftigen Übergewichtung der USA durch die Fondsmanager noch zum Jahresende 2024 ist auf diese Weise eine deutliche Untergewichtung geworden.« Vedda nennt zwei Trends: »Erstens, die Wiederentdeckung Europas und seiner Aktien. Das Interesse kam dabei sowohl aus Asien als auch den USA, aber auch die Europäer selbst haben ihren ›Heimatmarkt‹ wiederentdeckt.«
Zweitens verspürten nach Veddas Worten etliche Anleger den Drang, »das US-Exposure zu reduzieren und stärker zu diversifizieren.« Wesentlicher Treiber sei neben der politischen Entwicklung in den USA und dem Umstand, dass etliche Investoren zuvor ein sehr großes Übergewicht in den USA aufgebaut hatten, auch die Sorge um eine weitere Dollar-Abschwächung gewesen.
»Das gestiegene Interesse nach europäischen Aktien ist aber auch von mehr Zuversicht über die Perspektiven in Europa getragen«, meint BayernLB-Chefvolkswirt Jürgen Michels. Dazu habe das Fiskalpaket der neuen Bundesregierung beigetragen. »Vor diesem Hintergrund scheinen Investoren nicht mehr bereit, den historisch außergewöhnlich hohen Bewertungsaufschlag von US-Aktien gegenüber europäischen Aktien zu akzeptieren.«