Filmklassiker „Black Legion“: Rechte Verführer mit Masken

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Das frühere Filmstudio Warner Brothers ist mittlerweile zum Medienkonzern angewachsen, um den sich in dieser Woche ein Bieterstreit entwickelte, der langsam poli­tische Dimensionen annimmt. Zunächst bot der Streamingdienst Netflix mehr als 82 Milliarden Dollar, dann gab Paramount ein Übernahme­angebot von 108 Milliarden Dollar ab – und weil der Schwiegersohn des US-Präsidenten sowie mehrere saudische Investmentfonds an der Offerte beteiligt sind und das Angebot auch sämtliche Nachrichtensender des Medienkonzerns umfasst, sehen Medienkritiker hier einen versteckten Angriff auf die Pressefreiheit.

Lauter gute Gründe also, um einen Film wiederzuentdecken, der aus der politischsten Phase des Hollywood-Studios stammt. Die vier Brüder Harry, Albert, Sam und Jack Warner entstammten einer Familie polnischer Juden, die Ende des 19. Jahrhunderts in die USA eingewandert war, und gründeten das Filmstudio 1923. Zu Beginn der Dreißigerjahre blickten sie mit Besorgnis auf den Faschismus und die Nazis in Europa. Der älteste Bruder Harry entwarf einen Plan: „Harry Warner hatte seine Absicht, den Nationalsozialismus durch eine Reihe von Spielfilmen anzuprangern, bereits 1934 angekündigt“, schreibt Michael E. Birdwell in seinem Buch „Das andere Hollywood der dreißiger Jahre. Die Kampagne der Warner Bros. gegen die Nazis“.

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„Black Legion“ von Archie Mayo (einige Nachdrehszenen übernahm „Casablanca“-Regisseur Michael Curtiz) war Teil dieser Filmkampagne. Die titelgebende „Schwarze Legion“ hatte sich in den Zwanzigerjahren zu einem „neuen Ku Klux Klan“ entwickelt, wie Birdwell es nennt. An­geführt von William Jacob Shepard, fuhr diese Truppe in schwarzen Kutten mit Totenschädeln und gekreuzten Knochen auf den Kapuzen durch die Nacht und verübte Gewalt und Brandanschläge. 1933 erschoss die Schwarze Legion den Gewerkschaftsfunktionär George Marchuk.

Der Film von 1937 zeigt, wie ein amerikanischer Arbeiter der radikalen, faschistischen Ideologie erliegen kann. Wir sehen Jack Taylor, gespielt von einem sehr jungen Humphrey Bogart, in der Fabrik. In der Mittagspause scherzt er mit seinen Kollegen über den jungen Joe Dombrowski, der seine Freizeit mit Büchern zur Weiter­bildung nutzt. Taylor rechnet damit, demnächst zum Vorarbeiter befördert zu werden, schaut sich schon ein neues Auto an, verspricht seiner Frau einen Staubsauger. Als der Tag der Stellenvergabe kommt, erhält Dombrowski die Beförderung. Taylor suhlt sich in seiner Enttäuschung, verbringt den Abend vorm Radio und bekommt glänzende Augen bei einer Redeübertragung, in der von „America for Americans“ schwadroniert wird. Als sein Sohn ihn bittet, auf das Abenteuerhörspiel umzuschalten, das sie für gewöhnlich ­zusammenhören, weist Taylor den Kleinen an, ruhig zu sein: „This man is talking sense.“

Geheime Treffen im Hinterzimmer

Von der Verführung durch eine Vision, in der Taylor seine prekäre finanzielle Situation auf Menschen schieben kann, „die nicht hundertprozentige Amerikaner sind“, bis zu handfesteren Taten braucht es dann nur noch einen Schubs. Den gibt ein Kollege in der Fabrik; er nimmt Taylor zu einem geheimen Treffen der Schwarzen Legion mit. Im Hinterzimmer einer Drogerie sind die Anführer der rechten Truppe auf Menschenfang. Kameramann George Barnes, der sein Handwerk noch in der Stummfilmzeit lernte, fängt den Redner frontal ein. Mit strengem ­Seitenscheitel, fuchtelnder Armbewegung und schnarrender Stimme kommt das Bild des faschistischen Ideologen so nah an Hitler heran, wie die Produzenten es sich erlauben durften.

Die Analyse rechter Strukturen in Amerika greift in diesem Film sogar noch tiefer: Nach seinem Initiationseid, den Bogart auf Knien mit einem Revolver an der Schläfe ableistet, wird er von den Kuttenträgern verpflichtet, sowohl das schwarze Gewand mit der Totenkopfstickerei als auch einen Revolver („zur Verteidigung von Haus und Hof“) von ihnen zu erwerben.

Bogart beweist bereits hier, was er kann: anfangs arrogant in Blick und Haltung, als die Legion-Brüder mit Taylor den ersten Anschlag verüben – natürlich auf Dombrowskis Hühnerfarm (der Beförderte hatte sich von der Herkunft als Bauernsohn polnischer Einwanderer zum Vorarbeiter hochgearbeitet). Die lodernden Flammen gehen in einer langen weichen Überblendung in Bogarts lachendes Gesicht über. Die Tat gibt ihm das Gefühl, wieder stark zu sein.

Natürlich hält das nicht lange – der Film soll ja eine Warnung ans Publikum sein. Taylors Leben strudelt also dem Abgrund entgegen: Die Frau verlässt ihn, sein bester Freund will ihn aufwecken und wird selbst zum Ziel einer Abschreckungsaktion, bei der sich ein Schuss löst. Zum Schluss steht Taylor vor Gericht und muss feststellen, dass die Schwarze Legion ihre Leute bis in die Justizkreise einschleusen konnte. „Black Legion“ funktioniert noch immer als Warnung, die heute aktueller denn je wirkt.

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