Ein international bekannter Rapstar, der für eine ausländische Regierung spioniert – das klingt wie das Drehbuch für einen zwielichtigen Agentenfilm. Tatsächlich handelt es sich aber um den realen Fall von Prakazrel »Pras« Michél, Gründungsmitglied der erfolgreichen Band Fugees. Der 52-Jährige wurde jüngst von einem Gericht schuldig gesprochen – und sagt nun: »Ich wollte nie ein Spion sein.«
Im Interview mit dem US-Magazin »Variety« , seinem ersten, seit ihn eine Jury im vergangenen April wegen illegaler Lobbyarbeit und Geldwäsche in zehn Anklagepunkten für schuldig befand, erklärte Michél seine Verstrickung in einen der größten Finanzskandale der Welt. Michél wurde unter anderem beschuldigt, an illegalen Wahlkampffinanzierungen des malaysischen Geschäftsmanns Low Taek Jho beteiligt gewesen zu sein, der angeblich Milliarden von Dollar aus dem Staatsfonds des Landes mit Namen 1MDB gestohlen hat.
Pras Michél ist »technisch gesehen ein ausländischer Agent«
Dabei sollen sich zum Teil abenteuerliche Szenen abgespielt haben, wie »Variety« berichtet. Das Magazin hat zusätzlich zu Michéls Aussagen zahlreiche Augenzeugenberichte und Gerichtsdokumente ausgewertet.
Demnach wurde der Rapper bei einem Vorfall in der Vergangenheit angewiesen, sich an der Rezeption des Four Seasons Hotels im New Yorker Stadtteil Manhattan einzufinden. Dort sollte er das Codewort »Bananenschale« sagen – ein Hinweis für den diensthabenden Concierge, einen Umschlag mit Anweisungen für Michél zu übergeben: Der Rapper sollte dann zweimal um den Block gehen und auf weitere Anweisungen warten.
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Anschließend soll man ihn zu einem Geheimaufzug in dem Hotel gebracht haben, den normalerweise offenbar nur Würdenträger nutzen, um auf dem Weg in eine Penthouse-Suite nicht einem potenziellen Attentat zum Opfer zu fallen. In der Suite angekommen, soll ein hochrangiger chinesischer Beamter mit ihm über drei amerikanische Geiseln in chinesischen Gefängnissen, darunter eine schwangere Frau, gesprochen haben. Der Beamte soll Michél gegenüber Pläne zur angeblichen Rückkehr der Frau in die USA erörtert haben, inklusive Flugdetails. Eine Woche nach dieser geschilderten Begegnung wurde Michél verhaftet.
»Ich weiß nicht, ob es für mich unterbewusst auch ein bisschen aufregend war«, erinnerte sich Michél. Er möge Spionagefilme, wollte aber nie selbst ein Spion sein. Das, was er erlebt habe, habe sich teilweise dennoch »sexy« für ihn angefühlt, so der Rapper. Und: »Technisch gesehen bin ich ein ausländischer Agent«, sagte er. Dem Bericht zufolge stufte die US-Regierung den Rapper tatsächlich als chinesischen Spion ein.
Pras Michél: zur richtigen Zeit am falschen Ort?
Michél soll zwischen 2012 und 2017 rund 100 Millionen Dollar von Low erhalten haben, er plädierte im Prozess auf »nicht schuldig«. Ein Teil des Geldes floss laut Anklage in die Wiederwahlkampagne des damaligen US-Präsidenten Barack Obama im Jahr 2012. Da Wahlkampfspenden aus dem Ausland in den USA verboten sind, sollen sie über Strohmänner und Offshore-Firmen abgewickelt worden sein.
Der Rapper wurde außerdem für schuldig befunden, 2017 bei der Regierung des damaligen US-Präsidenten Donald Trump unerlaubte Lobbyarbeit zugunsten Chinas betrieben zu haben, um eine Auslieferung des chinesischen Dissidenten und Unternehmers Guo Wengui zu erreichen. Der Milliardär wurde beschuldigt, Tausende von Investoren betrogen zu haben. »Ohne zu philosophisch zu werden, ging es darum, dass ich zur falschen Zeit am richtigen Ort war. Oder zur richtigen Zeit am falschen Ort«, sagte Michél zu »Variety«.
Das Strafmaß gegen ihn soll im Januar verkündet werden. Es drohen bis zu 22 Jahre Haft in einem Bundesgefängnis.