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1. Elon Musk und X verweigern oft grundsätzlich die Kooperation mit Ermittlern
Von Elon Musk wird erzählt, dass er seine Gesprächspartner mitunter frage: »Halten Sie mich für verrückt?« Fest steht, dass die Politikeskapaden und das Geschäftsgebaren des Milliardärs oft bizarr sind. Jetzt zeigt eine interne Auswertung des Bundeskriminalamtes (BKA), dass Musks Unternehmen X die Kooperation mit deutschen Strafverfolgungsbehörden in Fällen von Hasskriminalität zurückgefahren hat. X gibt demnach in Hatespeech-Verfahren viel seltener Daten an die Ermittler heraus .
BKA-Ermittler der Zentralen Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet beschäftigen sich mit mutmaßlichen Straftaten wie Volksverhetzung, Politikerbeleidigungen oder dem Verbreiten von Hakenkreuzen. Die Beamten fragen Daten von verdächtigten Social-Media-Nutzern an, um festzustellen, zu wem ein fragliches Konto gehört.
»Die deutschen Behörden haben eigentlich keine Chance, das US-Unternehmen X zur Herausgabe der Daten zu zwingen«, sagt mein Kollege Max Hoppenstedt. Die Ermittler seien angewiesen auf die Kooperation der Techkonzerne, wenn sie Straftaten aufklären wollen. Die politische Diskussion darüber, wie weitreichend Gesetze regeln, was im Netz gepostet werden darf und was nicht, sei richtig und notwendig, findet Max. »Unter demokratischen Rechtsstaaten sollte es aber gang und gäbe sein, dass Unternehmen bei rechtmäßigen Anfragen mit den Strafverfolgungsbehörden kooperieren.«
Lesen Sie hier die ganze Geschichte: Elon Musk behindert deutsche Ermittlungsbehörden
2. Das Gericht gibt dem Gesetzgeber Spielraum zur Vereinfachung
Der Bundesfinanzhof hat drei Klagen gegen die neue Grundsteuer abgewiesen: Sie verstößt nicht gegen das Grundgesetz.
Viele Immobilienbesitzer hatten gegen ihre Bescheide Einspruch eingelegt, wohl rund 2,8 Millionen. Viele hatten sicher gehofft, dass sie der Bundesfinanzhof in dieser Einschätzung bestätigen würde. Es kam anders. »Drei Musterverfahren gegen die Grundsteuerreform hat das Gericht nun für unbegründet erklärt und nicht dem Verfassungsgericht in Karlsruhe zur Prüfung vorgelegt«, sagt mein Kollege Matthias Kaufmann.
Matthias kennt viele Menschen, die nicht einsehen, dass sie heute für dieselbe Immobilie mehr zahlen müssen als früher – oder dass viele Aspekte einer Wohnlage nicht berücksichtigt werden. Das Urteil des höchsten deutschen Finanzgerichts beurteilt er so: »Für die Reform wurden rund 36 Millionen Grundstücke neu bewertet. Viel Aufwand für ein Verfahren, das über die Jahre möglichst wenig Arbeit machen soll. Und um das zu ermöglichen, dürfen die Behörden bei der Bewertung grob vereinfachen.«
Das Gericht habe dem Gesetzgeber größere Spielräume gegeben, als viele Kritiker erwartet hatten. Allerdings waren die Kritiker auch immer besonders laut, sagt Matthias: »Wie viele Menschen sich nun wirklich ärgern, lässt sich schwer sagen. Wer heute weniger Grundsteuer bezahlt, beschwert sich schließlich nicht.
Lesen Sie hier mehr: Das bedeutet das Urteil zur Grundsteuer
3. In Italien hat Essen mit Freude zu tun
In meiner Kindheit hatte angeblich italienisches Essen den Namen Spaghetti Miracoli. Das ist ein sogenanntes Halbfertiggericht und war in meiner süddeutschen Heimatstadt und vielen bundesrepublikanischen Haushalten unter Kindern sehr beliebt. Als Anleitung zur Wertschätzung der glorreichen italienischen Kochkunst war das ruckzuck zubereitete Nudelgericht eher wenig zu gebrauchen. Nun hat die Unesco bei einer Sitzung in Neu-Delhi, also weit weg von Bologna und Neapel, die »cucina italiana« in die Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.
In der Begründung der Unesco wurden keine konkreten Gerichte, Rezepte oder regionalen Spezialitäten genannt. Dafür aber die kulturelle Bedeutung hervorgehoben, die Italiener den Ritualen des Kochens und Essens beimessen.
