Für unseren Liveblog verwenden wir neben eigenen Recherchen Material der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters, epd, KNA und Bloomberg.
Wichtige Updates
Frei weist SPD auf Koalitionsvertrag hin
Klingbeil muss auf Landesparteitag in NRW harsche Kritik einstecken
Ministerin Bas: Beamte sollten in Rentenversicherung einzahlen
Heil hört auch als SPD-Vize auf
Polizei-Gewerkschaften widersprechen Merz über Ausmaß der Grenzkontrollen
Merz verlangt „gewaltige Kraftanstrengung“
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) will die Menschen in Deutschland am Mittwoch in seiner ersten Regierungserklärung auf eine „gewaltige Kraftanstrengung“ einschwören, um das Land wieder wettbewerbsfähiger zu machen. Auf dem CDU-Wirtschaftstag gab er am Dienstagabend einen Vorgeschmack darauf, welche Botschaften seine etwa 45-minütige Rede im Bundestag enthalten wird.
„Wir müssen in diesem Land wieder mehr und vor allem effizienter arbeiten“, betonte er. „Mit Vier-Tage-Woche und Work-Life-Balance werden wir den Wohlstand dieses Landes nicht erhalten können.“ Er verwies darauf, dass die Verankerung der 40-Stunden-Woche im Arbeitszeitgesetz im Koalitionsvertrag mit der SPD vereinbart sei. Das müsse nun „ziemlich bald“ umgesetzt werden.
Merz nannte auch die Senkung der Energiepreise und den Abbau der Bürokratie als besonders dringliche Bereiche der Regierungsarbeit. Dass er und seine 17 Bundesministerinnen und -minister nur wenig Regierungserfahrung mitbringen bezeichnete er als „große Chance, in diesem Lande wirklich etwas zu verändern“. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ist das einzige Kabinettsmitglied, das schon vorher einer Bundesregierung angehört hat.
Merz war am 6. Mai erst im zweiten Wahlgang zum Bundeskanzler gewählt worden. Gut eine Woche nach dem verstolperten Start wird er an diesem Mittwoch ab 13 Uhr sein Programm für den Start der Regierungsarbeit mit der SPD vorstellen. Er dürfte sich dabei am Koalitionsvertrag entlang bewegen, aber wohl auch einige neue Akzente setzen. Anschließend werden bis Freitag alle Ministerinnen und Minister ihre Pläne vorstellen.
Frei weist SPD auf Koalitionsvertrag hin
Die Rentenpläne der neuen Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD)haben in der schwarz-roten Koalition nach Aussagen von Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) keine Chance auf Umsetzung. "Ich finde dazu auch keine Belegstelle im Koalitionsvertrag", sagte der CDU-Politiker am Sonntagabend in der ARD zu dem Vorschlag von Bas, auch Beamte in das gesetzliche Rentensystem mit einzubeziehen. "Das ist nicht common sense in der Koalition", fügte Frei mit Blick auf die ablehnende Haltung der Union hinzu. Bas habe ihre Position deutlich gemacht, aber man dürfe diese Äußerungen nicht überbewerten.
Frei übte aber auch inhaltliche Kritik an dem Vorschlag. "Man kann über alles reden. Aber es ist kein tragbares Finanzierungsmodell, weil klar ist: Jeder, der einbezahlt in die Rente, der kriegt auch was raus." Es helfe nicht, einfach die Basis der gesetzlichen Rentenversicherung zu verbreitern. Das Grundproblem sei, dass heute nicht mehr sechs Erwerbstätige auf einen Rentner kämen wie in den 60er Jahren, sondern nur noch 1,5 Erwerbstätige. Bas hatte vorgeschlagen, auch Politiker, Selbstständige und Beamte in das Rentensystem einzahlen zu lassen, das wegen der wachsenden Zahl an Rentenempfängern unter Druck gerät.
Der Sozialverband VdK unterstützt den Vorstoß der neuen Arbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas, Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen. VdK-Präsidentin Verena Bentele gratulierte der SPD-Politikerin zu ihrem „mutigen Start ins Ministeramt“ und dazu, „dass sie sich nicht scheut, überkommene Privilegien zu hinterfragen“.
