Spaniens Justiz ermittelt gegen Ex-Finanzminister Cristóbal Montoro

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Spanien wird von einem neuen Korruptionsskandal erschüttert, der laut Anklage bis in höchste ehemalige Regierungskreise reichen soll. Ein Ermittlungsgericht in Tarragona in der Region Katalonien wirft dem früheren konservativen Finanzminister Cristóbal Montoro sowie mehreren Ex-Mitarbeitern vor, für Geldzahlungen Gesetzesänderungen im Sinne mehrerer Industriegashersteller vorgenommen zu haben. Insgesamt sind in dem Fall 28 Personen und sechs Unternehmen angeklagt.

Die Bestechungsgelder sollen demnach an die 2008 von Montoro gegründete Anwaltskanzlei Equipo Economico (deutsch: »Wirtschaftsteam«) geflossen sein. Spanische Medien berichteten bereits am Mittwoch, dass der Untersuchungsrichter des Gerichts in Tarragona die Betroffenen über die Anklage informiert habe. Wie die Zeitung »El Mundo « meldete, sollen sich neben Montoro weitere hohe Regierungs- und Verwaltungsbeamte in einer Art Netzwerk an der Einflussnahme beteiligt haben. Montoro bestreitet die Vorwürfe.

Der 74-Jährige war unter den konservativen Ministerpräsidenten José María Aznar von 2000 bis 2004 und Mariano Rajoy von 2011 bis 2018 Finanzminister. Wie Aznar und Rajoy ist er Mitglied der derzeit oppositionellen Partido Popular (PP).

Unternehmen sollen Gesetzestexte formuliert haben

Wie spanische Medien unter Berufung auf die mehr als 5000 Seiten lange Anklageschrift berichten, werden Montoro und seine mutmaßlichen Mitstreiter durch die Ermittlungen schwer belastet. In den Unterlagen finde sich demnach etwa E-Mail-Verkehr, der belegen soll, dass sich Unternehmen über Zahlungen an Montoros »Wirtschaftsteam« Einfluss auf die Gesetzgebung erkaufen konnten. Zwischen 2008 und 2015 sollen mindestens elf Millionen Euro von Energiekonzernen an Montoros Kanzlei geflossen sein.

Im Mittelpunkt sollen dabei Gasunternehmen gestanden haben, die demnach durch Bestechungsgelder Steuererleichterungen erreichten – etwa eine Absenkung der Stromsteuer um 85 Prozent. Mitunter sollen die Unternehmen die entsprechenden Gesetzestexte selbst formuliert haben. Das Finanzministerium legte sie schließlich dem Parlament erfolgreich zur Abstimmung vor.

Montoro nahm offenbar Einblick in vertrauliche Steuerakten von Prominenten

Die Manager des »Wirtschaftsteams«, darunter ein ehemaliger Staatssekretär im Finanzministerium und ein hochrangiger Mitarbeiter der Steuerbehörde, sollen für ihre Arbeit in der Kanzlei Millionensummen erhalten haben. Der Sender »La Sexta « berichtet von »Honoraren« zwischen fünf und elf Millionen Euro für einige der Führungspersonen.

Darüber hinaus soll sich Montoro während seiner Zeit als Finanzminister auch Einblick in die vertraulichen Steuerakten mehrerer Prominenter und politischer Gegner verschafft haben. Unter den Betroffenen sind demnach Politiker, Journalisten, aber auch Sportler wie der Tennisstar Rafael Nadal.

Für den aktuellen PP-Parteichef Alberto Núñez Feijóo kommen die Vorwürfe gegen Montoro zur Unzeit. Seit Monaten arbeiten sich Feijóo und die PP an der sozialdemokratischen PSOE von Ministerpräsident Pedro Sánchez ab, die ebenfalls in eine Reihe von Korruptionsskandalen verstrickt ist.

Die Vorwürfe gegen den prominenten Finanzminister aus den eigenen Reihen untergraben Feijóos Strategie nun. »Meine Ansichten zur Korruption sind sehr klar und ändern sich nicht, unabhängig davon, wer davon betroffen ist«, teilte Feijoo am Freitag via X mit. »Was auch immer untersucht werden muss, soll untersucht werden.« Montoro ist inzwischen aus der PP ausgetreten.

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