Am Volkstrauertag hat die AfD-Stadtratsfraktion auf dem Stadtfriedhof von Leuna in Sachsen-Anhalt einen Kranz mit der Aufschrift »Für Führer, Volk und Vaterland. Warum?« niedergelegt. Das berichtete zuerst die »Mitteldeutsche Zeitung« . Diese schreibt auch von einem gleichlautenden Slogan auf dem Spruchband eines Kranzes, der auf dem Friedhof der zu Leuna gehörenden Ortschaft Zweimen niedergelegt wurde.
Zweimens Bürgermeister Rüdiger Patsch ist gleichzeitig auch der Vorsitzende der AfD-Fraktion im Stadtrat von Leuna. Der Kranz in Zweimen kam nach Angaben der »Mitteldeutschen Zeitung« nicht von der Partei, sondern laut Aufschrift vom Ortschaftsrat, Förderverein der Feuerwehr und Johannesbier-Verein.
Wegen der Wortwahl auf dem Kranz in Leuna hat sich die Kommune nach Angaben von Bürgermeister Michael Bedla (CDU) an Polizei und höhere Dienstbehörden gewandt. »Die haben keinen strafrechtlichen Tatbestand erkannt«, zitiert die »MZ« den Bürgermeister. Nach Angaben der Zeitung sei der Kranz von Leuna im Müll gefunden worden, an der Schleife sei das »Führer« abgeschnitten gewesen. Der Kranz in Zweimen sei nach Aufforderung durch die Kirche an die Stadt und die Vereine entfernt worden. Die dortige Pfarrerin nannte den Wortlaut demnach »beschämend«.
Der Historiker Wolfgang Benz verurteilt die Verwendung des Slogans scharf. »Das ist ein Spruch aus dem nationalsozialistischen Wortschatz«, sagt er dem SPIEGEL. »Wer das im Jahr 2024 benutzt, der identifiziert sich mit nationalsozialistischer Ideologie.« Mehr sei dem eigentlich nicht hinzuzufügen. Denn mit »Führer« könne nur ein Mensch gemeint sein, das sei nicht Alice Weidel, sondern Adolf Hitler.
»Wer solche nationalsozialistische Semantik heutzutage benutzt, kann sich durch gar nichts rausreden, der zeigt seine vollkommene Übereinstimmung mit Brauchtum, Ideologie und Inhalten nationalsozialistischer Politik«, sagt Benz. »Das entlarvt.« Und es sei in diesem Fall noch viel eindeutiger als im Fall der Verwendung des SA-Spruches »Alles für Deutschland« durch den AfD-Rechtsextremisten Björn Höcke. Dieser war dafür mehrfach zu einer Geldstrafe verurteilt worden.
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Die AfD gibt die Verwendung des NS-Spruchs nicht nur zu, sondern weist Kritik wütend zurück. In einem Posting auf Facebook nennt Fraktionschef Rüdiger Patsch Kritiker wie Bürgermeister Bedla und den Stadtratsvorsitzenden Daniel Krug (FDP) »Denunzianten« und via Hoffmann-von-Fallersleben-Zitat »Lumpen«. Beide seien »offenbar geschichtlich ungebildet«. Der Slogan sei in Ordnung, da er in Todesanzeigen verwendet wurde. Kritik daran sei der Versuch, AfD-Abgeordnete »mundtot« zu machen.
Der Slogan »Für Führer, Volk und Vaterland« war eine in NS-Deutschland oft verwendete Formel. Regelmäßig stand in Todesanzeigen, dass Soldaten »für Führer, Volk und Vaterland« gefallen seien.
Auch linientreue Geistliche nutzten die Parole, um ihre Gemeinden auf die NS-Ideologie einzuschwören . Frauen wurden aufgefordert, »für Führer, Volk und Vaterland« Kinder zu bekommen. Im Jahr 2020 gab es Aufsehen um Militärfriedhöfe in Texas und Utah, auf denen Grabsteine unter anderem mit dieser Aufschrift standen.