Um Trump nicht zu verärgern: Brüssel lässt DSA-Verfahren gegen X angeblich ruhen

vor 2 Tage 3

Solange die Handelsgespräche mit der US-Regierung laufen, wird die EU-Kommission offenbar nicht bekannt geben, was bei den Ermittlungen zu möglichen Verstößen des Kurznachrichtendiensts X gegen den Digital Services Act (DSA) herausgekommen ist. Das berichtet die Financial Times unter Berufung auf mehrere eingeweihte Personen. Sobald es Klarheit darüber gebe, welche Handelshemmnisse es künftig zwischen den Vereinigten Staaten und der EU geben soll, könnte demnach eine Entscheidung in dem Verfahren fallen. Niemand wolle US-Präsident Donald Trump verärgern und bestehende Handelskonflikte verschärfen, zitiert die Zeitung weiter. Vorteilhaft sei, dass der DSA keine Frist für eine Entscheidung vorsehe.

Gegen X laufen in Brüssel mehrere Verfahren wegen möglicher Verstöße gegen den DSA. Dabei geht es unter anderem um den Umgang mit jenem blauen Haken, den zahlende Nutzer und Nutzerinnen erhalten, der aber zur Verifizierung genutzt wurde, als X noch Twitter hieß und nicht Elon Musk gehörte. Weiterhin wirft die Kommission dem sozialen Netzwerk mangelnde Transparenz bei der Werbung und fehlende Unterstützung der Wissenschaft vor. Noch im April berichtete die New York Times, dass Brüssel eine massive Strafe von mehr als einer Milliarde US-Dollar vorbereitet. Darüber sollte bis zum Sommer entschieden werden. Um die Verhandlungen mit den USA nicht zu erschweren, liegt das jetzt wohl auf Eis.

Das Vorgehen gegen X gilt als erster bedeutender Versuch, die Vorgaben des Digital Services Acts durchzusetzen, und hat sich zu einem Streitpunkt mit der aktuellen US-Regierung entwickelt. Hinter den Kulissen reichte das Unternehmen von Musk angeblich hunderte Widersprüche ein, die die EU-Kommission bearbeitet hat. Elon Musk hatte angekündigt, jede Strafe entschieden gerichtlich und in der Öffentlichkeit bekämpfen zu wollen. Eine Quelle erklärte der New York Times, dass die vorgesehene Strafe auch deshalb so enorm hoch sein könnte, weil damit ein Exempel statuiert werden und andere Konzerne von eigenen DSA-Verstößen abgehalten werden sollen.

Mit dem DSA verpflichtet die EU Plattformen im Internet, mehr Transparenz über die Moderation der Inhalte und Werbung herzustellen. Die umfangreichsten Pflichten gelten dabei für sehr große Online-Plattformen (VLOPs), X gilt seit April 2023 als eine. Weil Musk den Dienst von der Börse genommen hat, sind zum Umsatz unter seiner Führung nur Schätzungen bekannt – X ist aber Brüssel gegenüber auskunftspflichtig. Der Umsatz ist für die Ermittlung einer möglichen Strafe ausschlaggebend; bei X würde der nicht für eine Milliardenstrafe reichen. Laut dem Bericht der New York Times hat man in Brüssel aber erwogen, für die Berechnung weitere direkt kontrollierte Unternehmen des Eigentümers einzubeziehen. In Musks Fall wäre das SpaceX.

(mho)

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