Die Standardisierungsorganisation OASIS Open hat das Open Document Format (ODF) in Version 1.4 als Standard ratifiziert. Damit erreicht die neue Version die höchste Ratifizierungsstufe der Organisation. Die Veröffentlichung fällt mit dem 20. Jahrestag der erstmaligen Adoption von ODF als OASIS-Standard zusammen.
ODF dient seit 2005 als herstellerneutrales, lizenzgebührenfreies Format für Office-Dokumente und garantiert, dass Dateien plattformübergreifend lesbar, bearbeitbar und austauschbar bleiben. Das Format bildet die native Dateibasis von LibreOffice und anderen Open-Source-Office-Paketen. Mehrere Regierungen und internationale Organisationen haben ODF für ihre Arbeit weltweit vorgeschrieben, darunter die NATO, die Europäische Kommission sowie Behörden auf mehreren Kontinenten.
Version 1.4 bleibt vollständig rückwärtskompatibel zu früheren Versionen und bringt Verbesserungen in mehreren Bereichen. Die Entwicklerdokumentation wurde überarbeitet, die Unterstützung für Barrierefreiheit ausgebaut und die professionelle Dokumentformatierung erweitert. Zudem kommen neue Funktionen für Datenanalyse und technische Dokumentation hinzu. Ein Überblick findet sich in der Ankündigung im Blog der Document Foundation.
Svante Schubert, Co-Vorsitzender des ODF Technical Committee, erläutert die strategische Ausrichtung: „ODF bietet eine herstellerneutrale Grundlage für Office-Produktivität und Zusammenarbeit. Mit Version 1.4 entwickelt sich der Standard weiter und unterstützt Cloud-Kollaboration, umfangreichere Multimedia-Inhalte und standardisierte Sicherheit.“ Perspektivisch bewege sich ODF über den reinen Dokumentenaustausch hinaus in Richtung standardisierter, semantischer, änderungsbasierter Kollaboration.
Im Detail: Neue Funktionen in ODF 1.4
Zu den allgemeinen Verbesserungen zählen erweiterte Spezifikationen für Schreibrichtungen, komplexe Hintergründe mit Farbverläufen oder Schraffuren für mehr Objekttypen sowie die Option, Objekte als „dekorativ“ zu markieren, um Barrierefreiheitstechniken zu unterstützen. Formen können nun nicht nur einfachen Text und Listen, sondern auch Tabellen enthalten.
Bei Textdokumenten lassen sich Objekte nun relativ zu Seitenrändern positionieren, im Seitenformat kann ein Bindebereich (Bundsteg) definiert werden. In Programmen zur Tabellenkalkulation kommt eine neue Funktion EASTERSUNDAY hinzu, die das Osterdatum und zugehörige Termine berechnet. Textfarbe und Zellhintergrundfarbe können als Filterkriterien genutzt werden. Diagramme ermöglichen flexiblere Skalenbeschriftungen und die Angabe der Basis bei logarithmischen Skalen. Bei der Formelsetzung sind nun alle Versionen der MathML-Formelsprache zugelassen.
Digitale Souveränität als Kernziel
Nach Darstellung der Document Foundation stärkt ODF 1.4 die digitale Souveränität, indem es die Kontrolle über Dokumente von einzelnen Anbietern zurück zur Gemeinschaft verlagert. Einzelpersonen und Unternehmen könnten unabhängig entscheiden, wie und mit wem sie Inhalte teilen, ohne dass diese für kommerzielle Zwecke analysiert oder ohne Wissen des rechtmäßigen Eigentümers weitergegeben werden. Wie alle Versionen des Standards basiert ODF 1.4 auf einem XML-Schema, das Richtlinien für Einfachheit und Lesbarkeit erfüllt.
Die Document Foundation äußert allerdings Kritik an der Kommunikation von OASIS Open: In der offiziellen Ankündigung würden OASIS-Sponsoren erwähnt, die nicht zur Entwicklung von ODF 1.4 beigetragen hätten, während die Document Foundation, die gemeinsam mit Unternehmen wie Microsoft die Entwicklung finanziert und stets für den Standard eingetreten sei, nicht genannt werde. Die vollständige vierteilige Spezifikation von ODF 1.4 steht in der OASIS-Bibliothek zur Verfügung.
(fo)









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