»Ich glaube nicht, dass jetzt besonders viele Italienerinnen und Italiener jubeln«, sagt mein Kollege Claudio Rizzello. »Dass es schmeckt, wissen sie ja schon.« Der Unesco-Beschluss sei eine Bestätigung für den Stellenwert, den man in Italien dem Essen einräumt. »Die meisten Verwandten und Freunde von mir überlegen schon morgens, was sie abends essen. Weil es eine Freude ist und wirklich nicht egal«, berichtet Claudio. »Dabei geht es manchmal etwas unter, dass viele Gerichte im Austausch mit anderen Kulturen im Mittelmeerraum entstanden sind und dass die italienische Küche ihren weltweiten Erfolg Menschen zu verdanken hat, die emigriert sind.« Er sei keineswegs in Sorge, dass die italienische Küche aussterben könnte. »Ich würde mich aber freuen, wenn der Kulturerbe-Status Touristen bei ihrem nächsten Italienbesuch animieren könnte, die wirklich beste Trattoria zu finden. Die liegt meistens ein, zwei Orte weiter raus. Probieren Sie regional unterschiedlich etwas anderes. Es lohnt sich.«
Lesen Sie hier die ganze Geschichte: Italienische Küche ist jetzt immaterielles Kulturerbe
Was heute sonst noch wichtig ist
Merz versucht, den Streit über die Bürgergeldreform herunterzukochen: Einem Bericht zufolge stören sich die Unionsminister Dobrindt und Reiche an Formulierungen im Gesetzentwurf zur Grundsicherung. Die SPD reagiert verstimmt, der Kanzler spricht lediglich von »offenen Fragen«.
Bundesnetzagentur legt neue Regeln für Strom- und Gasverteilnetzbetreiber fest: Die Bundesnetzagentur will die Regelungen für die Netzbetreiber flexibler gestalten. Das soll am Ende den Verbrauchern zugutekommen, indem Energiepreise stabilisiert werden. Auch auf EU-Ebene tut sich etwas.
Umstrittene Glyphosatstudie nach 25 Jahren zurückgezogen: Das Pestizid Glyphosat sei nicht krebserregend, befand eine Studie im Jahr 2000. Seitdem verwies Hersteller Monsanto immer wieder darauf. Doch offenbar haben Konzernmitarbeiter daran mitgearbeitet.
Meine Lieblingsmeldung heute: Die Mutige
María Corina Machado im Januar in Caracas
Foto: Jesus Vargas / dpaIch bewundere die Politikerin María Corina Machado für ihren Mut. Die Venezolanerin wird morgen in Oslo mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet und nun trotz böser Drohungen der autoritären Führung ihres Landes wohl tatsächlich in Norwegen erwartet. Sie werde es zwar nicht zur eigentlichen Preisverleihung schaffen, komme aber nach Oslo, hat das Nobelinstitut heute mitgeteilt. Machado setzt sich für die demokratischen Rechte ihres Volkes ein, gilt als einende Kraft der Opposition in Venezuela und entschiedene Widersacherin des seit 2013 autoritär regierenden Nicolás Maduro. Machado ist aus Sorge um ihre Sicherheit innerhalb ihres Landes abgetaucht. Nach ihrer Reise nach Norwegen drohen ihr die Festnahme, ein Einreiseverbot oder Schlimmeres. »Das Regime ist sehr deutlich geworden«, so Machado. »Maduro hat gesagt, dass sie mich töten werden, wenn sie mich erwischen.«
Was heute weniger wichtig ist
Willste gelten, mach dir selten: Leonardo DiCaprio, 51, Hollywoodschauspieler, hält es für berufsdienlich, sich rar zu machen. »Ich habe das Gefühl, dass der beste Weg, um eine lange Karriere zu haben, der ist, dass ich aus dem Blickfeld der Menschen verschwinde«, sagte DiCaprio in einem Interview mit dem »Time«-Magazin. »Meine einfache Philosophie ist es, nur rauszugehen und etwas zu machen, wenn man auch etwas zu sagen oder zu zeigen hat.«
Mini-Hohlspiegel
Aus der »Badischen Zeitung«: »Mit einem mutmaßlich gestohlenen Fahrrad haben Bundespolizisten einen 25-Jährigen in einem Zug am Freiburger Hauptbahnhof festgenommen.«
Hier finden Sie den ganzen Hohlspiegel.
Cartoon des Tages
Entdecken Sie hier noch mehr Cartoons.
Klaus Stuttmann
Könnten Sie sich mit der oft sensationell bunten und immer herzerfrischenden Arbeit der britisch-nigerianischen Künstlerin Nnena Kalu beschäftigen. Kalu ist die gerade gekürte Gewinnerin des Turner-Preises, und der ist eine der wichtigsten Auszeichnungen der Kunstwelt. Die Künstlerin ist Autistin und berühmt für hängende bunte Skulpturen, Kokons aus Verpackungsmaterialien und VHS-Tapes. Sie ist die Tochter nigerianischer Eltern und wurde 1966 in Glasgow geboren. Der Chef der Turner-Preis-Jury, der Museumsmanager Alex Farquharson, hält die Auszeichnung für Kalu für einen Wendepunkt in der internationalen Kunstwelt: »Da sie eine neurodiverse Künstlerin ist und ihre verbale Kommunikation eingeschränkt ist, wäre sie früher jemand gewesen, der außen vor geblieben wäre.«
Einen schönen Abend. Herzlich
Ihr
Wolfgang Höbel, Autor im Kulturressort

vor 1 Stunde
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