Trotz Waffenruhe gehen die Kämpfe zwischen Drusen und Beduinen im syrischen Suwaida wohl weiter. Drusen sollen die Kontrolle über die Provinzhauptstadt erlangt haben.
20. Juli 2025, 0:35 Uhr Quelle: DIE ZEIT, AFP, svj
Die Kämpfe in der syrischen Stadt Suweida sind nach dem Einsatz von Sicherheitskräften offiziellen Angaben zufolge beendet. Das Gebiet sei von Kämpfern eines Beduinen-Stammes geräumt worden, teilt das syrische Innenministerium mit. Die Regierung hatte die Sicherheitskräfte entsandt, um eine Waffenruhe nach Auseinandersetzungen zwischen Mitgliedern der Drusen-Gemeinschaft und syrischen Beduinen-Stämmen durchzusetzen.
Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte teilte zudem mit, nach einem Großangriff der Drusen hätten sich "die Stammeskämpfer" aus der Stadt zurückzogen. Die Beobachtungsstelle berichtete nach der Verkündung von Waffenruh und Rückzug der Regierungstruppen von anhaltenden Angriffen auf die Stadt und auf andere Teile der Provinz Suweida. Auch Syriens Informationsminister Hamsa al-Mustafa sagte, dass die Waffenruhe weiterhin brüchig sei.
Der Sprecher einer bewaffneten drusischen Gruppe, Bassem Fakhr, sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Beduinen seien aus der Stadt "vertrieben" worden. "Wir wollen die Waffenruhe einhalten, aber die Beduinen greifen uns von mehreren Gebieten außerhalb der Stadt aus an", sagte er.
In der überwiegend von Drusen bewohnten Provinz Suweida hatten am vergangenen Sonntag Gefechte zwischen Kämpfern der islamischen Minderheit und den sunnitischen Beduinen begonnen. Zwischen den beiden Volksgruppen gibt es seit langem Auseinandersetzungen, die immer wieder zu Gewalt führen.
Zur Unterstützung der Beduinen kamen Kämpfer syrischer Stämme in die Region. Den Beduinen gelang es dadurch, zeitweise Teile der gleichnamigen Provinzhauptstadt einzunehmen. Zugleich griff Israel aufseiten der Drusen ein, indem es Konvois der syrischen Regierungsarmee auf dem Weg nach Suweida bombardierte, aber auch Regierungsgebäude in Damaskus. Israel stimmte inzwischen einer Waffenruhe mit der syrischen Regierung zu.
Mehr als 900 Menschen bei Kämpfen getötet
Bei den seit fast einer Woche andauernden Kämpfen wurden nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte bislang rund 940 Menschen getötet. 326 der Toten seien drusische Kämpfer, 262 drusische Zivilisten. Unter den Toten sind laut der Beobachtungsstelle zudem 312 Sicherheitskräfte der Regierung und 21 Beduinen. Durch die israelischen Angriffe wurden 15 weitere Regierungskämpfer getötet, wie die Beobachtungsstelle weiter mitteilte. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen, gelten in der Regel aber als zuverlässig.
Rund sieben Monate sind seit dem Sturz des Assad-Regimes vergangen. Die neue Regierung in Syrien ringt weiter um die Kontrolle über Teile des Staatsgebiets. Ein Teil der drusischen Gemeinschaft in Suweida fordert Autonomie, andere Vertreter sind offen für eine Integration in die neue syrische Armee.
In Syrien lebten vor dem 2011 ausgebrochenen Bürgerkrieg etwa 700.000
Drusen, die meisten von ihnen in der Provinz Suweida. Die im 11.
Jahrhundert aus dem Islam hervorgegangene religiöse Minderheit macht
etwa drei Prozent der syrischen Bevölkerung aus. Drusen leben auch im
Libanon, in Israel und auf den Golanhöhen.