In der TI-Modellregion in Hamburg und Umland hat die Gematik gemeinsam mit Arztpraxen, Softwareanbietern und Krankenkassen den E-Rezept-Prozess für digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) erstmals unter Realbedingungen getestet. Zwischen Mai und September 2025 nahmen zehn Leistungserbringer-Institutionen und 13 Krankenkassen an der Pilotphase teil. Ziel war es, die Arbeitsprozesse rund um die neuen digitalen Rezepte für DiGAs technisch und organisatorisch zu testen.
Einlösung bleibt Hürde für Versicherte
Der Abschlussbericht der Gematik (PDF) bescheinigt dem Verfahren „hohe technische Stabilität, Performance und Zuverlässigkeit, unabhängig der genutzten Praxisverwaltungssysteme“. Zudem sei die „Integration in bestehende Abläufe verlief reibungslos [verlaufen], und der Prozess konnte ohne nennenswerten Schulungsaufwand im Primärsystem genutzt werden“. Ebenso sei die Funktion „DiGA als E-Verordnung“ in allen PVS durchgehend verfügbar gewesen. Insgesamt wurden 119 digitale Verordnungen ausgestellt, der Großteil (91) davon wurde von Patienten aber nicht eingelöst. Lediglich 15 DiGA wurden über die E-Rezept-App der Gematik oder die Krankenkassen-App von den Versicherten eingelöst – 13 über den E-Rezept-Papiertoken.
Einlöseweg der E-Verordnung DiGA
(Bild: Gematik)
Viele scheiterten laut Bericht an der aufwendigen Authentifizierung in den Apps oder entschieden sich verzögert für die Einlösung. Ärztinnen und Ärzte berichteten, dass der digitale Prozess für viele Versicherte noch ungewohnt sei und vereinfachte Abläufe wünschenswert wären.
E-Rezept-Papiertoken für Versicherte.
(Bild: Gematik)
Ärzte wünschten sich laut Gematik klarere Informationen im Praxisverwaltungssystem und für die Patienten. Besonders der Ausdruck des E-Rezept-Tokens sorgte für Verwirrung, da er visuell stark an klassische Arzneimittelrezepte erinnere. Das Team der Modellregion hat daher einen neuen Layoutvorschlag mit eindeutiger Beschriftung und verständlicherer Anleitung zur Einlösung erarbeitet. Zudem soll künftig sichtbar sein, welche Krankenkassen die elektronischen Verordnungen für DiGA bereits unterstützen.
So könnte eine neue Version des E-Rezept-Papiertoken für Versicherte bei der "E-Verordnung DiGA".
(Bild: Gematik)
Die technische Grundlage für die bundesweite Einführung der DiGA-E-Verordnung sei gelegt, wobei noch Herausforderungen bei der Nutzerfreundlichkeit der Apps und der Bekanntheit digitaler Versorgungsangebote bestünden. „Die Digitalisierung im Gesundheitswesen gelingt dann, wenn Technik, Nutzerfreundlichkeit und Patientenorientierung zusammenspielen“, heißt es im Fazit der Gematik. Seit Juli 2025 können Versicherte ihre Freischaltcodes auch direkt in den ePA-Apps der Krankenkassen anfordern – ein weiterer Schritt hin zur vollständig digitalen Verordnung.
Verband mahnt Verbesserungen
Der Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung (SDGVS) sieht trotz der insgesamt positiven Bilanz erheblichen Nachsteuerungsbedarf, bevor das E-Rezept für DiGA bundesweit eingesetzt wird. In einer Stellungnahme erklärte der Verband, dass das Pilotprojekt zwar gezeigt habe, dass der technische Rahmen stehe, die Prozesse für Ärztinnen, Ärzte und Versicherte jedoch noch zu komplex sind. Die Einlösung über mehrere Apps oder Papierausdrucke sei nicht im Sinne eines durchgängig digitalen Versorgungspfads. Der Verband habe „bereits [...] eine praxistaugliche Alternative vorgelegt und setzt sich für einen patientenzentrierten, niedrigschwelligen und barrierefreien Prozess ein, der den Zugang zur DiGA-Versorgung sicherstellt und zugleich administrative Belastungen in Arztpraxen reduziert“.
„Einlöseweg zu umständlich“
Im Vorfeld hatte es immer wieder Kritik vom SVDGV gegeben. Er hatte beispielsweise kritisiert, dass es trotz der gesetzlich vorgegebenen Frist von zwei Werktagen im Schnitt rund 14 Tage dauere, bis Versicherte ihren Freischaltcode von der Krankenkasse erhalten. Der SVDGV fordert daher, dass Patienten ihre Apps auf Rezept künftig direkt nutzen können – digital, ohne manuelle Code-Eingabe und unabhängig davon, ob sie die E‑Rezept‑App oder die ePA verwenden. Nur so könne der DiGA‑Ansatz seine ursprüngliche Idee einer barrierearmen, digitalen Gesundheitsversorgung wirklich erfüllen.
Und auch zuvor tobte der Verband, da die Krankenkassen seit Jahren die hohen Kosten der Apps auf Rezept bemängelten. Im Frühjahr 2025 warf der Verband den Krankenkassen vor, tendenziös zu sein und verteidigte das DiGA-System als internationales Erfolgsmodell. Die deutschlandweit einzigartige Regulierung und das Fast-Track-Verfahren würden, so der Verband, „Innovation in die Versorgung bringen und Patient:innen echten Mehrwert bieten“.
(mack)










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