Japans Regierung rutscht durch Oberhauswahl weiter in die Krise

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Japans Ministerpräsident Shigeru Ishiba steht wegen einer Schlappe seiner Partei bei den Oberhauswahlen vor neuen Schwierigkeiten. Wie japanische Medien auf Basis von Wählerbefragungen nach Schließung der Wahllokale berichteten, verloren Ishibas Liberaldemokratische Partei (LDP) und ihr Juniorpartner Komeito deutlich an Sitzen.

Ishibas Koalition droht damit mit großer Wahrscheinlichkeit der Verlust der Mehrheit im sogenannten Haus der Räte. Sie hatte zuvor bereits bei der Wahl zum Unterhaus ihre Mehrheit eingebüßt und stellt seither nur noch eine Minderheitsregierung. Das Land steht damit vor einer Phase politischer Instabilität, Experten halten auch einen Regierungswechsel für möglich.

Ausgemacht ist dies allerdings nicht. Das Oberhaus hat weniger Befugnisse als das mächtigere Unterhaus. Auch ist es nicht befugt, einen Misstrauensantrag gegen einen Regierungschef zu stellen.

Bei den Wahlen wurde über die Hälfte der 248 Sitze im Oberhaus entschieden. Den Nachwahlbefragungen zufolge profitierten rechtspopulistische Kleinparteien wie die offen ausländerfeindliche Partei Sanseito. Die größte Oppositionspartei, die Konstitutionelle Demokratische Partei Japans des früheren Ministerpräsidenten Yoshihiko Noda, konnte demnach ebenfalls Mandate hinzugewinnen. Ishibas Koalition hält bislang 141 Sitze. Vor der Abstimmung hatte der Regierungschef die Erwartungen bereits gedämpft. Er zielte auf eine hauchdünne Mehrheit von 125 Stimmen.

Zwei Stunden nach der Schließung der Wahllokale sagte Ishiba im öffentlichen Rundfunk NHK, er akzeptiere das »harte Ergebnis«. Auf die Frage, ob er Premierminister und Parteivorsitzender bleiben wolle, antwortete er: »Das ist richtig.« Für den Regierungschef kommen die Verluste im Oberhaus zur Unzeit.

Kritischer Zeitpunkt im Zollstreit mit den USA

»Wir befinden uns in äußerst kritischen Zollverhandlungen mit den Vereinigten Staaten … wir dürfen diese Verhandlungen niemals ruinieren. Es ist nur natürlich, dass wir uns mit voller Hingabe und Energie der Verwirklichung unserer nationalen Interessen widmen«, sagte Ishiba bei TV Tokyo.

Japan, die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt, muss bis zum 1. August ein Handelsabkommen mit den Vereinigten Staaten abschließen oder mit Strafzöllen auf seinem größten Exportmarkt rechnen.

Ein Grund für die Wahlniederlage dürfte Umfragen zufolge zunehmende Unzufriedenheit über die steigenden Preise und die Einwanderungspolitik sein. Davon profitiert offenbar vor allem die Partei Sanseito. »Wie in anderen Demokratien auch gibt sich die xenophobe Partei nationalistisch, revisionistisch und populistisch und verspricht eine Rückkehr zur guten alten Zeit«, sagte der Professor für Politikwissenschaft an der Universität Duisburg-Essen, Axel Klein, der Nachrichtenagentur dpa.

In Japan, das stolz auf seine homogene Gesellschaft ist, sind lediglich drei Prozent der 124 Millionen Einwohner Ausländer. Angesichts von Arbeitskräftemangel infolge der Überalterung der Gesellschaft nimmt ihre Zahl jedoch stark zu. Im vergangenen Jahr stieg sie um 10,5 Prozent auf den Rekord von rund 3,8 Millionen.

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