Der taiwanische Mainboard-Hersteller Asrock hat für AM5-Mainboards die BIOS-Version 3.25 veröffentlicht, die die Maximalstromstärke beim automatischen Übertaktermodus Precision Boost Overdrive (PBO) reduziert. Damit reagiert Asrock erneut auf zahlreiche Fälle, bei denen Systeme mit Ryzen-9000-Prozessor nicht mehr booten. Im Gespräch mit dem Youtuber Steve Burke von Gamers Nexus bestätigte der Vice President of Motherboard & Gaming Monitor Business Unit Chris Lee, in Zusammenarbeit mit AMD eine weitere Ursache für die Probleme identifiziert zu haben.
Demnach hat der Hersteller die Stromstärken für den Thermal Design Current (TDC) und Electrical Design Current (EDC) und das Power-Limit (Processor Power Tracking, PPT) bei aktiviertem PBO auf zu hohe Werte gesetzt, die nicht jeder Prozessor verkraftet. Beim Precision Boost Overdrive handelt es sich um eine Übertaktungsfunktion von AMD, die die CPU-Taktfrequenzen automatisch erhöht, soweit es die Spannungswandler vom Board zulassen. Nutzer müssen sie von Hand im BIOS-Setup oder dem Ryzen-Master-Tool unter Windows einschalten.
Zu hohe Spitzenstromstärke
Im c't-Labor konnten wir die Änderung mit BIOS 3.25 auf einem Asrock X870E Taichi Lite nachvollziehen. Mit Version 3.16 setzt das Board die Stromstärke bei Dauerlast (TDC) auf 235 Ampere. Dieser Wert spiegelt die Leistungsfähigkeit der Spannungswandler auf dem Board wider und unterscheidet sich je nach Modell. Bei kurzzeitigen Lastspitzen sind bis zu 1000 Ampere (EDC) und 1000 Watt (PPT) möglich, wobei diese Werte in der Praxis nicht erreicht werden. Wir hatten Asrock ebenfalls um Stellungnahme gebeten, aber bislang keine Antwort erhalten.
Bis BIOS-Version 3.20 erlaubt Asrock im Übertaktungsmodus Precision Boost Overdrive bis zu 1000 Ampere Spitzenstromstärke.
(Bild: chh / c't)
Mit der Firmware 3.25 reduziert Asrock die PBO-Spitzenwerte für Stromstärke (EDC) und Leistungsaufnahme (PPT) auf 325 Ampere und 325 Watt. Die TDC bleibt unverändert bei 235 Ampere. Zum Vergleich: Ohne Übertaktung hält sich das Asrock X870E Taichi Lite an die AMD-Vorgaben für den von uns verwendeten Ryzen 7 9800X3D mit 162 Watt PPT, 120 Ampere TDC und 180 Ampere EDC.
Austausch-CPU von AMD
Der Asrock-Mitarbeiter erklärte zudem, dass sich betroffene Kunden mit einer defekten CPU an AMD für einen Austausch wenden sollen. Die Mainboards selbst seien nicht defekt. Mit einem anderen Prozessor laufen diese wieder. Asrock empfiehlt den Nutzern, die aktuelle BIOS-Version 3.25 oder höher einzuspielen, die zudem bei allen neu produzierten Boards ab Werk enthalten sein soll.
Für die Probleme der nicht mehr bootenden Ryzen-9000-Systeme mit Asrock-Boards gibt es jedoch noch weitere Ursachen. So veröffentlichte Asrock Ende März ein BIOS-Update, das die Kompatibilität mit einigen Speichermodulen verbessert. Zudem konnten einige Fälle auf Anwenderfehler zurückgeführt werden, wie verbogene Pins in der CPU-Fassung beim Einbau des Prozessors. Es bleibt dennoch abzuwarten, ob die Probleme jetzt gänzlich gelöst sind, denn nicht jeder betroffene Anwender hatte PBO aktiviert.
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Overclocking immer mit Restrisiko
Aus unserer Sicht bestätigt dieser Fall erneut unsere Auffassung bei c't, dass man beim Übertakten genau wissen sollte, was man dabei macht. Von automatischen Übertaktungsfunktionen, selbst wenn sie wie bei PBO von AMD und den Board-Herstellern stammen, sollten Nutzer dringend die Finger lassen. Jedes CPU-Exemplar verhält sich individuell anders, sodass sich Defekte durch zu hohe Spannungen, Stromstärken und Temperaturen nie ausschließen lassen.
Intel hatte jahrelang zu hohe Power-Limits und Stromstärken bei Core-i-Prozessoren durch Board-Hersteller geduldet, bis dann im vergangenen Jahr zahlreiche Raptor-Lake-Prozessoren – auch durch andere Bugs in der Spannungssteuerung – nicht mehr stabil liefen. Bei den Nachfolgern der Serie Core Ultra 200S halten sich alle Boards ab Werk an die Intel-Vorgaben, so wie es bei AMD seit der ersten Ryzen-Generation der Fall ist.
Beschädigte Ryzen-Prozessoren durch Übertakten sind kein neues Phänomen. Vor zwei Jahren gab es durchgebrannte Ryzen-7000-CPUs wegen Übertakter-RAM. XMP- und EXPO-Module benötigen für die hohen Geschwindigkeiten eine höhere DRAM-Spannung von 1,25 bis 1,45 Volt, also weit mehr als die spezifizierten 1,1 Volt von DDR5-RAM. Weil der Speichercontroller im Prozessor sitzt, liegt die DRAM-Spannung auch bei den empfindlichen Leiterbahnen des in 6-Nanometer-Technik gefertigten I/O-Dies an. Auch hier gilt, dass es sich um einen Betrieb außerhalb der Spezifikation handelt, was grundsätzlich auf eigenes Risiko erfolgt und Hardware beschädigen kann.
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(chh)