Am Donnerstag vergangener Woche wurden die „Spiegel“-Reporterin Susanne Koelbl und der „Bild“-Reporter Paul Ronzheimer mit dem Pressefreiheitspreis des Zeitschriftenverlegerverbands MVFP ausgezeichnet. Die beiden hätten sich „durch ihre unerschütterliche Berichterstattung aus Kriegs- und Krisenregionen sowie ihren engagierten Einsatz für die Pressefreiheit verdient gemacht“, hieß es. Dass er diese Unerschütterlichkeit zwei Tage später in Gießen würde unter Beweis stellen müssen, hätte sich Ronzheimer sicherlich nicht gedacht.
„Dies war schließlich keine Frontreportage“
Bei den Anti-AfD-Demos wurden er und das Team, mit dem er für einen Film bei Sat.1 drehte, bedroht und umringt, die Polizei musste die Journalisten in Sicherheit bringen. Er finde es „bestürzend, dass ich von den Beamten aus Sicherheitsgründen dazu aufgefordert wurde, den Ort des Geschehens zu verlassen. Dies war schließlich keine Frontreportage, sondern Dreharbeiten bei einer Demonstration in Deutschland“, sagte Ronzheimer der Deutschen Presse-Agentur.
Einem Drehteam, das für das Rechts-außen-Portal „Tichys Einblick“ in Gießen war, erging es nach eigenen Angaben angeblich ähnlich. Auf Videos ist zu sehen, wie die Journalisten verfolgt werden, der Kameramann wird geschlagen. Das seien „DGB-Schläger“ gewesen, von der Bühne herab sei gefordert worden, das Team vom Platz zu zerren.
„Ordnerische Tätigkeit“ sei kein Eingriff
Der DGB Hessen-Thüringen weist dies auf Anfrage der F.A.Z. „entschieden“ zurück. Den zu „Tichys Einblick“ gehörenden Personen sei „aufgrund störenden Verhaltens“ der Verbleib „im unmittelbaren Versammlungsbereich untersagt“ worden. Diese „ordnerische Tätigkeit“ stelle „keinen Eingriff in die Pressefreiheit dar“. Diese sei „zu jeder Zeit gewahrt“ worden. Es habe „Hinweise zum Umgang mit Filmaufnahmen ohne klaren Medienbezug“ gegeben, „zur Sicherheit und zur Sicherung des Persönlichkeitsschutzes der Teilnehmenden“. Auf Videos zu sehende Personen gehörten nicht dem Ordnerdienst an und seien „von der Versammlungsleitung weder angewiesen noch beauftragt“ worden.
Beim Deutschen Journalisten-Verband hieß es auf Anfrage der F.A.Z., man verurteile „jegliche Übergriffe auf Journalistinnen und Journalisten, egal von welchem politischen Lager sie erfolgen. Das gilt selbstverständlich auch für die Vorfälle in Gießen. Auch Anti-AfD-Demonstranten müssen das Grundrecht der Presse- und Meinungsfreiheit achten.“

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