Weiterhin sagte Bentele: „Deutschland muss in der Rente weg von Kürzungsdrohungen und der ständigen Verunsicherung der Menschen. Wir müssen uns vielmehr um stabile und höhere Beitragseinnahmequellen kümmern.“ Zudem müssten Menschen mit hohen Einkommen stärker in die Finanzierung der Rente einbezogen werden.
„Es ist komplett aus der Zeit gefallen, dass sich Beamtinnen und Beamte sowie Politikerinnen und Politiker der solidarischen Rentenversicherung entziehen. “
VdK-Präsidentin Verena BenteleDer Vorstoß von Arbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas (SPD), auch Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen, sorgt beim Koalitionspartner CDU/CSU für Unmut. „Die Einbeziehung von Selbständigen und Beamten in die Rente löst weder die Probleme in der Rentenversicherung, noch ist das vom Koalitionsvertrag gedeckt“, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann der Bild am Sonntag.
Bas hatte den Zeitungen der Funke Mediengruppe gesagt, die Einnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung müssten verbessert werden. „In die Rentenversicherung sollten auch Beamte, Abgeordnete und Selbständige einzahlen.“ Hoffmann konterte: „Frau Bas sollte nicht versuchen, der Renten-Kommission alte SPD-Ideen als zukünftiges Ergebnis vorzuschreiben.“
Union und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, eine Reformkommission für das angespannte Rentensystem einzusetzen. Dieses wird zunehmend dadurch überfordert, dass die Zahl der Beitragszahler sinkt und gleichzeitig die Zahl der Rentenbezieher steigt. Eine inhaltliche Vorgabe, wie das System reformiert werden soll, enthält der Koalitionsvertrag nicht.
Klingbeil muss auf Landesparteitag in NRW harsche Kritik einstecken
Beim Landesparteitag der nordrhein-westfälischen SPD in Duisburg warfen vor allem junge Delegierte SPD-Bundesparteichef und Vizekanzler Lars Klingbeil unter anderem programmatische Planlosigkeit und Ämterhäufung bei gleichzeitiger „Abstrafung“ seiner Co-Vorsitzenden Saskia Esken vor.
Juso-Landesvorsitzende Nina Gaedike wollte von Klingbeil angesichts eines schon länger währenden SPD-Abwärtstrends wissen: „Was ist Dein Plan?“ Mehrere Delegierte thematisierten in scharfem Ton, wie es sein könne, dass Klingbeil, der jetzt auch Bundesfinanzminister ist, nach dem Wahldebakel in kürzester Zeit immer mehr Ämter angehäuft habe, während Esken allein die Konsequenzen für die Klatsche zu tragen habe.
Nötig sei jetzt eine Kernsanierung der Partei. Das bedeute auch: neue Gesichter an der Parteispitze. Stattdessen tausche die Führungsriege lediglich Positionen untereinander aus, warfen die Delegierten Klingbeil vor. Sie äußerten ihre Bedenken darüber, dass nicht mehr viel von den Sozialdemokraten übrig bliebe, sollte sich der Abwärtstrend bei den gewonnenen Stimmen fortsetzen.
Klingbeil mahnte zur Geschlossenheit. Die Personalentscheidungen in der SPD seien mit der gesamten Führungsspitze im Team getroffen worden. Zu Forderungen nach einer programmatischen Kehrtwende sagte Klingbeil, er warne davor, die SPD radikaler auszurichten oder weiter nach links zu rücken. Stattdessen müsse die Sozialdemokratie wieder stärker Politik für die Mitte machen. Klingbeil versicherte, der Start der neuen Bundesregierung werde die Aufarbeitung des SPD-Debakels bei der Bundestagswahl nicht verdrängen. „Wir brauchen eine ehrliche, eine offenere, eine schonungslose Diskussion in der SPD, wie wir wieder stärker werden können.“ Das werde beim Bundesparteitag im Juni eine große Rolle spielen.
Die vergangenen Wochen seien geprägt gewesen von Höhen, Tiefen, Tempo, schwierigen Entscheidungen und auch Verletzungen, stellte der 47-jährige Parteichef fest. Es sei aber angesichts der großen bevorstehenden Aufgaben unerlässlich, dass die Partei geschlossen und solidarisch zusammenstehe. Die neue Koalition von SPD und Union sei „zum Erfolg verdammt.“