USA: Widerstand gegen Trumps „großes, schönes Gesetz“

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Donald Trump pflegt eine eigene Sprache, auch und gerade beim Umgang mit Geld. Das Wort tariffs, Zölle, zum Beispiel zählt seiner Meinung nach zu den schönsten Wörtern überhaupt. Dabei verfestigt sich in weniger begeisterten Teilen Amerikas und der Welt längst der Eindruck, dass sein Zollexzess für die amerikanische und globale Wirtschaft keine sehr angenehmen Folgen hat. Jetzt geht es um einen anderen Liebling von Trump: One Big Beautiful Bill.

So nennt der US-Präsident seinen Haushaltsplan, den er noch vor dem Feiertag Memorial Day am kommenden Montag durch den Kongress bringen will. Mit diesem „einen großen, schönen Gesetz“ sollen Steuern gesenkt, Sozialausgaben gekürzt und die Mittel für den Grenzschutz erhöht werden. Es ist das bisher wohl wichtigste Projekt dieser zweiten Ära Trump. Weil genau daran die Finanzierung seiner Ideen hängt.

Die Ratingagentur Moody’s hat die Kreditwürdigkeit der USA herabgestuft. Und jetzt: noch mehr Schulden?

Das Problem für den Mann im Weißen Haus sind dabei allerdings weniger die Demokraten, diese Opposition ist ohnehin geschlossen gegen den Entwurf. Nachdem die Republikaner im Wahlkampf damit geworben hatten, Amerikanern aus der Arbeiterklasse zu helfen, „belohnt ihr Budget wieder einmal Milliardäre und reiche Unternehmen und macht es Familien schwerer, über die Runden zu kommen“, sagte vor Kurzem Pete Aguilar, der demokratische Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus. „Es geht einfach darum, Menschen wie Elon Musk zu helfen, weniger Steuern zu zahlen.“

Nein, zu kämpfen hat Trump mit seinen Republikanern. Denn auch dort gibt es Gegner seiner Initiative, einige Mitglieder der Regierungspartei finden seine Zahlen nicht so schön, sie wollen entweder mehr oder weniger. Grob gesagt, gehen dem besonders konservativen Teil die Einschnitte bei den Staatsausgaben nicht weit genug. Das überparteiliche Komitee für einen verantwortungsvollen Bundeshaushalt schätzt, dass sich die USA durch die Steuerverluste in den nächsten zehn Jahren um weitere 3,3 Billionen Dollar verschulden würden, andere gehen sogar von zusätzlichen fünf Billionen Dollar aus.

Derzeit liegt die Staatsverschuldung bei mehr als 36,2 Billionen Dollar, die Ratingagentur Moody’s hatte die amerikanische Kreditwürdigkeit am Freitag herabgestuft. Nicht zuletzt mit Verweis auf die enorme Zinslast hatte Trump mit dem Multimilliardär Elon Musk die sogenannte Behörde für Regierungseffizienz erfunden, kurz Doge, die ganze Ministerien und Agenturen aushöhlt oder abschafft. Scharen von Staatsangestellten wurden bereits entlassen. Und jetzt: neue Schulden?

„Unsere Kinder werden den Preis dafür zahlen“, sagte der stramm rechte Abgeordnete Chip Roy

Das missfällt einem Teil der republikanischen Mandatsträger. „Wir stellen Schecks aus, die wir nicht einlösen können, und unsere Kinder werden den Preis dafür zahlen“, sagte der stramm rechte Abgeordnete Chip Roy aus Texas. Da müsse sich etwas ändern, oder man werde seine Unterstützung nicht bekommen. Laut Leuten wie ihm wird bei den Posten wie der Gesundheitsversorgung Medicaid oder Subventionen für grüne Energie nicht genug gespart. Statt 1,5 Billionen Dollar wollen sie zwei Billionen Dollar weniger festschreiben lassen, um Trumps Steuererleichterungen aus seiner ersten Amtszeit 2017 dauerhaft zu bezahlen.

Am späten Sonntag war der One Big Beautiful Bill Act nach langen Debatten durch das House Budget Committee gebracht worden, mit 17:16 Stimmen. Das galt als Triumph für Trump und seinen jederzeit treuen Mike Johnson, den Sprecher im Repräsentantenhaus. Aber beide wissen, dass da nur eine Hürde auf dem Weg zur Abstimmung im Kongress überwunden wurde.

Der Texaner Roy etwa stimmte mit drei anderen Hardlinern bei dieser Etappe nur mit „anwesend“, also neutral, andernfalls hätte bei dem Votum nicht die erforderliche Zahl der Abgeordneten mitgemacht. Er habe das aus Respekt vor den Republikanern und dem Präsidenten getan, sagte er, aber das Gesetz sei „noch nicht zeitgemäß“. Diese Falken der Republikaner halten Programme für Gesundheit und Ernährung wie Medicaid und Snap mehr oder weniger für Sozialismus und Umweltschutz aus der Zeit von Joe Biden für Verschwendung.

Trumps Plan könnte mindestens 8,6 Millionen Amerikaner ihre Krankenversicherung kosten

Gemäßigte Parteikollegen aus Bundesstaaten mit hohen regionalen Steuern wie Kalifornien und New York dagegen verlangen höhere Freibeträge für Steuerzahler und wissen, wie unpopulär in ihrer Heimat Eingriffe bei der Krankenversorgung sind. Anfang vergangener Woche wies der republikanische Senator Josh Hawley aus Missouri in einem Gastbeitrag für die New York Times darauf hin, dass Medicaid mehr als 70 Millionen Amerikaner versorge und Kürzungen Millionen Wähler mit geringen Einkommen treffen würden.  Das wäre, schrieb er, „sowohl moralisch falsch als auch politisch selbstmörderisch“.

So feilschen die Lager bis zum letzten Moment um Beträge und Formulierungen in dem mehr als tausend Seiten langen Haushaltstext. Erstmals seit seinem neuen Amtsantritt merkt Donald Trump, dass seine Republikaner nicht immer der homogene Block sind, den er sich wünscht. Bisher hatte es nur vereinzelten Widerstand gegeben – die meisten Republikaner und Republikanerinnen standen und stehen hinter ihrem Präsidenten, sie ließen ihm bisher alles durchgehen. Nun wird es komplizierter.

Trump braucht nahezu jede Stimme seiner Leute im Repräsentantenhaus, seine Republikaner haben dort nur drei Sitze mehr als die Demokraten. Am Dienstagmorgen fuhr er deshalb rüber zum Kapitol und redete seiner Riege ins Gewissen, seit Wochen wirbt Trump für seinen Haushaltsplan. „Wir müssen es schaffen“, sagte er. Dass die Gesetzesänderungen mindestens 8,6 Millionen Amerikaner ihre Krankenversicherung kosten könnten, wie das Congressional Budget Office berechnet hat, ist seiner Ansicht nach „nicht bedeutsam“.

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