Besuch bei Donald Trump: Donald Trump belohnt Giorgia Meloni mit ganz viel Lob

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Es ist kurz nach 12 Uhr im Weißen Haus, eigentlich soll das Mittagessen beginnen. Auf der einen Seite im Cabinet Room sitzt Donald Trump mit seinen Leuten zu Tisch, ihm gegenüber Giorgia Meloni mit ihren Leuten.

Doch statt Artischocken und gegrilltem Radicchio gibt es erstmal eine spontane Pressekonferenz für die Journalisten und Kamerateams im Raum. Die italienische Ministerpräsidentin darf kurz davon schwärmen, wie Europa und die USA »gemeinsam wachsen« könnten. Dann übernimmt Donald Trump das Wort, lästert über seinen Vorgänger Joe Biden, schimpft über »praktisch alle Länder der Welt«, die Amerika »abgezockt hätten« und schwärmt von den »Deals«, die er bald schließen werde.

Als die Presse den Raum verlässt, hat Meloni die erste Hürde geschafft. Sie ist Trump nicht ins Wort gefallen, sie hat ihn nicht belehrt – und wird von ihm großzügig belohnt. »Ich mag sie sehr gern«, sagt der US-Präsident über seine Besucherin. Sie mache »einen großartigen Job« und sei eine »großartige Ministerpräsidentin«. Fast schon väterlich betont Trump: »Wir sind sehr stolz auf sie.«

Emmanuel Macron durfte vor Meloni ins Weiße Haus

Die Italienerin hat lange gewartet auf die ersehnte Audienz. Schon Wochen vor ihr durfte ihr Dauerrivale Emmanuel Macron ins Weiße Haus, ebenso wie der britische Premier Keir Starmer. Sogar der Präsident Finnlands bekam schon einen Termin – Alexander Stubb durfte Golf spielen mit Trump.

 Lange auf die Audienz gewartet

Regierungschefs Trump, Meloni (mit Delegationen beim Mittagessen im Weißen Haus): Lange auf die Audienz gewartet

Foto: Alex Brandon / AP

Doch Melonis Besuch kommt in einem besonders kritischen Moment. Sie ist die erste europäische Regierungschefin im Weißen Haus, seitdem Donald Trump am 2. April die Welt mit seinem Handelskrieg ins Chaos stürzte. Entsprechend groß sind die Erwartungen.

Es ist eine heikle Mission. Gegenüber dem »MAGA«-Lager in den USA will sich Meloni als rechtskonservative Gesinnungsfreundin profilieren. Zugleich darf sie keinen Bruch mit ihren EU-Partnern riskieren.

Politiker aus aller Welt würden ihm nun das Gesäß »lecken« wollen, hatte Trump vor kurzem über seine Zollpolitik gesagt – und damit Besuche im Weißen Haus zur Herausforderung gemacht. Meloni darf sich nicht als höfische Schmeichlerin präsentieren, sonst macht sie sich in Europa lächerlich. Sie darf kein Schreigefecht provozieren wie der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, sonst eskaliert womöglich der Streit um die Zölle.

Und sie braucht ein einigermaßen vorzeigbares Ergebnis, um in der EU wieder in die erste Reihe zu kommen. Schließlich ist sie durch die europafeindlichen Attacken des Trump-Lagers in Erklärungsnöte gekommen.

Die Rechtspopulistin setzt auf ideologische Nähe

Die Rechtspopulistin hatte sich viel Mühe gegeben in den vergangenen Monaten. Bald nach der US-Wahl machte sie Trump in Mar-a-Lago ihre Aufwartung. Als einzige europäische Regierungschefin reiste sie wenig später zur Amtseinführung des neuen Präsidenten nach Washington. Sie durfte Trump an seinem Jubeltag zwar nur morgens kurz in der Kirche begrüßen und brachte nicht einmal ein gemeinsames Foto zurück mit nach Rom. Aber die Geste reichte ihr, um sich als vermeintliche Brückenbauerin zwischen der EU und den USA zu inszenieren.

Ihren US-Freunden aus der »MAGA«-Welt präsentierte sie sich gerne als eine von ihnen – zum Beispiel als sich ultrarechte Trump-Fans im Februar zur Konferenz CPAC trafen. Ausführlich lästerte Meloni in einer Videobotschaft über »globale Eliten« und deren »Mainstream-Propaganda-Maschiene«, den »Virus der cancel-culture« und die »Woke-Ideologie«. Trumps Wahlsieg habe bei den Linken eine »Hysterie« ausgelöst, ergänzte sie.

