Die latenten finanziellen Probleme erschweren die Kaderplanung des VfB Lübeck. Deswegen tun die Verantwortlichen alles, um die Erwartungen beim ehemaligen Zweitligisten niedrig zu halten.

Schwerer Weg: Dem VfB Lübeck steht aktuell nur ein kleiner Kader zur Verfügung. IMAGO/Agentur 54 Grad
Dass der VfB Lübeck finanziell nicht auf Rosen gebettet ist, wurde zuletzt bei einer Mitgliederversammlung in der Hansestadt deutlich. Dort kommunizierte eine vom Verein eingesetzte Expertenkommission eine "chronische, systematische Unterfinanzierung", nachdem im März 2025 ein Fehlbetrag in Höhe von 400.000 Euro aufgetaucht ist, der Traditionsverein schon im Dezember 2024 kurz vor der dritten Insolvenz stand, das Minus von damals einer Million Euro aber im Zuge einer großen Solidaritäts- und Unterstützungswelle begleichen konnte.
Der Fehlbetrag aus dem März dieses Jahres wurde inzwischen gedeckt, allerdings mit Einnahmen (Dauerkarten etc.) aus der kommenden Saison. Geld, das nun aber Sebastian Harms (46) beim Aufbau eines neuen Teams fehlt. Der finanzielle Spielraum, bei bisher 14 Spielern mit einem Profivertrag, beträgt 550.000 Euro und ist fast ausgereizt. Im Vergleich zur Ligakonkurrenz sei der Etat laut des Sportvorstandes von der Lohmühle damit "im letzten Viertel."
Für Aufregung sorgte jüngst in den Medien in diesem Zusammenhang aber vor allem die Aussage von Harms, dass man sich unter anderem nur noch "junge Spieler aus wohlhabenden Familien" leisten könne. Das will Harms so nicht stehen lassen: "Die in den Medien aufgegriffenen Zitate entstammen als Teilaussage einer Antwort von mir im Rahmen einer Fragerunde mit unseren Mitgliedern am vergangenen Montag. In dieser wollte ein Mitglied wissen, warum unser Kader aktuell noch so klein ist und unter welchen Voraussetzungen wir aktuell arbeiten und planen können", erzählt der Sportvorstand. Harms habe erläutert, "dass unser Budget für die Mannschaft im letzten Viertel der Regionalliga liegt und unsere finanziellen Mittel durch unsere aktuellen Spieler bereits weitestgehend aufgebraucht sind. Da uns nur noch ein minimaler Rest-Etat zur Verfügung steht und wir nur in der Lage sind, minimale Gehälter für weitere Neuzugänge zu zahlen, sind wir dazu gezwungen, sehr kreative Lösungen zu finden."
Hierfür gibt es laut Harms hauptsächlich folgende Wege: "Leihen junger Spieler anderer Vereine, für deren weitere Ausbildung wir mit unserer Mannschaft und unserem Trainerteam eine gute inhaltliche Plattform zur sportlichen Weiterentwicklung des Spielers bieten können und dieser sportliche Mehrwert es ermöglicht, dass die aktuellen Vereine bereit sind, ihre Spieler finanziell so zu unterstützen, dass sie während ihrer Zeit in Lübeck existenziell abgesichert sind. Gleiches gilt für vereinslose Spieler, bei denen dieser sportliche Mehrwert seitens der Berateragenturen oder des familiären Umfelds, so es sich die wirtschaftliche Unterstützung des Spielers leisten kann, als wertvoll erkannt und entsprechend finanziell unterstützt wird. Bei allem steht natürlich trotzdem die sportliche Einschätzung an erster Stelle", so der Sportvorstand der Lübecker, der mit Blick auf das Saisonziel des VfB anfügt: "Aus heutiger Sicht kann das nur Klassenerhalt lauten."
Capretti modifiziert sein Ziel
Bestätigt wird die Einschätzung zur rein sportlichen Situation auch von Guerino Capretti (43). "Am Anfang der Vorbereitung habe ich noch gesagt, dass wir einen einstelligen Tabellenplatz anvisieren. Jetzt ist das Ziel definitiv nur Klassenerhalt." Die Begründung dafür liefert der VfB-Cheftrainer gleich nach: "Wir haben wenig Spieler, haben wenig Vorbereitung, neue Spieler sind nach und nach gekommen. Als Team zusammenzuwachsen, braucht seine Zeit. Wir werden uns noch in der Liga finden müssen. Auch vom Fitness-Level sind wir noch nicht so weit. Wir müssen trotzdem zusehen, dass wir schnellstmöglich gleich Punkte holen."
Die erste Möglichkeit dafür bietet sich dem VfB Lübeck am 26. Juli im Heimspiel (16 Uhr) auf der Lohmühle gegen den Bremer SV.
Stephan Russau