Und noch etwas: Mit ihrer erfolgreichen Wirtschaftspolitik werde sie dafür sorgen, dass Italien »die Welt wieder zum Staunen bringt«.

Italiens mickrige Nato-Beiträge machen Probleme

Doch im Vorfeld ihres Besuchs gab es nicht nur Begeisterung. Da sind die mickrigen Nato-Beiträge Italiens. Da ist Melonis Weigerung, Wolodymyr Selenskyj nach dem Vorbild Trumps zum Diktator oder Kriegstreiber zu erklären. Und ihr Verhältnis zur EU? Move fast, break things: Mit dieser Haltung ist Meloni in Brüssel zuletzt nicht aufgefallen – vermutlich zum Verdruss ihrer bisherigen Bewunderer in den USA.

Nicht sonderlich hilfreich für ihr Standing im Trump-Lager ist außerdem Melonis China-Politik. Erst im vergangenen Juli vereinbarte sie in Peking eine strategische Partnerschaft mit der Volksrepublik. Noch im März versicherte sie dem chinesischen Vize-Präsidenten Han Zheng, »dass unsere Partnerschaft eine wichtige Entwicklung haben wird«. Pluspunkte in Washington bringt das eher nicht.

Aber auch in Italien dreht sich die Stimmung. Dass der von Washington angezettelte Handelskrieg Italiens Interessen schadet, dass er Melonis Wachstumsversprechen vermutlich zunichte macht und dass die von ihr oft beschworene transatlantische Freundschaft von ihren ideologischen Partnern in den USA attackiert wird – all das hat sich inzwischen auch unter italienischen Rechtspopulisten herumgesprochen.

»Sie ist nicht Trumps Cheerleaderin«, sagen Melonis Leute

So gut es irgend geht, haben Melonis Leute ihre Rhetorik inzwischen angepasst. »Meloni hat bewiesen, dass sie kein Cheerleader von Trump ist«; »ich glaube nicht, dass Meloni Trump jemals geliebt hat«; »der amerikanische Protektionismus kann für Italien und Europa hochgefährlich sein« – in dieser Tonlage äußern sich neuerdings ihr nahestehende Minister, Abgeordnete und konservative Kommentatoren.

Nach dem Mittagessen im Cabinet Room wechseln Trump und Meloni ins Oval Office. Wieder sind Kamerateams dabei. Die beiden Regierungschefs stellen alle möglichen Gemeinsamkeiten heraus, es geht um illegale Immigration, die Drogenpolitik, den Mars. Und darum, was jetzt alles »great again» werden könne, die USA, der Westen und sogar die Europäische Union.

 »Für Europa hochgefährlich«

Verbünde von der Leyen, Meloni: »Für Europa hochgefährlich«

Foto: Ettore Ferrari / EPA

Meloni kann zufrieden sein. Einen »Deal« hätte sie im Namen Europas ohnehin nicht aushandeln können – die Zuständigkeit für Handelsfragen liegt bei der von Ursula von der Leyen geführten EU-Kommission. Falls im Weißen Haus hinter verschlossenen Türen nicht noch die Fetzen flogen, kann die Ministerpräsidentin mit dem Gefühl nachhause fliegen, die Stimmung auf beiden Seiten vorerst ein bisschen beruhigt zu haben. Zu »100 Prozent« werde es eine Zolleinigung mit Europa geben, hat Trump ihr versichert.

Trump will zum Gegenbesuch nach Rom

Und noch etwas hat die Rechtspopulistin in Washington erreicht. Der US-Präsident habe ihre Einladung nach Rom angenommen und wolle dort auch die Spitzen der EU treffen, sagt sie. Es wäre ein Triumph für Meloni – nicht zuletzt gegenüber Macron und Friedrich Merz.

Doch die Stimmung kann schnell kippen, für Meloni geht es deshalb darum, die Lage zu stabilisieren. Und dafür hat sie gleich morgen Gelegenheit. Kaum zurück in Italien, trifft sie am Freitag J.D. Vance – der katholische Vizepräsident verbringt das Osterwochenende in Rom. Nach seiner EU-feindlichen Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz hat er jetzt zumindest im Vorfeld auf gute Laune gesetzt.

Anfang der Woche sprach er nicht über angebliche Parasiten und Demokratiefeinde auf dem alten Kontinent, sondern erklärte überraschend seine Bewunderung. »Ich liebe Europa«, sagte Vance am Montag in einem Interview. »Die amerikanische Kultur lässt sich nicht von der europäischen Kultur trennen.«

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